Das Lächeln des Cicero
Ställen
herumlungerten. Das Haus selbst hatte keine Fenster nach Norden,
nur einen verlassenen, unbeleuchteten Balkon im oberen
Stockwerk.
Ich befürchtete,
daß Tiro nervös werden könnte, weil er es nicht
gewohnt war, untätig in der Dunkelheit herumzusitzen, aber er
schien ganz zufrieden damit, gegen den Baumstamm gelehnt in die
Nacht zu starren. Er hatte seit unserem Treffen mit Roscia
praktisch kein Wort mit mir gewechselt. Er war viel tiefer
verletzt, als er zu erkennen gab. Gelegentlich sah er mich von der
Seite an, um seinen Blick jedesmal mit blitzenden Augen sofort
wieder abzuwenden.
Es kam mir vor, als
warteten wir eine lange Zeit. Die Musik aus dem Haus vermischte
sich mit dem Zirpen der Zikaden, und einmal hörte ich eine
Stimme etwas vortragen, regelmäßig unterbrochen von
Lachsalven und Applaus. Endlich flog die Tür auf. Ich
erstarrte im Schatten des Baumes und machte mich bereit
loszurennen, aber es war nur eine Sklavin, die einen Eimer mit
dreckigem Wasser leerte. Sie schüttete ihn blind in die
Dunkelheit, fuhr dann herum und schlug die Tür hinter sich zu.
Tiro wischte seine Beine ab, weil ein paar Tropfen auf den Saum
seiner Tunika gespritzt waren. Ich griff in meinen Ärmel und
spürte den Griff des Messers - desselben Messers, das der
stumme Sohn Polias mir auf der Straße zum Haus der
Schwäne in die Hand gedrückt hatte, vor langer Zeit, so
kam es mir vor, und weit weg.
Ich war fast
eingedöst, als die Tür erneut aufging. Ich umklammerte
den Knauf des Messers und richtete mich auf. Die Tür
quietschte leise in den Angeln und schwang dermaßen
verstohlen auf, daß ich wußte, es konnte nur Rufus sein
oder aber gedungene Mörder, die gekommen waren, um uns zu
töten.
»Gordianus?«
flüsterte eine Stimme.
»Komm raus,
Rufus. Mach die Tür hinter dir zu.«
Er schloß sie
mit derselben übertriebenen Vorsicht und stand blinzelnd wie
ein Maulwurf da, trotz des hellen Mondes unfähig, irgend etwas
in der Dunkelheit zu erkennen.
»Hast du sie
schon gefunden?« fragte ich.
»Sie sind im
Haus, ja. Oder es gibt zumindest zwei Sklaven namens Felix und
Chrestus, die beide neu im Haus sind; das hat mir jedenfalls eine
der Serviererinnen erzählt. Aber ich habe sie nirgends
entdecken können. Sie kümmern sich nicht um die
Gäste. Sie haben keinen Kontakt zu irgend jemandem
außerhalb des Hauses. Chrysogonus hält sie sich als
seine persönlichen Arbeitssklaven. Das Mädchen sagt,
daß sie das obere Stockwerk praktisch nie
verlassen.«
»Vielleicht kann
sie ihnen eine Botschaft übermitteln.«
»Das habe ich
sie schon gefragt. Chrysogonus würde sehr wütend werden,
wenn sie während der Feier nach unten kämen. Aber sie ist
bereit, euch zu ihnen zu führen.«
»Wo ist das
Mädchen?«
»Sie wartet in
der Speisekammer auf mich. Sie hat so getan, als müsse sie
etwas holen.«
»Vielleicht
rennt sie aber auch in diesem Augenblick zu
Chrysogonus.«
Rufus sah sich besorgt
zu der Tür um und schüttelte dann den Kopf. »Das
glaube ich nicht.«
»Warum
nicht?«
»Du weißt
doch, wie das ist. Man weiß, ob ein Sklave bereit ist,
irgendeine schmutzige Sache hinter dem Rücken seines Herrn
abzuwickeln. Ich glaube, sie kann den Goldengeborenen nicht
besonders leiden. Sklaven hassen es, für einen Freigelassenen
zu arbeiten, heißt es doch - die ehemaligen Sklaven sind
immer die grausamsten Herren.«
Ich blickte zu der
Tür und dachte, wie leicht uns dahinter der Tod erwarten
könnte. Ich atmete tief ein und beschloß dann, mich auf
Rufus’ Einschätzung zu verlassen. »Geh
voran.«
Er nickte und
öffnete verstohlen die Tür. Der Sturz war so niedrig,
daß ich mich bücken mußte. Tiro folgte mir. Es
bestand keine Veranlassung, daß er mitkam, und ich hatte ihn
eigentlich vor der Tür warten lassen wollen, aber als ich mich
über die Schulter umsah, war sein Gesichtsausdruck von solcher
Entschlossenheit, daß ich nachgab. Leise quietschend
schloß sich die Tür hinter uns.
Das Mädchen war
jung und hübsch, mit langen schwarzen Haaren und einer zarten
Haut, die im Licht der Lampe, die sie in der Hand hielt,
honigfarben glänzte. Wäre sie eine Kurtisane gewesen,
wäre ihr Aussehen nicht weiter bemerkenswert gewesen, für
ein einfaches Serviermädchen jedoch schien ihre Schönheit
von absurder Extravaganz. Chrysogonus war berühmt dafür,
sich mit hübschen Dekorationen und Spielsachen zu
umgeben.
»Das sind die
Männer«, erklärte Rufus. » Kannst du sie so
leise nach oben bringen, daß
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