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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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nichts Zeit, was mich von dem einfachen,
geschlossenen logischen Zirkel ablenkt, den zur Verteidigung von
Sextus Rosicus zu konstruieren ich mich so angestrengt bemühe.
Deine Pflicht, Gordianus, ist es, mir beim Errichten dieses
Bauwerks zu helfen und nicht das Fundament zu zerstören oder
Steine, die ich bereits gemauert habe, wieder herauszureißen.
Hast du mich verstanden?«
    Er machte sich nicht
die Mühe, darauf zu warten, ob ich nickte oder nicht. Mit
einem Seufzer und einem Winken entließ er mich und wandte
sich wieder seinen Aufzeichnungen zu.
    *
    Ich fand Bethesda in
meiner Schlafkammer. Sie war eifrig damit beschäftigt, sich
die Nägel mit einer neuen Hennaverbindung zu lackieren, die
sie auf einem Markt in der Nähe des Circus Flaminius entdeckt
hatte, wo sie die meiste Zeit des Tages bummelnd und tratschend
verbracht hatte. Sie wurde eben mit ihrem großen Zeh fertig.
Sie saß vorgebeugt mit angewinkeltem Bein, so daß ihr
Gewand sich teilte und den Blick auf ihren nackten Oberschenkel
freigab. Sie lächelte und wackelte wie ein Kind mit den
Zehen.
    Ich trat zu ihr und
strich ihr mit dem Handrücken übers Haar. Sie blinzelte
und streckte mir ihre Wange entgegen, um deren sanfte Haut an
meinen Fingerknöcheln zu reiben. Plötzlich fühlte
ich wie ein Tier das Verlangen, in der Sinnenwelt des Körpers
zu versinken. 
    Statt dessen befiel
mich eine große Verwirrung. Immer wieder blitzte Roscias Bild
in meinem Kopf auf, brachte mein Blut in Wallung und ließ
mein Gesicht glühen von einer Hitze, die weder reine Lust noch
reine Scham war, sondern eine Mischung aus beidem. Ich fuhr mit der
Hand über Bethesdas Haut, schloß die Augen und sah den
nackten, zitternden Körper des Mädchens, eingekeilt
zwischen der Wand und Tiros stoßenden Flanken. Ich
berührte Bethesdas Ohr mit den Lippen; sie seufzte, und ich
erschauderte, weil ich mir einbildete, gehört zu haben, wie
sie den Namen des kleinen Mädchens flüsterte:
»Minora, Minora.« Natürlich hatte ich das Kind bei
meiner ersten Befragung von Sextus Roscius gesehen, aber ich konnte
mich nicht mehr an ihr Gesicht erinnern. Ich sah nur Roscias
gequälte Miene, als ich sie verhörte, denselben Ausdruck,
den sie getragen hatte, als Tiro sie nahm.
    Lust, Scham, Ekstase
und Qual wurden eins, und selbst mein eigener Körper
verschmolz mit dem Bethesdas. Sie klammerte ihre kühlen
Schenkel um mein Geschlecht und preßte sie leise lachend
zusammen. Der junge Lucius auf der Straße nach Ameria fiel
mir ein, grinsend und errötend; ich stellte mir vor, wie
Roscia sich, die Schenkel noch feucht von Lucius’ Samen, dem
Vater des Jungen anbot. Wie hatte Titus Megarus sie
zurückgewiesen - mit einem bedauernden Seufzer, einem
verächtlichen Schaudern, einer festen, väterlichen
Ohrfeige? Ich sah die groben, von der Landarbeit gegerbten
Hände von Sextus Roscius, die zwischen die kühlen
Schenkel des Mädchens glitten, seine Schwielen, die über
ihre geschmeidige Haut kratzten. Ich schloß fest die Augen
und sah seine Augen, die mir glühend wie Kohlen
entgegenstarrten.
    Bethesda umarmte mich,
gurrte in mein Ohr und fragte mich, warum ich zitterte.
    Als ich den
Höhepunkt nahen spürte, löste ich mich von ihr und
ergoß mich zwischen ihren Beinen über die ohnehin
zerknitterten und von der Hitze unserer Körper feuchten Laken.
Eine gigantische Leere tat sich auf und schloß sich gleich
wieder. Mein Kopf lag zwischen ihren Brüsten, die sich sanft
hoben und senkten wie das Deck eines Schiffes auf dem offenen Meer.
Langsam, ganz langsam löste sie ihre hennalackierten
Nägel aus meinem Rücken wie eine Katze, die ihre Krallen
zurückzieht. Neben dem pochenden Herzschlag in meinem Ohr
konnte ich aus dem Garten eine dünne Stimme
hören:
    »Die Natur und
die Götter verlangen absoluten Gehorsam gegenüber dem
Vater. Wie von Weisen treffend gesagt wird, kann schon durch
bloßes Verziehen des Gesichts die Kindespflicht verletzt...
nein, nein, den Teil bin ich schon oft genug durchgegangen. Wo ist
es, der Abschnitt, wo ich... Tiro, komm und hilf mir! Ah, hier:
Aber laßt uns nun die Rolle betrachten, die jener Chrysogonus
in dieser Angelegenheit gespielt hat - kaum goldgeboren, wie sein
fremder Name andeutet, sondern vielmehr aus dem unreinsten aller
Metalle, verkleidet und billig veredelt durch seine eigenen
heimtückischen Anstrengungen, wie ein mit gestohlenem Gold
plattiertes Blechgefäß...«
    *
    Die Gesellschaft in
Chrysogonus’ Haus sollte erst nach Sonnenuntergang

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