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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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und warf den schwankenden Schatten
eines Mannes auf die Außenwand von Bethesdas
Zimmer.
    Wie eine Traumfigur
ging ich zur Halle, wie im Traum schien ich auch unsichtbar zu
sein. Eine helle Lampe stand auf dem Boden und warf
merkwürdige Schatten nach oben. Rotbart stand vor der
beschmierten Wand mit der bedrohlichen Botschaft, wobei er mit
einer Hand über die Oberfläche strich. Seine Hand war mit
einem rotgefleckten Tuch umwickelt, aus dem etwas Dunkles und
Dickflüssiges zu Boden tropfte. Seine andere Hand hielt den
Dolch umklammert, dessen blitzende Klinge blutverschmiert
war.
    Die Tür zum Haus
stand weit offen. Dagegen gelehnt, als solle er sie offenhalten,
lag der riesige Körper von Zoticus, seine Kehle so tief
durchgeschnitten, daß der Kopf sich fast ganz vom Körper
gelöst hatte. Eine riesige Blutlache war aus seinem Hals auf
den Steinboden geflossen. Der Teppich war völlig
durchgeweicht. Ich beobachtete, wie Rotbart sich bückte, um
das Tuch in die Blutlache zu tauchen, wobei er seinen Blick nie von
der Wand nahm, als wäre er ein Künstler und die Wand das
Bild, an dem er gerade arbeitete. Er machte einen Schritt nach vorn
und schrieb weiter.
    Dann drehte er sich
ganz langsam um und sah mich.
    Jetzt erwiderte er das
Lächeln, das ich ihm zuvor geschenkt hatte, mit einem
furchtbaren, klaffenden Grinsen. 
    Er mußte sich in
Sekundenschnelle auf mich gestürzt haben, obwohl es mir so
vorkam, als würde er sich mit einer nachdenklichen und
unmöglichen Langsamkeit bewegen. Ich hatte alle Zeit der Welt
zu beobachten, wie er den Dolch hochriß, den plötzlichen
Knoblauchschwall in meiner Nase zu spüren, über das
angespannte, zuckende Grinsen in seinem Gesicht zu grübeln und
mich töricht zu fragen, welchen Grund er haben konnte, mich so
wenig zu mögen.
    Mein Körper war
klüger als mein Hirn. Irgendwie war es ihm gelungen, das
Handgelenk des Angreifers zu packen und den Dolch abzulenken. Er
kratzte mir kaum wahrnehmbar über die Wangen und
hinterließ eine schmale rote Spur, die ich erst viel
später spürte. Plötzlich war ich platt an die Wand
gedrückt und die Luft aus mir herausgetrieben, so verwirrt,
daß ich einen Moment lang glaubte, ich läge flach auf
dem Boden und das volle Gewicht von Rotbarts Körper lastete
auf meiner Brust.
    Mit einer gewundenen
Drehung taumelten wir zu Boden wie aus dem Tritt gekommene
Akrobaten. Wie in der Brandung von den Füßen gerissene
Ertrinkende rollten wir umher, so daß ich nie wußte, wo
unten und oben war. Die Spitze des Dolches kitzelte meine Kehle,
aber es gelang mir jedesmal, dem Stoß seines Arms im letzten
Moment eine andere Richtung zu geben. Er war geradezu
lächerlich stark, mehr wie ein Sturm oder eine Lawine als wie
ein Mann. Im Kampf mit ihm kam ich mir vor wie ein kleiner Junge.
Ich hatte keine Hoffnung, ihn zu besiegen. Ich konnte nur
versuchen, von einem zum nächsten Moment zu
überleben.
    Plötzlich fiel
mit Bethesda ein, und ich wußte, daß sie bereits tot
sein mußte, genau wie Zoticus. Warum hatte er mich bis zum
Schluß geschont? Und dann sauste auf einmal ein Knüppel
auf Rotbarts Schädel nieder.
    Während er
über mir schwankte, nahm ich hinter seiner Schulter für
einen Moment Bethesda wahr. In der Hand hielt sie den Holzbalken,
mit dem die Tür verriegelt wurde. Er war so schwer, daß
sie ihn kaum schwingen konnte. Sie wollte erneut ausholen, geriet
jedoch unter seinem Gewicht ins Stolpern und taumelte
rückwärts. Rotbart kam wieder zu Sinnen. Blut rann aus
einer Platzwunde am Hinterkopf und tropfte auf seinen Bart und
seine Lippen, was ihm das Aussehen eines tollwütigen Tieres im
Blutrausch verlieh. Er kämpfte sich auf die Knie, fuhr herum
und hob seinen Dolch. Ich schlug gegen seine Brust, brachte jedoch
nicht die nötige Kraft auf.
    Bethesda stand
aufrecht mit erhobenem Balken. Rotbart stach mit dem Dolch zu,
schlitzte jedoch nur ihr Gewand auf. Rasch drehte er sich in die
andere Richtung und bekam mit der freien Hand einen Fetzen zu
fassen. Er zog heftig daran, und Bethesda fiel nach hinten. Der
Balken sauste mit der ganzen Kraft seines eigenen Gewichtes nach
unten. Ob mit Absicht oder zufällig, er traf Rotbart
jedenfalls direkt auf dem Kopf, und als er über mir
zusammenbrach, packte ich seinen zustechenden Arm und richtete ihn
gegen seine eigene Brust.
    Die Klinge versank bis
zum Knauf in seinem Herz. Sein Gesicht war direkt über mir, er
verdrehte die Augen und klappte den Mund auf. Knoblauchgestank und
der Geruch seiner

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