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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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aufgesprungen.
    Caecilia Metella
behauptete, daß er nachts schreiend aufwachte. Sie hatte
zweifelsohne nach dem ersten Blick entschieden, daß er den
Verstand verloren hatte. Aber Caecilia war nie durch die endlosen,
von Menschen wimmelnden Straßen der Armen in Rom oder
Alexandria gewandert. Verzweiflung kann in Wahnsinn übergehen,
aber für die Augen desjenigen, der zuviel von beidem gesehen
hat, gibt es einen klaren Unterschied. Sextus Roscius war kein
Verrückter. Er war verzweifelt.
    Ich sah mich nach
einer Sitzgelegenheit um. Roscius schnippte mit den Fingern in
Richtung der Frau. Sie war ebenfalls mittleren Alters, stämmig
und unansehnlich. An der Art, wie sie es wagte, wütend
zurückzustarren, erkannte ich, daß es seine Frau war.
Sie schnippte ihrerseits mit den Fingern in Richtung der beiden
Mädchen, die sich vom Boden erhoben und davonhuschten. Roscia
Majora und Roscia Minora, nahm ich an, die einfallslose
Namensgebung der Römer voraussetzend, bei der alle
Töchter der Familie den Zunamen des Vaters erhielten und
lediglich der Reihenfolge nach unterschieden
wurden.      
    Roscia, die
Ältere, war vermutlich etwa so alt wie Rufus oder ein wenig
jünger, ein Kind auf der Schwelle zur Mannbarkeit. Wie Rufus
trug sie ein schlichtes, weißes Gewand, das ihre
Gliedmaßen verbarg. Eine wallende Mähne kastanienbraunen
Haars war im Nacken zu einem Knoten geflochten und fiel von dort in
Wellen bis zu ihrer Hüfte; nach ländlicher Sitte war es
noch nie geschnitten worden. Sie hatte ein hübsches Gesicht,
aber um ihre Augen hatte sich derselbe gehetzte Blick eingenistet
wie bei ihrem Vater.
    Das jüngere der
beiden Mädchen war das Ebenbild ihrer Schwester in klein, mit
demselben Gewand, demselben langen, geflochtenen Haar. Sie folgte
den anderen Frauen quer durch das Zimmer, war jedoch noch zu klein,
um ebenfalls einen Stuhl zu tragen. Statt dessen kicherte sie und
zeigte auf Cicero.
    »Spaßmachergesicht!«
rief sie und bedeckte dann hastig ihren Mund mit der Hand. Ihre
Mutter knurrte und trieb sie aus dem Zimmer. Ich warf einen Blick
auf Cicero, der den Spott mit stoischer Gelassenheit hinnahm.
Rufus, der neben Cicero so schön wie Apollo aussah,
errötete und blickte zur Decke.
    Das ältere
Mädchen folgte ihrer Mutter, aber bevor sie durch den Vorhang
schlüpfte, wandte sie sich noch einmal um. Cicero und Rufus
setzten sich gerade und schienen sie nicht zu bemerken. Erneut war
ich von der Schönheit ihres Gesichtes fasziniert - der volle
Mund und die glatte Stirn, die tiefbraunen, von Trauer
getönten Augen. Sie mußte mich beim Starren ertappt
haben, denn sie erwiderte meinen Blick mit einer Offenheit, den man
bei Mädchen ihrer Klasse und ihres Alters nur selten sieht.
Sie zog die Lippen zurück, ihre Augen wurden schmal, und ihr
Gesichtsausdruck war auf einmal eine Einladung - sinnlich,
kalkuliert und provozierend. Sie lächelte. Sie nickte. Ihre
Lippen bewegten sich, doch ich konnte die Worte nicht
lesen.
    Cicero und Rufus
saßen am anderen Ende des Raumes und steckten tuschelnd die
Köpfe zusammen.
    Ich sah mich über
die Schulter um, wo lediglich Tiro nervös von einem Fuß
auf den anderen trat. Sie konnte nur mich gemeint haben, dachte
ich.
    Als ich mich erneut
umwandte, war Roscia Majora verschwunden, und nur der sanft
wiegende Vorhang und ein Hauch von Jasmin erinnerte an sie. Die
Vertraulichkeit ihres Abschiedsblicks ließ mich erstaunt und
verwirrt zurück. Es war ein Blick, wie Liebende ihn einander
zuwerfen, dabei hatte ich sie nie zuvor getroffen.
    Ich ging zu dem Stuhl,
den man für mich aufgestellt hatte. Tiro folgte mir und schob
ihn mir hin. Ich schüttelte den Kopf, um wieder klare Gedanken
fassen zu können. Ein weiterer Blick auf den Vater des
Mädchens ernüchterte mich vollends.
    »Wo sind deine
Sklaven, Sextus Roscius? Zu Hause würde es dir auch wohl im
Traum nicht einfallen, deine Frau und deine Töchter zu bitten,
Stühle für den Besuch heranzuschleppen.
«
    Die traurigen Augen
leuchteten auf. »Warum nicht? Glaubst, daß sie
dafür zu schade sind? Es tut einer Frau gut, von Zeit zu Zeit
an ihren Platz gemahnt zu werden. Vor allem Frauen wie den meinen,
mit einem Ehemann und Vater, der reich genug ist, daß sie den
ganzen Tag herumsitzen und tun können, was sie
wollen.«
    »Verzeihung,
Sextus Roscius. Ich wollte dich nicht beleidigen. Du sprichst
weise. Vielleicht sollten wir das nächste Mal Caecilia Metella
bitten, uns die Stühle zu holen.«
    Rufus
unterdrückte ein

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