Das Lächeln des Cicero
geschürzten
Lippen, ein tiefes, rauhes Lachen, das er für sich zu behalten
schien, wie ein Mann, der Münzen in seiner Hand rollt.
»Nur daß Metrobius mir erzählt hat, daß er
sich die Freiheit genommen hat, ein paar zotige Verse
hinzuzudichten, skandalös genug, um den jungen Dichter den
Kopf zu kosten. Stell dir den Gesichtsausdruck des albernen Poeten
vor, wenn er hört, wie seine Huldigung sich in Anwesenheit
Sullas in eine Beleidigung verwandelt. Sulla wird den Scherz
natürlich sofort durchschauen und mitspielen, indem er mit den
Füßen aufstampft und vorgibt, empört zu sein -
genau die Art Spaß, die Sulla liebt. Es wird der
Höhepunkt des Abends werden, Rufus, jedenfalls für einige
von uns. Sulla würde sehr enttäuscht sein, wenn du ihn
nicht mit uns teilen könntest.« Er lächelte ein
vielsagendes Lächeln, starrte die beiden lange an, zog sich
dann zurück und schloß dann die Tür hinter
sich.
Niemand rührte
sich. Ich beobachtete die flackernde Liebkosung des Lampenlichtes
auf der Silhouette des Mädchens, auf der geschmeidigen Haut
ihrer Schenkel und Hüften. Schließlich bückte sie
sich und hob ihr Gewand auf. Tiro drängte sich mit
großen Augen resolut an mir vorbei, um ihr zu helfen. Rufus
blickte eifrig in eine andere Richtung.
»Also«,
sagte ich schließlich, »wenn ich das richtig verstanden
habe, hat uns der Hausherr soeben höchstpersönlich
erlaubt, oben herumzuschnüffeln. Wollen wir?«
25
Die Tür, durch
die Chrysogonus verschwunden war, führte in einen kurzen Flur.
Durch einen schmalen Gang zur Linken konnte man geschäftigen
Lärm aus der Küche hören. Der Vorhang, der die
Öffnung zur Rechten drapierte, durch die Chrysogonus gegangen
war, wiegte noch immer sanft hin und her. Das Mädchen
führte uns jedoch geradeaus zu einer Tür am Ende des
Flurs, die sich zu einer steinernen Wendeltreppe
öffnete.
»Es gibt noch
eine andere Treppe in dem Raum, in dem mein Herr Gäste
empfängt«, flüsterte sie, »sehr protzig, aus
edelstem Marmor mit einer Venusstatue in der Mitte. Aber das hier
ist die Treppe, die die Sklaven benutzen. Wenn uns irgend jemand
entgegenkommt, beachtet ihn gar nicht, selbst wenn man uns
merkwürdig ansieht. Oder noch besser, kneift mich so fest,
daß ich kreischen muß, und tut alle so, als wärt
ihr betrunken. Sie werden bestimmt das Schlimmste annehmen und uns
in Ruhe lassen.«
Doch auf der Treppe
begegneten wir niemandem, und der Flur im obersten Stockwerk lag
völlig verlassen da. Aus dem Erdgeschoß drangen
gedämpfte Flöten- und Leierklänge nach oben sowie
gelegentlich aufbrandender Beifall - vermutlich in Anerkennung von
Sorex’ Tanzkünsten -, aber das Obergeschoß lag
dunkel und still da. Der Flur war recht breit und phantastisch
dekoriert. Links und rechts gingen große, hohe Räume ab,
die noch luxuriöser eingerichtet waren. Alle Flächen
schienen mit Teppichen ausgelegt, mit Wandbehängen
geschmückt, mit Intarsien verziert oder kunstvoll bemalt zu
sein. Wohin das Auge auch schaute, bot sich eine Orgie aus Farben,
Stoffen und Formen dar.
»Vulgär,
nicht wahr?« sagte Rufus mit der Verachtung des Patriziers.
Cicero wäre ganz seiner Meinung gewesen, aber die Einrichtung
war nur deswegen vulgär, weil die Räume so vollgepackt
waren und alles so einen demonstrativen Eindruck machte. Am meisten
beeindruckt war ich vom gleichbleibend guten Geschmack
Chrysogonus’, der nur die besten und teuersten Handarbeiten
und Kunstwerke erworben hatte - Silber mit Reliefmustern,
Gefäße aus delischer und korinthischer Bronze, bestickte
Tagesdecken, edle Orientteppiche, kunstvoll geschnitzte Tische und
Stühle mit Intarsien aus Perlmutt und Lapislazuli,
farbenprächtige Mosaike, kostbare Marmorstatuen und
phantastische Gemälde. Es stand außer Zweifel, daß
all diese Werke Beute aus den Proskriptionen waren; andernfalls
hätte man ein ganzes Leben gebraucht, so viele
Gegenstände von so hoher Qualität und so
unterschiedlicher Herkunft anzusammeln. Doch niemand konnte
behaupten, daß Chrysogonus blindlings geplündert hatte.
Sollten die anderen die Spreu nehmen, für sich hatte er nur
das Beste ausgewählt, mit dem geübten Auge für
Qualität, das Sklaven entwickeln, die davon träumen,
eines Tages selbst frei und reich zu sein. Ich war froh, daß
Cicero nicht bei uns war; zu sehen, wie Sullas ehemaliger Sklave in
gestohlenem Luxus von solch grandiosen Ausmaßen lebte,
hätte seine empfindliche Verdauung aufs heftigste
gestört.
Der Flur wurde
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