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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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haben
oder mich für blöde, nach den Fragen zu urteilen, die er
stellte. Er hat mir eine alberne kleine Halskette angeboten, von
der Sorte, wie sie Caecilia auf den Müll geworfen hätte.
Ich hab ihm gesagt, er soll sie wegstecken und aufhören, mich
zu beleidigen. Ich hab ihm erklärt, daß ich nicht
blöd bin und genau wüßte, was er wollte. Oh, nein,
nein, sagte er und machte dermaßen ein Theater, daß ich
ihm am liebsten ins Gesicht gespuckt hätte. Ich hab ihm
gesagt, er soll damit aufhören, einfach aufhören! Ich
wüßte, was er wollte, daß er von Capito oder
Magnus käme. Doch er tat so, als hätte er noch nie von
ihnen gehört. Es ist mir egal, hab ich ihm erklärt. Ich
weiß, was du willst. Und ich werde dir helfen, wo immer ich
kann. Dann hat er es endlich kapiert. Du hättest sein Gesicht
sehen sollen.«
    Ich starrte in das
Efeu über ihrem Kopf, in die dichte, staubbedeckte Dunkelheit,
die Domäne der Wespen und Schnecken und zahlloser kleinerer
Lebewesen, die sich gegenseitig verschlangen und
wiederverschlangen. »Und du kommst noch immer jeden
Nachmittag hierher.«
    »Ja.«
    »Und triffst
noch immer denselben Mann.«
    »Ja. Und dann
schick ich ihn weg, damit ich allein sein kann.«
    »Und du
erzählst ihm alles.«
    »Alles. Was mein
Vater zum Frühstück gegessen Hat. Was mein Vater in der
Nacht davor im Bett zu meiner Mutter gesagt hat, als ich an der
Tür gelauscht habe. Jedesmal, wenn Cicero oder Rufus kommen
und was sie sagen.«
    »Und all die
kleinen Geheimnisse, die du Tiro entlocken
kannst.«      
    Sie zögerte nur
einen Moment lang. »Ja, das auch.«
    »Wie
beispielsweise meinen Namen und den Grund, warum Cicero mich
engagiert hat?«
    »Ja.«
    »Und die
Tatsache, daß ich Cicero gebeten habe, einen Wächter
für mein Haus zu mieten?«
    »O ja. Das war
gerade gestern. Darüber hat er mich ganz besonders ausgiebig
befragt. Er wollte ganz genau wissen, was Tiro mir erzählt
hatte, bis in jede Einzelheit.«
    »Und du bist
natürlich sehr gut darin, die genauen Einzelheiten
mitzubekommen und zu behalten.«
    Sie sah mich direkt
an. Ihre Gesichtszüge waren wieder hart geworden. »Ja.
Sehr gut. Ich vergesse nichts. Gar nichts.«
    Ich schüttelte
den Kopf. »Aber was hast du damit gewonnen? Was ist mit
deinem eigenen Leben? Welche Zukunft hast du ohne deinen
Vater?«
    »Auch keine
schlimmere als meine Vergangenheit, nicht schrecklicher als all die
Jahre, in denen er mich gezwungen hat... all die Jahre, in denen
ich seine...«
    Tiro versuchte erneut,
sie zu trösten, und wieder stieß sie ihn
weg. 
    »Aber selbst
wenn du ihn mit so mörderischem Haß verabscheust, was
für ein Leben erwartet dich, dich und deine Mutter und die
kleine Minora, wenn diese Sache ihren Lauf nimmt? Ohne jemanden, an
den ihr euch wenden könnt, zu einem Dasein als Bettler
verdammt -«
    »Bettler sind
wir jetzt schon.«
    »Aber vielleicht
spricht man deinen Vater ja frei. Wenn das geschieht, besteht die
Chance, daß er mit unserer Hilfe wieder als
rechtmäßiger Besitzer seiner Güter eingesetzt
wird.«
    Sie fixierte mich mit
einem harten Blick und überlegte, was ich gesagt hatte, erwog
es mit ausdrucksloser Miene. Dann sprach sie ihr Urteil. »Das
macht keinen Unterschied. Wenn du mich vor die Wahl stellen
würdest zu tun, was ich getan habe, oder zu dem Leben
zurückzukehren, das ich vorher gelebt habe, würde es mir
trotzdem nicht leid tun. Ich würde es genauso wieder tun. Ich
würde ihn verraten, wo ich könnte. Ich würde alles
tun, um seinen Feinden zu helfen, ihm den Tod zu bringen. Jetzt hat
er es schon auf sie abgesehen. Ich kann es daran erkennen, wie er
sie ansieht, wenn meine Mutter den Raum verläßt. Dieser
Ausdruck in seinen Augen - manchmal sieht er Minora und mich an,
und dann lächelt er. Kannst du dir das vorstellen? Er
lächelt, um mir zu zeigen, daß er weiß, daß
ich es verstanden habe. Er lächelt, um mich an all die Male zu
erinnern, wo er mit mir sein Vergnügen gehabt hat. Er
lächelt bei dem Gedanken an das Vergnügen, das er noch
jahrelang mit Minora haben könnte. Selbst jetzt, wo sein Leben
fast vorüber ist, denkt er daran. Vielleicht ist es das
einzige, woran er denkt. Bisher hab ich ihn von ihr ferngehalten -
ich belüge und betrüge ihn, und einmal habe ich ihn mit
einem Messer bedroht. Aber weißt du, was ich glaube? Wenn sie
ihn zum Tode verurteilen, wird es das letzte sein, was er noch
zustande bringt. Selbst wenn er es vor den Augen seiner Henker tun
muß, wird er einen Weg

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