Das Lächeln des Killers
weiß.«
Eve kam aus der Küche und marschierte ohne anzuhalten geradewegs zur Tür. »Peabody, wir müssen los. Besorgen Sie mir einen Namen, Charles, und zwar so schnell es geht.«
»Dallas?« Mit einem schnellen, entschuldigenden Blick auf ihren Freund lief Peabody ihr eilig hinterher. »Was ist los?«
»Es sieht danach aus, als ob er wieder zugeschlagen hat.«
6
Sie lag mit obszön gespreizten Beinen und weit offenen Augen mitten auf dem Bett. Ein paar pinkfarbene Blütenblätter klebten an ihrer Haut. Kerzenwachs war auf den Tisch, die kleine Kommode, den Boden und den billigen, farbenfrohen Flickenteppich getropft und dort zu harten, kalten Pfützen erstarrt.
Es war ein winziges Apartment, und die junge Frau namens Grace Lutz hatte sich bemüht, es mit gerüschten Vorhängen und billigen Drucken in billigen Rahmen fröhlich und gemütlich zu gestalten.
Jetzt war es vom Gestank des Todes, von schalem Sex und Duftkerzen erfüllt.
Eine Weinflasche stand auf dem Tisch, dieses Mal ein Cabernet. Und dieses Mal beinahe leer. Die Musik kam aus einem billigen Stereogerät, das neben dem als Bett dienenden Klappsofa auf einem kleinen Tischchen stand.
Es gab keinen Stimmungsmonitor, keinen Fernseher und nur ein einziges, billiges Link. Allerdings waren unzählige Bücher in liebevoller Ordnung in dem lackierten Regal, das sich über eine ganze Wand erstreckte, nebeneinander aufgereiht. Außerdem stand ein Foto auf dem Nachtschränkchen, auf dem Grace mit einem Mann und einer Frau, wahrscheinlich ihren Eltern, abgebildet war. Eine kleine Glasvase mit halb verblühten Margeriten bildete einen bunten Farbfleck auf dem Tisch.
Die Kochnische bestand aus einer Kochplatte, einer winzigen kleinen Spüle und einem kleinen Kühlschrank, in dem Eve einen Karton mit Eiern, eine Tüte Milch und ein kleines Glas mit Erdbeermarmelade fand.
Es gab keinen Wein in ihrer Wohnung außer dem, von dem sie getötet worden war.
Grace hatte nicht viel Geld für irgendwelchen Schnickschnack oder, wie ein Blick in ihren Kleiderschrank verriet, schicke Garderobe ausgegeben, sondern, wie es aussah, alles in Bücher investiert.
Sowie in ein offensichtlich neues Kleid, das achtlos auf den Boden geworfen worden war.
»Dieses Mal scheint er gewusst zu haben, was er tat. Man sieht keine Zeichen irgendwelcher Panik. Dieses Mal hat er sie vorsätzlich umgebracht.«
»Rein äußerlich sind die beiden Frauen völlig verschieden«, bemerkte ihre Assistentin. »Dieses Mädchen hat einen zarten, hellen Teint, sie ist nahezu winzig, und ihre Nägel sind ganz kurz geschnitten und nicht lackiert. Nichts an ihr ist modisch oder elegant.«
»Ja, und auch der finanzielle und gesellschaftliche Hintergrund ist anders. Sie scheint sehr häuslich gewesen zu sein.« Eve sah stirnrunzelnd auf das verschmierte Laken und auf das an den Innenseiten von Graces Schenkeln getrocknete Blut. »Der Pathologe wird bestimmt bestätigen, dass sie noch Jungfrau war.« Sie beugte sich über die tote junge Frau. »Sie weist Hämatome an den Schenkeln, der Hüfte und den Brüsten auf. Er scheint ziemlich unsanft mit ihr umgesprungen zu sein. Besorgen Sie sich die Disketten aus der Überwachungskamera, Peabody. Vielleicht ist darauf ja irgendwas zu sehen.«
»Zu Befehl, Madam.«
Warum hatte er ihr weh getan?, überlegte Eve und bedachte die Leiche mit einem nachdenklichen Blick. Warum hatte er das gewollt?
Während sie neben der Toten hockte, sah sie plötzlich sich selbst, wie sie mit gebrochenem Arm, von Hämatomen übersät, blutbefleckt in einer dunklen Ecke kauerte, während seine widerliche Stimme in ihren Ohren klang.
Weil ich es kann.
Sie verdrängte dieses Bild und stand entschieden wieder auf. Ein gewisser Schmerz konnte durchaus sinnlich sein, regelrecht verführerisch. Niemals aber romantisch. Trotzdem hatte er auch hier Blütenblätter auf dem Bettlaken verstreut, Kerzen angezündet, die Stereoanlage eingeschaltet und Weingläser gefüllt.
Weshalb kam ihr dieses Szenario wie eine Verspottung jeglicher Romantik und nicht wie der Versuch, sie zu beschwören, vor? Sie hatten zu viel Wein getrunken und sogar etwas auf den Tisch und den Teppich schwappen lassen. Die Kerzen hatten so lange gebrannt, bis ihr Wachs an den Ständern herunter auf die Tische und den Fußboden getropft war. Der Ärmel ihres neuen Kleides war zerfetzt.
Es herrschte eine Atmosphäre der Gewalt, der Bösartigkeit, die am ersten Tatort nicht auszumachen gewesen war. Verlor er die
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