Das Lächeln des Cicero
daß ich
fliehen mußte, während der blonde Riese noch damit
beschäftigt war, die Buchstaben an die Wand zu schmieren, also
hab ich den Kerl, der mich festhielt, gebissen so fest ich konnte,
hier.« Sie zeigte auf die dickste Stelle ihres Unterarms.
»Ich riß mich los und rannte nach draußen. Sie
folgten mir. Aber als sie zwischen den Mauern der beiden Nachbarn
vorbeikamen, blieben sie plötzlich stehen. Ich konnte
hören, wie sie hinter mir angewiderte Geräusche von sich
gaben und wie die Schweine grunzten.«
»Dann sind sie
wahrscheinlich in den Kothaufen getreten.«
»Ja. Stell dir
das vor, Männer, die ihre Hände mit dem Blut einer Katze
beschmieren können, werden wegen ein bißchen
Scheiße an den Sandalen zu empfindlichen Weibern.
Römer!« Sie spuckte das Wort aus wie Gift. Nur eine
gebürtige Alexandrinerin konnte den Namen der Hauptstadt der
Welt mit solch vernichtendem Abscheu aussprechen.
»Ich hab mich
auf der Straße herumgetrieben, bis ich dachte, daß sie
jetzt weg sein müßten. Aber als ich unten an dem Pfad
stand, hatte ich auf einmal Angst hochzugehen. Statt dessen bin ich
in die Taverne gegenüber gegangen. Ich kenne eine Frau, die
dort kocht, vom Ansehen vom Markt. Sie hat mir erlaubt, mich in
einem der leeren Zimmer im ersten Stock zu verstecken, bis ich dich
nach Hause kommen sah. Sie hat mir eine Lampe geliehen, und ich hab
von unten deinen Namen gerufen, um dich zu warnen, bevor du das
Haus erreicht hattest, aber du hast mich nicht gehört.«
Sie starrte ins Feuer. »Werden sie
zurückkommen?«
»Heute nacht
bestimmt nicht«, versicherte ich ihr, ohne zu wissen, ob das
stimmte oder nicht.
Nach dem Essen sehnte
ich mich nach Schlaf, aber Bethesda gab keine Ruhe, bis die tote
Katze entfernt war.
Wir Römer haben
tierische Wesen nie als Götter verehrt. Wir sind auch, was
unsere Haustiere anbetrifft, nicht übermäßig
sentimental. Wie sollte es auch anders sein bei einem Volk, das dem
Leben eines Menschen so wenig Wert beimißt?
Unter der
betäubenden Apathie ihrer Herren verlieren die aus aller Welt,
jedoch vor allem aus dem Orient importierten Sklaven häufig
jeden Sinn für das Heilige, den sie in ihrer Kindheit in
fernen Ländern vielleicht entwickelt haben. Aber Bethesda
hatte sich angesichts des Todes eines Tieres ein Gefühl
für Anstand und Ehrfurcht bewahrt und trauerte auf ihre Weise
um Bast.
Sie bestand darauf,
daß ich in der Mitte des Gartens einen Scheiterhaufen
errichtete. Sie nahm ein Kleid aus dem Schrank, ein edles Gewand
aus weißem Leinen, das ich ihr erst vor einem Jahr geschenkt
hatte. Ich zuckte innerlich zusammen, als ich sah, wie sie es an
den Nähten zu einem Leichentuch zerriß. Sie legte Lage
nach Lage um den zerschundenen Körper, bis kein Blut mehr
durchsickerte. Dann plazierte sie das Bündel auf dem
Scheiterhaufen, murmelte vor sich hin und sah zu, wie die Flammen
hochloderten. In der windstillen Nacht stieg der Rauch gerade nach
oben auf und verdeckte die Sicht auf die Sterne.
Ich wollte nur noch
schlafen. Ich befahl Bethesda, sich mir anzuschließen, aber
sie weigerte sich, bis sie alles Blut vom Boden gewaschen hatte.
Sie kniete sich neben einen Eimer heißes Wasser und schrubbte
bis tief in die Nacht. Ich konnte sie immerhin davon
überzeugen, die Botschaft an der Wand unangetastet zu lassen,
obwohl sie ganz offensichtlich dachte, daß das alle
möglichen magischen Katastrophen geradezu
heraufbeschwor.
Sie ließ nicht
zu, daß ich auch nur eine einzige Lampe oder Kerze
löschte, so daß ich schließlich in einem festlich
erleuchteten Haus einschlief. Irgendwann war Bethesda mit dem
Schrubben fertig und legte sich zu mir, aber ihre Nähe brachte
mir keine Ruhe. Die ganze Nacht hindurch stand sie immer wieder
auf, um die Riegel an Fenstern und Türen zu
überprüfen, die Lampen nachzufüllen und die
abgebrannten Kerzen zu ersetzen.
Ich schlief unruhig
und schreckte häufig hoch. Ich träumte.
Ich ritt durch endlose
Meilen kahler Wüste auf einem weißen Roß, ohne
mich erinnern zu können, wann oder wie ich aufgebrochen war,
und ohne je mein Ziel zu erreichen. Mitten in der Nacht wachte ich
noch einmal auf und fühlte mich schon jetzt erschöpft von
einer langen, unangenehmen Reise.
15
Es kam überhaupt
nicht in Frage, daß Bethesda während meiner Abwesenheit
allein zu Hause blieb. Vor einem Jahr wäre das Problem erst
gar nicht aufgetaucht; damals hielt ich mir noch zwei junge,
kräftige Sklaven. Mit Ausnahme der seltenen Anlässe,
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