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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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kurzen Moment lang war die
Illusion absolut überzeugend, als sei sie allein dazu erdacht
worden, mich hier in diesem Moment zu
täuschen.      
    Dann bildeten sich um
die gelbe Kiste Wellen der Bewegung. Einen verwirrenden Augenblick
lang waren sie nur das, Andeutungen etwas nach wie vor
Unsichtbaren; dann nahmen sie plötzlich Gestalt an.
Sämtliche Sänftenträger waren Nubier. Ihre Haut war
völlig schwarz, dazu trugen sie schwarze Lendenschurze und
schwarze Sandalen. Im Schatten waren sie nahezu unsichtbar; als sie
in den Schein des aufgehenden Mondes traten, war es, als
würden sie jedes Licht verschlucken bis auf einen matten
Glanz, der ihre breiten, muskulösen Schultern nachzeichnete.
Insgesamt waren es zwölf Träger, sechs auf jeder Seite,
weit mehr als notwendig, um eine Sänfte mit einem einzelnen
Insassen zu tragen. Ihre vereinte Kraft ließ sie mit
unheimlicher Geschmeidigkeit vorwärts gleiten. Hinter ihnen
ging ein großes Gefolge aus Sklaven, Dienern,
Sekretären, Leibwächtern und Schmarotzern. Es mochte
stimmen, daß Sulla, wie Rufus behauptet hatte, es sich
neuerdings angewöhnt hatte, das Forum am hellichten Tag
alleine zu überqueren, aber nachts bewegte er sich nach wie
vor mit all dem Pomp und der Vorsicht durch die Straßen, die
einem Diktator der Republik geziemte.
    Endlich zeigte sich
Chrysogonus persönlich. Als die Prozession näherkam, war
einer der Fackelträger ins Haus gerannt. Kurz darauf trat der
ganz in Gelb und Gold gewandete Chrysogonus auf den Porticus.
Irgendwie hatte ich ihn bei all meinen diversen Aktivitäten
nie persönlich zu Gesicht bekommen, sondern nur gehört,
welcher Ruf ihm vorauseilte. Er war in der Tat von blendender
Schönheit, groß und kräftig gebaut, mit goldenem
Haar, einem breiten Kinn und leuchtend blauen Augen. Im flackernden
Fackellicht deutete ich die wechselnden Masken seines Mienenspiels:
zunächst ängstlich und unsicher wie jeder Gastgeber, der
einen verspäteten Ehrengast erwartet, dann plötzlich hart
und konzentriert, als würde er all seine Kraft zusammennehmen,
und schließlich strahlend charmant, so abrupt und
überwältigend, daß es schwer vorstellbar war,
daß dies nur ein weiteres aufgesetztes Gesicht war. Er machte
eine kurze Handbewegung. Sofort gingen die Musiker, deren Spiel
etwas nachgelassen hatte, lauter und mit neuem Elan zur
Sache.
    Die Sänfte kam
zum Stehen, und die Nubier setzten ihre Last ab. Ein Mann mit
gezückter Waffe schlug die gelbe Gaze zurück, die den
Insassen der Kabine abschirmte. Sulla erhob sich, lächelnd und
korpulent, und sein rötliches Gesicht glänzte im Schein
der Fackeln. Er trug eine Robe von kunstvoller orientalischer
Machart, eine Vorliebe, die er sich während seines Feldzuges
gegen Mithridates zugelegt hatte; der Stoff war in verschiedenen
Grünschattierungen gefärbt und mit Silber bestickt. Sein
Haar, einst blond wie das von Chrysogonus, war dicht und
ausgebleicht, blaßgelb wie Hirsebrei.
    Chrysogonus trat auf
ihn zu, um ihn zu begrüßen, wobei er eine angedeutete
Verbeugung machte. Sie umarmten sich, sprachen kurz miteinander,
lachten und lächelten. Sie legten sich gegenseitig die Arme um
die Schultern und verschwanden im Haus.
    Die
Sänftenträger wurden entlassen. Die Gefolgsleute
sortierten sich zwanglos nach Wichtigkeit und gingen nach dem Herrn
ins Haus. Ihnen folgten die noch immer spielenden Musiker und
zuletzt die Fackelträger, wobei zwei von ihnen rechts und
links neben der Tür stehenblieben und ein schwaches Licht
für mögliche Spätankömmlinge spendeten. Aus dem
Haus drang gedämpfter Applaus und Jubel. Die Seele des Abends
war eingetroffen.
    *
    Zwei Tage zuvor hatte
Rufus mir Chrysogonus’ Villa von außen gezeigt und mich
auf jeden Eingang hingewiesen, wobei er mir, so gut er es aus dem
Gedächtnis konnte, die Lage der Räume erläutert
hatte. An der Nordseite, um die Ecke von dem Portikus und verdeckt
durch eine Gruppe von Zypressen auf dem dahinterliegenden
Gelände, war eine kleine Haustür in die Mauer
eingelassen. Laut Rufus führte sie in eine Speisekammer, die
sich an die riesigen Küchen im hinteren Teil des Hauses
anschloß. Wir sollten warten, bis Rufus kam, wenn es ihm
nicht gelang, Felix und Chrestus selbst aufzuspüren.
Andernfalls würde er sie zu uns schicken. Die Dunkelheit
schützte uns vor neugierigen Blicken von der Straße, und
die Zypressen schirmten uns vor den Sänftenträgern ab,
die auf der Freifläche zwischen dem Haus und den

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