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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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garantiert alles andere als begeistert sein, wenn man
ihm einen toten Leibwächter zurückbringt; eine
finanzielle Regelung wird gefunden werden müssen. Du bist wie
eine Amphore ohne Boden, in die ich ständig Münzen werfe,
Gordianus.
    »Diese
Botschaft«, unterbrach ihn Rufus nachdenklich, »wie
lautete sie noch einmal genau?«
    Ich schloß die
Augen und sah jedes Wort in grellem Rot im flackernden Lampenlicht
vor mir. »>Der Dummkopf hat nicht gehorcht. Jetzt ist er
tot. Ein klügerer Mann wird Urlaub machen, sind die heiligen
Iden des Mai gekommene Außerdem scheint er auch die alte
Nachricht mit frischem Blut nachgezogen zu
haben.«      
    »Äußerst
sorgfältig«, sagte Cicero.
    »Ja, und ein
besserer Schreiber als Mallius Glaucia. Seine Buchstaben waren
wohlgeformt, und er schien auch nicht nach Vorlage, sondern aus dem
Gedächtnis zu arbeiten. Ein Sklave eines höhergestellten
Herrn.«
    »Man sagt,
Chrysogonus hätte Gladiatoren, die lesen und schreiben
können«, sagte Rufus.
    »Ja, wirklich zu
dumm, daß du diesen Rotbart umbringen mußtest«,
sagte Cicero vorwurfsvoll. »Sonst hätten wir vielleicht
erfahren, wer ihn geschickt hat.«
    »Aber er sagte,
er käme von dir, Cicero.« - »Du brauchst gar nicht
sarkastisch zu werden, Gordianus. Natürlich hab nicht ich ihn
geschickt. Du solltest dir selbst einen Leibwächter besorgen,
und ich wollte ihn bezahlen, so lautete unsere Verabredung. Um
ehrlich zu sein, habe ich die ganze Geschichte vergessen, als du
weg warst. Ich habe angefangen, mir Notizen für die
Verteidigung zu machen, und gar nicht mehr daran
gedacht.«
    »Aber er konnte
meiner Sklavin ausdrücklich erklären, daß er von
dir geschickt war, als er vor meiner Tür stand. Es war eine
vorsätzliche List, um mich zu täuschen, was bedeutet,
daß wer immer ihn geschickt hat, von unserer Verabredung
gewußt haben muß, die wir nur wenige Stunden zuvor
getroffen hatten, nämlich daß du einen Leibwächter
zum Schutz meines Hauses bezahlen wolltest. Wie kann das sein,
Cicero? Die einzigen Menschen, die von diesem Gespräch
wußten, waren genau dieselben, die jetzt wieder in diesem
Raum versammelt sind.«
    Ich starrte Rufus an.
Er errötete und schlug die Augen nieder. Enttäuschte
Liebe kann in Haß Umschlägen und abgewiesenes Begehren
nach Rache verlangen. Die ganze Zeit über war er eine Schlange
gewesen, dachte ich, vertraut mit Ciceros Strategie und
gleichzeitig Pläne schmiedend, um sie zum Scheitern zu
bringen. Man kann nie einem Patrizier trauen, dachte ich, egal wie
jung und unschuldig er wirken mochte. Irgendwie war es den Feinden
von Sextus Roscius gelungen, sich seiner Motive zu bedienen und sie
zu ihren Zwecken zu mißbrauchen. Er war tatsächlich
bereit gewesen, mein Leben und das von Sextus Roscius zu opfern,
nur um Cicero zu demütigen - das schien unmöglich, wenn
man in sein jungenhaftes Gesicht mit der sommersprossigen Nase
blickte, aber das ist der Stoff, aus dem man Römer
macht.
    Ich wollte ihn gerade
laut anklagen und sein Geheimnis offenbaren - seine versteckte
Leidenschaft für Cicero, seinen Verrat aber welcher Gott auch
immer mir in jener Nacht das Leben gerettet hatte, er
entschloß sich, auch noch meine Ehre zu retten, und bewahrte
mich davor, mich vor einem großzügigen Klienten und
seinem wohlgeborenen Bewunderer bloßzustellen.
    Tiro machte ein
unterdrücktes, würgendes Geräusch, als versuche er
erfolglos, sich zu räuspern.
    Sofort waren alle
Blicke auf ihn gerichtet. In seinem Gesicht stand deutlich die
Schuld geschrieben - er blinzelte, errötete und kaute an
seinen Lippen.
    »Tiro?«
Ciceros Stimme klang trotz Lauchsuppe schrill und heiser. Doch sein
Gesicht verriet nur milde Bestürzung, als wolle er sich sein
Urteil in Erwartung einer ganz einfachen und einleuchtenden
Erklärung Vorbehalten.
    Rufus sah mich mit
feurigem Blick an, als wollte er sagen: Und wie konntest du an mir
zweifeln? »Ja, Tiro«, sagte er, verschränkte seine
Arme und blickte über seine sommersprossige Nase. »Gibt
es irgend etwas, was du uns gerne mitteilen möchtest?«
Er wirkte herablassender, als ich ihn mir je hätte vorstellen
können. Dieser kalte, unerbittliche Blick - ist er eine Maske,
die alle Patrizier bei Bedarf von einem Augenblick zum anderen
aufsetzen können, oder ist er ihr einzig wahres Gesicht, wenn
alle Masken gefallen sind?
    Tiro biß sich
auf die Fingerknöchel und begann zu weinen. Und da erkannte
ich die Wahrheit.
    »Das
Mädchen«, flüsterte

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