Das Lächeln des Cicero
sein Vermögen. Er hat mir einmal erzählt, daß
er nach Gaius’ Tod niemanden mehr hatte, dem er ein Erbe
hinterlassen wollte, also war er entschlossen, seinen Reichtum
durchzubringen, bevor er starb. Grausame Worte, ich weiß.
Während Sextus filius das Anwesen leitete, verpraßte
Sextus pater blindlings, soviel er nur konnte. Die Verbitterung auf
beiden Seiten läßt sich vorstellen.«
»Genug
Verbitterung für einen Mord?«
Caecilia zuckte
müde die Schultern. Ihre Lebhaftigkeit war von ihr gewichen.
Die Maske von Henna und Schminke verblaßte rapide und gab den
Blick frei auf die runzelige alte Frau, die sich darunter verbarg.
»Ich weiß nicht. Es wäre fast undenkbar, daß
Sextus Roscius von seinem eigenen Sohn ermordet worden
ist.«
»An jenem Abend
im letzten September - an den Iden, oder nicht? - hat Sextus
Roscius hier gespeist... vor seinem Tod?«
»Ja.«
»Wann hat er
dein Haus verlassen?«
»Ich weiß
noch, daß er früh ging. Normalerweise blieb er stets bis
spät in die Nacht, aber an jenem Abend hat er sich noch vor
dem letzten Gang verabschiedet. Eine Stunde nach Anbruch der
Dunkelheit.«
»Und weißt
du, wohin er wollte?«
»Nach Hause,
nehme ich an...« Ihre Stimme verlor sich auf eine durch und
durch unnatürliche Art. Caecilia Metella, die so viele Jahre
allein gelebt hatte, mangelte es an zumindest einer Fertigkeit,
über die alle römischen Ehefrauen verfügen. Caecilia
Metella konnte nicht lügen.
Ich räusperte
mich. »Vielleicht hat sich Sextus Roscius an jenem Abend doch
nicht auf den Heimweg gemacht, als er dein Haus verließ.
Vielleicht gab es einen Grund, warum er früher aufbrechen
mußte. Eine Verabredung? Eine Botschaft?«
»Nun, ja, in der
Tat.« Caecilia runzelte die Stirn. »Mir ist, als
wäre da ein Bote gekommen. Ja, ein ganz gewöhnlicher
Bote, wie man ihn sich von der Straße holen kann. Er meldete
sich beim Personaleingang. Ahausarus kam zu mir und sagte,
draußen in der Küche warte ein Mann mit einer Botschaft
für Sextus Roscius. Ich habe an jenem Abend eine kleine
Gesellschaft gegeben; wir waren höchstens zu sechst oder acht
und noch nicht mit dem Essen fertig. Sextus wirkte entspannt, fast
als ob er dösen würde. Ahausarus flüsterte ihm etwas
ins Ohr. Sextus sah ein wenig erstaunt aus, stand jedoch sofort auf
und verließ den Raum, ohne mich um Erlaubnis zu
bitten.«
»Ich vermute, du
hast nicht zufällig auf irgendeine Weise in Erfahrung bringen
können, wie die Botschaft lautete?«
Cicero stöhnte
leise auf. Caecilia richtete sich gerade auf, und die
natürliche Farbe kehrte in ihre Wangen zurück.
»Junger Mann,
Sextus Roscius und ich waren sehr alte, sehr enge
Freunde.«
»Ich verstehe,
Caecilia Metella.«
»Tatsächlich? Ein alter
Mann braucht jemanden, der sich um seine Interessen kümmert
und ein wenig Neugier zeigt, wenn fremde Boten ihn mitten in der
Nacht stören. Natürlich bin ich ihm gefolgt und habe
gelauscht.«
»Ah. Dann
könntest du mir vielleicht sagen, wer den Boten geschickt
hat?«
»Seine genauen
Worte lauteten: >Elena bittet dich auf der Stelle, ins Haus der
Schwäne zu kommen. Es ist sehr wichtige Und dann zeigte er
Sextus ein Pfand.«
»Was für
ein Pfand?«
»Einen
Ring.«
»Einen
Ring?«
»Den Ring einer
Frau - klein, silbern, ganz schlicht. Die Art Ringe, wie sie ein
armer Mann seiner Geliebten geben würde oder die Art kleines
Geschenk, die ein reicher Mann einer...«
»Ich
verstehe.«
»Tatsächlich? Nach
Gaius’ Tod begann Sextus, sehr viel Zeit und Geld in Lokalen
dieser Art zu verbringen und auszugeben. Ich rede natürlich
von Bordellen. Du hältst das für jämmerlich bei
einem Mann seines Alters? Aber verstehst du nicht, daß es
wegen Gaius war. Als ob er von dem plötzlichen und
überwältigenden Bedürfnis ergriffen war, einen
weiteren Sohn zu zeugen. Völlig absurd natürlich, aber
manchmal muß ein Mensch sich seiner Natur beugen. Heilung
geschieht an den seltsamsten
Orten.«
Wir saßen eine
Weile schweigend. »Ich glaube, du bist eine weise Frau,
Caecilia Metella. Weißt du sonst noch irgend etwas über
diese Elena?«
»Nein.«
»Oder das Haus
der Schwäne?«
»Nichts,
außer daß es in der Nähe der Pallacina-Thermen
liegt, in der Nähe von Sextus’ Haus beim Circus
Flaminius. Du hast doch nicht etwa geglaubt, er hätte
irgendeinen ordinären Schuppen in der Subura frequentiert,
oder?«
Cicero räusperte
sich. »Ich denke, es ist vielleicht an der Zeit, daß
Gordianus den jungen Sextus
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