Das Lächeln des Cicero
auf den anderen.
Sie lächelte und
lachte still in sich hinein, vielleicht glaubte sie, wir seien
schüchtern oder wir würden zumindest so tun. »Hier
ist es viel bequemer«, sagte sie und strich mit der Hand
über den abgewetzten Bezug des Diwans. In ihrer Stimme konnte
man den Hauch eines Akzents heraushören.
»Da bin ich
sicher. Aber ich möchte zuerst reden.«
Das war offenbar
nichts Neues für sie. »Natürlich. Soll ich mich
ausziehen?«
Ich warf einen Blick
auf Tiro, der bereits zu erröten begann. »Ja«,
sagte ich. »Zieh dein Kleid aus, während wir reden. Aber
langsam.«
Elektra erhob sich.
Sie warf ihre Haare zurück und griff sich in den Nacken, um
die Klammer zu lösen. Hinter ihr entdeckte ich auf einem
kleinen Tisch neben dem Diwan eine winzige Sanduhr. Die obere
Kammer war voll, und der Sand rieselte fröhlich hinab. Als wir
den Raum betreten hatten, mußte sie sie so elegant und
unauffällig umgedreht haben, daß ich es nicht bemerkt
hatte. Elektra war ein echter Profi.
»Erzähl mir
etwas über Elena«, sagte ich.
Sie zögerte nur
einen Herzschlag lang. »Bist du ein Freund von ihr? Ein
Kunde?«
»Nein.«
»Kennst du
sie?«
»Auch
nicht.«
Das schien sie zu
amüsieren. »Warum fragst du dann nach ihr?« Das
Kleid war von ihren Schultern geglitten und fiel, von der Schnur
gehalten, in Falten um ihre Taille. Ihre Haut war erstaunlich
glatt, das Fleisch überraschend fest. Gegen die blasse Haut
hob sich ihr Schmuck besonders gut ab, silberne Armreife um die
Handgelenke und eine schmale Kette, die die üppige
Wölbung ihrer Brüste betonte. Möglicherweise war es
nicht ihr Schmuck, aber sie hatte ihn garantiert selbst ausgesucht.
Wieder stellte sie den Geschmack ihres Herrn in den
Schatten.
Sie schien Tiro
bewußt zu ignorieren, was ihm die Freiheit ließ, sie
anzustarren. Er beobachtete sie mit einer Art hilfloser
Intensität, die Lippen geschürzt, die Augenbrauen
zusammengezogen, als ob er Schmerzen litte.
»Vielleicht
beantwortest du einfach nur die Frage. Schließlich habe ich
schon für dich bezahlt. Wenn ich unzufrieden bin, werde ich
mich bei deinem Herrn beschweren und mein Geld
zurückverlangen. Vielleicht schlägt er dich
dann.«
Sie lachte laut.
»Das glaube ich nicht«, sagte sie. »Und du auch
nicht.« Sie nahm einen Kamm zur Hand, der vor einem kleinen
Spiegel auf dem Tisch lag, setzte sich auf das Bett, betrachtete
ihr Spiegelbild und kämmte sich das Haar. Sie war in der Tat
ganz außergewöhnlich. Mein Gastgeber hätte das
Doppelte seines ursprünglichen Preises verlangen
sollen.
»Du hast recht.
Ich hab das nur gesagt, um den Jungen zu erregen.«
Sie wandte ihren Blick
gerade lange genug vom Spiegel ab, um mich mit hochgezogener Braue
zu mustern. »Du hast eine verdorbene Phantasie. Ich glaube,
wir verschwenden mit diesem Gerede nur unsere
Zeit.«
Ich schüttelte
den Kopf. »Erzähl mir von Elena. Wann hat sie hier
aufgehört?«
»Irgendwann im
Herbst. Vor dem Winter.«
»Im September
vielleicht?«
»Ja, ich glaube
schon. Ja, es war kurz nach den römischen Festspielen. Ich
kann mich noch daran erinnern, weil an den Feiertagen hier immer
viel Betrieb ist. Das müßte dann so Ende September
gewesen sein.«
»Wie alt ist
Elena?«
»Ein
Kind.«
»So jung wie
Talia?«
»Ich habe gesagt
ein Kind, kein Kleinkind.«
»Und wie sieht
sie aus?«
»Sehr
hübsch. Eines der hübschesten Mädchen im ganzen
Haus, hab ich immer gesagt. Sehr blond mit einer Hautfarbe wie
heller Honig. Ich nehme an, ihre Eltern waren Skythen. Sie hatte
einen schönen Körper, sehr sinnlich für ihr Alter
mit vollen Brüsten, breiten Hüften und einer winzigen
Taille. Wie eitel sie wegen ihrer schmalen Taille
war!«
»Hatte sie einen
speziellen Kunden? Einen Mann, der sie auf eine besondere Art
mochte?«
Elektra musterte mich.
»Bist du deswegen hier?«
»Ja.«
»Bist du ein
Freund dieses Mannes? Wie hieß er noch,
Sextus?«
»Ja, so
hieß er. Nein, ich war kein Freund von ihm.«
»Du redest, als
ob er tot wäre.«
»Das ist er
auch.«
Sie legte Kamm und
Spiegel in den Schoß. »Und Elena? War sie bei ihm, als
er starb? Weißt du, wo sie jetzt ist?«
»Ich weiß
gar nichts über sie, außer dem, was du mir über sie
sagen kannst.«
»Sie war ein
wunderschönes Mädchen. So zart.« Elektra sah auf
einmal sehr traurig und sehr schön aus. Nach einem kurzen
Moment nahm sie erneut Kamm und Spiegel zur
Hand.
»So lange war
sie gar nicht hier. Etwa ein Jahr, würde ich
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