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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Ende loyal
gegenüber den Feinden ihres Vaters.
    »Geh!«
rief sie. »Lauf! Sie sind
zurückgekommen!«
    Man hörte das
Geräusch eines durch das Blattwerk brechenden Körpers,
als der Mann blindlings auf uns zugerannt kam.
    »Nein!«
rief sie. »Lauf in die andere Richtung.« Aber der Mann
war zu erschrocken, um sie zu hören. Er lief mir geradewegs in
die Arme, knallte mit dem Kopf gegen meinen und stieß mich zu
Boden. Im nächsten Moment war er wieder auf den Beinen und
schubste Tiro aus dem Weg. Tiro setzte ihm nach, aber die
Verfolgung war zwecklos. Ich rannte den beiden nach und traf Tiro
auf der Straße. Er hatte schweißüberströmt
und mit niedergeschlagenem Gesichtsausdruck kehrtgemacht. Er hielt
sich den Unterarm, den er sich an einem dornigen Rosenzweig
aufgekratzt hatte.
    »Ich hab’s
versucht, Gordianus, aber ich hab ihn nicht
erwischt.«
    »Gut, sonst
hättest du wahrscheinlich ein Messer zwischen die Rippen
bekommen. Ich hab sein Gesicht genau genug
gesehen.«
    »Ja?«
    »Ein bekanntes
Gesicht in der Subura und auch auf dem Forum. Ein Mietling von
Gaius Erucius, dem Ankläger. Das habe ich mir schon gedacht.
Erucius schreckt vor nichts zurück, um an Beweismaterial zu
kommen.«
    Müde trotteten
wir den Palatin hinab, und obwohl es bergab ging, schien der Weg
lang und beschwerlich. Darüber, daß ich das Mädchen
so hart ins Verhör genommen hatte, empfand ich eine tiefe und
bittere Scham, aber ich hatte es um Tiros willen getan. Er hatte
sie vorher geliebt; die Enthüllung ihres Leids hatte seine
Liebe für sie noch wachsen lassen - ich hatte sie vor meinen
Augen erblühen sehen. Eine solch hoffnungslose Leidenschaft
konnte ihm nur nie endende Qual und Reue einbringen. Nur ihre
Zurückweisung konnte ihn davon frei machen, also hatte ich
mich bemüht, vor seinen Augen all ihre Verbitterung
aufzuwühlen. Aber nun begann ich mich zu fragen, ob Roscia
sich nicht vielleicht um Tiros willen mit mir verbündet hatte,
denn der letzte Blick, den sie mir zugeworfen hatte, bevor sie zu
reden begonnen hatte, hatte mir signalisiert, daß sie
verstand, und als sie mit solch blanker Verachtung von Tiro
gesprochen hatte, war das entweder die Wahrheit oder vielleicht das
letzte zärtliche Geschenk, das sie ihm machen
konnte.

24
    Wir kehrten zu dem
Haus auf dem Kapitolinischen Hügel zurück. Rufus war
gegangen, Cicero ruhte, hatte jedoch Anweisung gegeben, daß
man mich unverzüglich zu ihm vorlassen sollte. Während
Tiro sich im Arbeitszimmer beschäftigte, führte mich der
alte Tiro, der Türsteher, weiter ins Innere des Hauses in
Regionen, die ich nie zuvor betreten hatte.
    Ciceros Schlafkammer
war ähnlich karg wie die, die er mir zugewiesen hatte. Die
einzige Konzession an den Luxus yvar ein kleiner, privater Garten
vor dem Zimmer, in dem ein winziger Brunnen sprudelte und
schluchzte und in dessen sanften Wellen sich das nachdenkliche
Gesicht der über ihm stehenden Minerva widerspiegelte. Ciceros
Vorstellung von Ruhen bestand offenbar darin, statt im Stehen im
Liegen weiterzuarbeiten. Ich traf ihn auf dem Rücken liegend
und eine Schriftrolle studierend an. Weitere Rollen lagen verstreut
auf dem Boden.      
    Ich berichtete ihm mit
unterkühlten, schlichten Worten die Einzelheiten von Roscias
Verrat - vom Mißbrauch ihres Vaters, ihrer Verbitterung, von
der Arglist des Gaius Erucius, der die Verzweiflung des
Mädchens zu seinem Vorteil genutzt hatte. Die Neuigkeiten
schienen Cicero nicht im geringsten zu erschüttern. Er stellte
ein paar Fragen, um Details klarzustellen, nickte, wenn er
verstanden hatte, und wandte sich dann wieder seiner Lektüre
zu, nachdem er mich mit einem knappen Wink entlassen
hatte.
    Ich blickte unsicher
und verwirrt auf ihn herab und fragte mich, ob die Enthüllung
von Roscius’ Charakter ihn völlig kaltlassen konnten.
»Das bedeutet dir alles gar nichts?« sagte ich
schließlich.
    »Was?« Er
kräuselte irritiert die Nase, blickte jedoch nicht
auf.
    »Vatermörder oder
nicht, was für ein Mensch ist dieser Sextus
Roscius?«
    Cicero ließ die
Schriftrolle auf seine Brust sinken und sah mir lange in die Augen,
bevor er sprach. »Gordianus, nun hör mir mal gut zu. Im
Moment habe ich kein Interesse, den Charakter von Sextus Roscius zu
erörtern oder seine kleinen Sünden zu beurteilen. Die
Informationen, die du mir gebracht hast, enthalten nichts, was
meinen Prozeßvorbereitungen nützlich sein könnte;
für mich sind sie wertlos. Ich habe dafür keine Zeit -
ich habe für gar

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