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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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zu
denen ich eine Leibwache oder Gefolgschaft brauchte, waren sie bei
Bethesda geblieben - einer hatte sie auf Besorgungsgängen
begleitet, der andere derweil das Haus bewacht, und alle beide
waren ihr im Haushalt zur Hand gegangen und hatten sie
beschützt. Vor allem jedoch hatte sie jemanden zum
Herumkommandieren; wenn sie mir abends ihr Leid mit den beiden
klagte und sich ausmalte, was sie hinter ihrem Rücken
tratschten, mußte ich oft ein Lächeln
unterdrücken.
    Aber Sklaven sind ein
permanenter Kostenfaktor und eine wertvolle Ware, vor allem
für jemand, der sie sich kaum leisten kann. Ein günstiges
Angebot eines Klienten zu einem Zeitpunkt, als ich es nötig
hatte, ließ mich schwach werden, und ich hatte sie beide
verkauft. Im letzten Jahr war Bethesda ohne jeden Zwischenfall gut
alleine zurechtgekommen, bis heute.
    Ich konnte sie nicht
allein lassen. Aber was hätte sie davon, wenn ich einen
Leibwächter für sie engagierte. Es war nicht
unwahrscheinlich, daß die Täter zurückkamen;
würde ein einzelner Leibwächter oder zwei oder drei etwas
gegen Menschen ausrichten können, die zum Mord entschlossen
waren? Wenn ich Bethesda anderweitig unterbrachte, würde das
Haus leer stehen. Und wenn ihre Hoffnung auf Beute sich als
vergeblich erwiesen hatte, waren Männer dieser Art durchaus
fähig, mein gesamtes Hab und Gut in Brand zu
stecken.
    Lange vor dem ersten
Hahnenschrei lag ich wach und überlegte, was zu tun sei. Die
einzige Lösung, die mir in den Sinn kam, während ich an
die kerzenbeleuchtete Decke starrte, war, den Fall abzugeben. Es
würde keinen Ritt nach Ameria geben. Ich konnte im ersten
Licht der Dämmerung in die Subura hinabsteigen, einen Boten zu
Cicero schicken, ihm mitteilen lassen, daß ich von dem
Auftrag zurückgetreten sei, und ihn bitten, meine Unkosten zu
begleichen. Dann konnte ich mich den ganzen Tag mit Bethesda in
meinem Haus verbarrikadieren, mich mit ihr im Bett tummeln,
über die Hitze lamentieren und durch den Garten schlendern;
und wenn irgendein Eindringling an meine Tür klopfte,
würde ich einfach sagen: »Ja, ja, ich habe mich für
das Schweigen und gegen den Tod entschieden! Soll die römische
Justiz ihren gerechten Lauf nehmen! Und jetzt
verschwinde!«      
    Auf meinem Hügel
gibt es einen Hahn, der viel früher kräht als alle
anderen; ich habe den Verdacht, er gehört meiner Nachbarin vom
Lande, die alltäglich ihren Abfall über die Mauer
schmeißt - ein Hahn vom Land mit ländlichen Sitten, ganz
anders als die fauleren und luxuriöseren römischen
Vögel. Wenn er krähte, waren es noch gut zwei Stunden bis
zum Anbruch der Dämmerung. Ich beschloß, mit seinem
ersten Schrei aufzustehen und dann eine Entscheidung zu
treffen.
    Wenn die Welt
schläft, verändert sich das Wesen der Zeit. Augenblicke
gerinnen und schmelzen wieder, wie Klümpchen in magerem
Käse. Die Zeit wird ungleichmäßig, schwer
faßbar und unsicher. Für den Schlaflosen dauert jede
Nacht ewig und ist trotzdem zu kurz. Ich lag lange wach und
betrachtete die flackernden Schatten über meinem Kopf, konnte
weder schlafen noch einen der Gedanken zu Ende denken, die mir
durch den Kopf huschten. So wartete ich auf den Hahnenschrei, bis
ich anfing zu glauben, der Vogel hätte verschlafen. Dann
ließ er sich schließlich doch vernehmen, klar und
schrill in der stillen, warmen Morgenluft.
    Ich sprang auf und
stellte überrascht fest, daß ich tatsächlich
geschlafen oder mich doch an der Grenze zum Schlaf bewegt hatte.
Einen verwirrten Moment lang fragte ich mich, ob ich das
Krähen vielleicht nur geträumt hatte. Dann hörte ich
ihn erneut.
    Im Licht der vielen
Kerzen wechselte ich meine Tunika und spritzte mir ein wenig Wasser
ins Gesicht. Bethesda war schließlich doch noch zur Ruhe
gekommen; ich sah sie inmitten eines Kreises von Kerzen auf einer
Strohmatte unter dem Säulengang am anderen Ende des Gartens
liegen, endlich schlafend. Sie hatte sich einen Fleck gesucht, der
möglichst weit von jener Wand entfernt war, wo Bast gestorben
war.
    Ich durchquerte leise
den Garten, um sie nicht zu wecken. Sie lag in sich zusammengerollt
auf der Seite, ihre Gesichtszüge weich und entspannt. Eine
schimmernde Strähne ihres blauschwarzen Haars fiel auf ihre
Wange. Im Schein der Kerzen wirkte sie auf mich mehr als je zuvor
wie ein Kind. Ein Teil von mir sehnte sich danach, sie in meine
Arme zu nehmen und zu ihrem Bett zu tragen, sie warm und sicher zu
halten, neben ihr zu liegen und zu träumen, bis

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