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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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zu
nachgiebig und viel, viel zu vertrauensselig gewesen
ist.«
    »Oh, in Jupiters
Namen, hör endlich auf, Cicero!« Rufus war mit seiner
Geduld am Ende. Ich schloß die Augen und stieß ein
stilles Dankgebet an die unsichtbaren Götter aus, daß es
Rufus gewesen war, der schließlich seine Stimme erhoben hatte
und nicht ich, denn ich hatte mir schon so lange auf die Zunge
gebissen, daß sie fast blutete. »Siehst du denn nicht,
daß das sinnlos ist? Welches Verbrechen Tiro auch immer
begangen haben mag, außer uns in diesem Raum weiß
niemand davon, jedenfalls niemand, den es kümmert, zumindest
so lange das Mädchen den Mund hält. Es ist eine
Angelegenheit, die zwischen dir und deinem Sklaven geregelt werden
muß. Schlaf eine Nacht darüber und vergiß das
Ganze, bis der Prozeß vorbei ist. In der Zwischenzeit
mußt du nur dafür sorgen, daß er von dem
Mädchen ferngehalten wird. Wie Gordianus sagt, schone deine
Stimme und spar dir deine Wut für Wichtigeres, zum Beispiel
die Rettung von Sextus Roscius. Worauf es jetzt ankommt, ist
herauszufinden, was Tiro ihr erzählt hat und wie die
Informationen in die Hände unserer Feinde gelangt
sind.«
    »Und warum das
Mädchen seinen eigenen Vater verraten sollte.« Ich sah
Tiro sorgenvoll an. »Vielleicht hast du dazu eine
Idee.«
    Tiro warf Cicero einen
unterwürfigen Blick zu, als wolle er sich erst vergewissern,
ob er die Erlaubnis zum Sprechen oder auch nur zum Atmen hatte.
Einen Moment lang sah es so aus, als stünde Cicero vor einem
erneuten Ausbruch. Statt dessen fluchte er nur, wandte sich dem
schwacherhellten Atrium zu und verschränkte die Arme, als
wolle er seine Wut zurückhalten.
    »Nun,
Tiro?«
    »Es kommt mir
noch immer unfaßbar vor«, sagte er leise und
schüttelte den Kopf. »Vielleicht irre ich mich ja. Als
du behauptet hast, daß dich jemand aus diesem Raum verraten
haben muß, habe ich bei mir gedacht, ich nicht, ich habe es
niemandem gesagt, bis mir auf einmal bewußt wurde, daß
ich es Roscia erzählt
habe...«      
    »Genauso wie du
ihr an jenem Tag alles über mich erzählt hast, als ich
Sextus Roscius zum ersten Mal befragt habe«, sagte
ich.
    »Ja.«
    »Und am
nächsten Tag tauchten Mallius Glaucia und ein weiterer von
Magnus’ Schlägern bei mir auf, töteten meine Katze
und hinterließen ihre blutige Botschaft, damit ich den Fall
nicht weiterverfolge. Ja, es scheint mir sehr wahrscheinlich,
daß Roscia das Leck in unserem Schiff ist.«
    »Aber wieso? Sie
liebt ihren Vater. Sie würde alles tun, um ihm zu
helfen.«
    »Hat sie das
gesagt?«
    »Ja. Deswegen
hat sie mich doch ständig mit Fragen über die Ermittlung
bedrängt und sich erkundigt, was Cicero unternimmt, um ihrem
Vater zu helfen. Sextus Roscius hat sie stets aus dem Zimmer
geschickt, wenn er über geschäftliche Dinge sprach, und
er hat ihr oder ihrer Mutter nie etwas darüber erzählt.
Sie konnte es nicht ertragen, so völlig im dunkeln zu
tappen.«
    »Also hat sie
dich während oder nach euren flüchtigen
Zusammenkünften mit detaillierten Fragen über die
Verteidigung ihres Vaters ausgehorcht.«
    »Ja. Aber so wie
du es formulierst, klingt es so intrigant, plump und
künstlich.«
    »O nein. Ich bin
sicher, sie ist so glatt und makellos wie poliertes
Gold.«
    »Du sagst das,
als wäre sie eine Schauspielerin.« Er senkte die Stimme
und warf einen Blick zu Cicero, der uns den Rücken zugedreht
hatte und in das Atrium getreten war. »Oder eine
Hure.«
    Ich lachte.
»Keine Hure, Tiro. Das solltest du doch besser wissen.«
Ich sah, wie er errötete und sich erneut nach Cicero umsah,
als ob er erwartete, daß ich nun die Episode mit Elektra
erwähnen und ihn in den Augen seines Herren weiter
heruntermachen würde. »Nein«, sagte ich,
»die Beweggründe einer Hure sind immer durchsichtig und
nachvollziehbar, eben weil sie suspekt sind, und nur ein echter
Narr würde sich von ihr bezirzen lassen oder ein Mann, der
sich unbedingt zum Narren machen will.« Ich erhob mich von
meinem Stuhl, ging steif durch das Zimmer und legte meine Hand auf
seine Schulter. »Aber selbst weise Männer lassen sich
von denen, die jung, unschuldig und aufrichtig zu sein scheinen,
hinters Licht führen. Vor allem, wenn sie selbst jung und
unschuldig sind.«
    Tiro blickte erneut
zum Atrium, wo Cicero außer Hörweite stand.
»Glaubst du wirklich, daß das alles war, was sie von
mir wollte, Gordianus? Daß alles nur ein Mittel war
herauszubekommen, was ich wußte?«
    Ich erinnerte mich
daran, wie ich sie

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