Das Lächeln des Cicero
sagen. Mein Herr
hat sie bei einer Auktion vor dem Tempel des Kastor gekauft,
zusammen mit einem halben Dutzend anderer Mädchen, die alle
etwa gleich alt waren und dieselbe Hautfarbe hatten. Aber sie war
etwas Besonderes, auch wenn er das nie gesehen
hat.«
»Aber Sextus hat
es gesehen?«
»Der alte Mann?
O ja. Nach dem ersten Mal kam er mindestens alle fünf oder
sechs Tage. Zum Ende hin tauchte er fast täglich hier
auf.«
»Zum
Ende?«
»Seitdem sie
schwanger war. Bevor sie uns verlassen hat.«
»Schwanger? Wer
war der Vater?«
Elektra lachte.
»Dies ist ein Bordell, falls du es vergessen hast. Nicht
jeder Kunde gibt sich damit zufrieden, einer Frau einfach nur beim
Kämmen zuzusehen.« Sie zuckte die Schultern. »An
einem Ort wie diesem weiß ein Mädchen nie, welcher Mann
der Vater gewesen sein könnte, obwohl einige Mädchen
anfangen zu träumen. Bei Elena war es das erste Mal. Ich hab
ihr gesagt, sie sollte es wegmachen lassen, aber sie wollte nicht.
Eigentlich hätte ich es dem Herrn erzählen
müssen.«
»Aber das hast
du nicht getan. Warum nicht?«
»Ich hab dir
doch schon gesagt: Elena war wunderschön und so zart. Sie
wollte dieses Baby so sehr. Ich hab mir gedacht, wenn sie es lange
genug vor dem Herrn geheimhalten kann, muß er sie es bekommen
lassen, selbst wenn sie es hinterher nicht behalten
darf.«
»Aber Elena hat
es auch noch einem anderen außer dir erzählt. Einige
Mädchen fangen an zu träumen, hast du gesagt. Wovon hat
sie denn geträumt?«
Ihre Augen blitzten
wütend auf.
»Du weißt
es doch schon. Das höre ich an der Art, wie du
fragst.«
»Ich weiß
nur, was du mir erzählst.«
»Also gut. Sie
hat dem alten Mann, Sextus, erzählt, daß sie schwanger
ist und daß das Baby von ihm sei. Und der Dummkopf hat ihr
geglaubt. Männer in seinem Alter wollen manchmal ganz
verzweifelt ein Kind zeugen. Er hat seinen Sohn verloren,
weißt du; er hat ihr gegenüber ständig davon
geredet. Wer weiß, vielleicht war es ja wirklich sein
Kind.«
»Und inwiefern
hätte das Elena geholfen?«
»Na wie schon?
Das ist das, wovon jedes Mädchen in so einem Haus träumt,
zumindest bis sie eines besseren belehrt wird. Ein reicher Mann
verliebt sich in sie, kauft sie dem Herrn ab und nimmt sie in sein
Haus auf. Vielleicht läßt er sie sogar frei und richtet
ihr eine eigene Wohnung ein, wo sie das Kind als Bürgerin
großziehen kann. In ihren wildesten Phantasien erkennt er den
Bastard vielleicht sogar als sein eigenes Kind an und macht ihn zum
Erben. Man hat schon von derartigen Wundern gehört. Elena war
noch jung genug, davon zu träumen.«
»Und wie ist ihr
Traum ausgegangen?«
»Sextus hat ihr
versprochen, daß er sie kaufen und freilassen würde. Er
sprach sogar von Heirat. Das hat sie mir jedenfalls erzählt,
und ich glaube nicht, daß sie sich das nur ausgedacht
hat.«
»Und
dann?«
»Er ist einfach
nicht mehr gekommen. Elena hat eine Zeitlang gute Miene zum
bösen Spiel gemacht, aber ihre Schwangerschaft wurde langsam
sichtbar, und die Tage verstrichen. Ich hab sie in den Armen
gehalten, wenn sie nachts weinte. Männer sind
grausam...«
»Wo ist sie
jetzt?« - »Na ja, der Herr hat sie
weiterverkauft.«
»An
wen?«
»Ich weiß
es nicht. Ich dachte, daß es vielleicht Sextus gewesen
wäre, der sie schließlich doch noch gekauft hat. Aber
jetzt erzählst du mir, daß er tot ist - und du
weißt nichts von Elena.«
Ich schüttelte
den Kopf.
»Ende September
hat man sie abgeholt. Ohne Ankündigung, ohne Vorbereitung.
Stabius kam reingeplatzt und sagte, sie solle ihre Sachen
zusammenpacken. Der Herr hätte sie verkauft, und sie
müsse das Haus auf der Stelle verlassen. Sie zitterte wie ein
kleines Kätzchen. Sie weinte vor Glück, und ich weinte
mit ihr. Sie hat sich nicht mal die Mühe gemacht, ihre Sachen
mitzunehmen, sie sagte, Sextus würde ihr schon alles kaufen.
Ich bin ihr bis zum Ende des Flures gefolgt. Sie haben in der Halle
auf sie gewartet. Als ich sie gesehen habe, wußte ich,
daß irgend etwas nicht stimmte. Ich glaube, sie wußte
es auch, aber sie hat versucht, es zu überspielen. Sie gab mir
einen Kuß und lächelte mir zu, während sie mit
ihnen durch die Tür ging.«
»Nicht
Sextus«, sagte ich. »Zu diesem Zeitpunkt war Sextus
Roscius bereits tot.«
»Nein, nicht der
alte Herr. Zwei Männer, deren Aussehen mir gar nicht gefallen
hat. Weder der große Blonde noch der mit dem
Hinkebein.«
Ich mußte, ohne
es zu merken, ein Geräusch oder Zeichen von mir gegeben
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