Das Lächeln des Killers
Glaskugel, auf deren Boden Eve glatte, bunte Steine schimmern sah. Noch während sie verwundert ihre Stirn in Falten legte, nahm sie zwischen den Steinen eine Bewegung wahr.
»Meine Frau«, erklärte Whitney, als sein Gespräch beendet war. »Sie denkt, dass mein Büro dadurch freundlicher wird. Das Ding soll mich entspannen. Aber was zum Teufel soll ich mit einem verdammten Fisch?«
»Ich habe keine Ahnung, Sir.«
Ein paar Sekunden lang studierten sie gemeinsam den leuchtend roten, im Kreis schwimmenden Fleck. Da Eve wusste, dass die Gattin des Commanders nicht nur sehr modebewusst, sondern zudem eine begeisterte Innendekorateurin war, suchte sie nach einem höflichen Kommentar.
»Er ist schnell.«
»Das verrückte Wesen dreht sich fast den ganzen Tag im Kreis. Ich brauche es nur anzusehen, und mir wird schwindlig.«
»Wenn es dieses Tempo beibehält, wird es vermutlich innerhalb von ein paar Tagen an Erschöpfung eingehen.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr. Wo ist Ihre Assistentin, Lieutenant?«
»Ich habe sie auf die Suche nach möglichen Gemeinsamkeiten zwischen beiden Opfern angesetzt. Bisher weist nichts auf eine Beziehung zwischen beiden hin. Beide haben eine Vorliebe für Bücher, vor allem für Gedichtbände gehabt. Beide haben Zeit im Cyberspace verbracht. Bisher aber haben wir noch keinen Chatroom oder -Club gefunden, in dem sie beide, vielleicht sogar zur selben Zeit, gewesen sind.«
Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Was haben Sie bisher herausgefunden?«
»Die Frau, die in der Wohnung gegenüber von Lutz’ Apartment lebt, eine gewisse Angela Nicko, hat die Tote heute früh entdeckt. Sie haben sich immer morgens auf eine Tasse Kaffee und einen kurzen Schwatz getroffen, und als Lutz nicht kam und auf Ms Nickos Klingeln auch nicht an die Tür ging, hat sie angefangen sich Sorgen zu machen. Mit dem Zweitschlüssel, den Lutz bei ihr deponiert hatte, hat sie das Apartment betreten. Nicko ist eine pensionierte Bibliothekarin und muss weit über neunzig sein.«
Und sie hatte geweint, dachte Eve, hatte, als sie ihre Aussage zu Protokoll gegeben hatte, stumm geweint.
»Bisher scheint sie die einzige Hausbewohnerin zu sein, zu der das Opfer regelmäßig Kontakt hatte. Sie hat mir Lutz als ruhige, wohlerzogene junge Frau beschrieben, die nur selten von ihrer Routine abgewichen ist. Sie fuhr zur Arbeit und kehrte auf dem direktesten Weg wieder zurück. Zweimal in der Woche hat sie in einem nahe gelegenen Supermarkt ihre Einkäufe gemacht. Abgesehen von dieser Nicko hat sie offensichtlich keine anderen engen Freunde oder Freundinnen gehabt. Auch eine Beziehung gab es anscheinend nicht. Neben ihrer Arbeit hat sie noch ein Fernstudium in Bibliothekswissenschaften absolviert.«
»Haben die Aufnahmen der Überwachungskameras etwas ergeben?«
»Es gibt nur eine Kamera, und zwar im Foyer. Er sah völlig anders aus als bei dem ersten Mord. Kurze, glatte, blonde Haare, breiter Unterkiefer, dichte Brauen, dunkelbraune Augen, ein blassgoldener Teint. Genau wie die Spurensicherung am ersten Tatort ergeben hat, war dieser Verdächtige ebenfalls maskiert. Allerdings warte ich noch auf den Bericht aus dem Labor.«
Eve starrte wie hypnotisiert auf den ständig herumzuckenden Fisch, schüttelte dann schnaubend den Kopf und fuhr fort. »Seine Haltung war anders als bei dem ersten Mord. Er wirkte entschlossen und scheint eine Freude an der Gewalt gehabt zu haben, die beim ersten Mal nicht zu erkennen war. Wir versuchen rauszufinden, woher die Perücke und die Kosmetikprodukte kamen, die er beim ersten Mal verwendet hat. Außerdem ermitteln wir weiter im Cyberspace und gucken weiter nach einer möglichen anderen Verbindung, die es eventuell zwischen den beiden Opfern gab. Darüber hinaus habe ich einen Termin mit Dr. Mira ausgemacht und sämtliche Unterlagen zu den beiden Fällen für sie kopiert.«
»Die Medien wissen bisher noch nichts davon, dass es eine Verbindung zwischen beiden Fällen gibt, aber es wird sicher nicht mehr lange dauern, bis es zu ihnen durchgesickert ist.«
»Was in diesem Fall möglicherweise sogar von Vorteil für uns ist. Wenn die Frauen vor der Gefahr gewarnt sind, kommt der Täter vielleicht nicht mehr ganz so schnell an neue Opfer heran. Ich würde deshalb gerne ein paar Informationen an Nadine Furst vom Channel 75 weitergeben.«
Er presste die Lippen aufeinander. »Aber sehen Sie zu, dass nichts an die Öffentlichkeit gelangt, was nicht dorthin gelangen soll.«
»Selbstverständlich.
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