Das Lächeln des Killers
ich nicht. Ich habe keine Ahnung, was er damit gemeint hat. Aber ich habe ihn gefragt, warum er mir so wehtut. Und er hat gesagt, weil ich ein Nichts wäre, ein Niemand, vor allem aber, weil er mir wehtun kann. Es gelingt mir offenbar nicht, seine Macht zu brechen. Nicht mal jetzt.«
»Jedes Mal, wenn du für ein Opfer eintrittst, machst du ihn dadurch kleiner. Vielleicht kehrt die Erinnerung umso stärker in deinen Träumen zurück, je weiter du dich in der Wirklichkeit von ihm entfernst. Ich weiß nicht.« Er fuhr mit seinen Fingern durch ihre Haare. »Wirst du darüber mit Dr. Mira sprechen?«
»Ich weiß nicht. Das heißt, nein«, verbesserte sie sich. »Schließlich kann sie mir nichts erzählen, was ich nicht schon weiß.«
Was du jetzt schon wissen willst, korrigierte Roarke sie in Gedanken, schwieg aber.
»Aber ich brauche ihre Meinung als Expertin zu den beiden Morden.«
»Dann hat es also einen zweiten Mord gegeben?«
»Ja. Weshalb ich mich noch mehr anstrengen muss, um den Typen zu erwischen.«
»War es derselbe Mann?«
Sie gab ihm keine Antwort, sondern wanderte zurück in ihr Büro. Der Kaffeedurst war ihr vergangen, und sie tigerte in ihrem Zimmer auf und ab. Während sie ihm dabei die grundlegenden Einzelheiten des zweiten Mordes darlegte, ging sie noch einmal alles in Gedanken durch.
»Falls es hier in der Stadt eine Quelle für diese Drogen gibt, könnte ich sie für dich suchen.«
In seinem dunklen Anzug wirkte er zwar umwerfend elegant. Doch durfte man niemals vergessen, wie gefährlich dieser Mann war, der früher mit den übelst beleumundeten Gestalten alle möglichen Geschäfte abgeschlossen hatte.
Auch wenn Roarke Industries das mächtigste Konglomerat auf Erden war, hatte es, genau wie sein Besitzer, das Licht der Welt in den dunklen Gassen und schmutzstarrenden Straßen der Dubliner Slums erblickt.
»Das will ich nicht. Zumindest nicht sofort. Falls weder Charles noch Feeney etwas findet, komme ich vielleicht auf dein Angebot zurück. Aber es wäre mir lieber, wenn du keine Verbindung zu diesem speziellen Sektor herstellen würdest«, antwortete sie ihm.
»Meine Verbindung wäre nicht anders als die der beiden anderen, nur bekäme ich wahrscheinlich schneller etwas raus.«
»Doch, es wäre etwas anderes, weil ich im Gegensatz zu dir als Polizistin zu derartigen Recherchen nämlich ermächtigt bin. Aber etwas völlig anderes: Du kennst doch jede Menge Frauen...«
»Lieutenant! Dieser Teil meiner Vergangenheit ist ein Buch mit sieben Siegeln.«
»Meinetwegen. Worum es mir geht, ist, dass meines Wissens fast jeder Kerl einen bestimmten Frauentyp favorisiert. Frauen mit Grips, Frauen, die möglichst unterwürfig sind, sportlich oder was es sonst noch alles gibt.«
Er baute sich interessiert vor ihr auf. »Und welcher Frauentyp hat es mir, deiner Meinung nach, am ehesten angetan?«
»Du hast die Frauen so genommen, wie sie dir vor die Füße gefallen sind, hast also offenbar die Abwechslung geliebt.«
»Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass du mir vor die Füße gefallen bist.«
»Ich hoffe, das hast du inzwischen überwunden. Aber du zählst sowieso nicht zu den Männern, die ich meine. Denn du hattest es niemals nötig, im Internet auf Frauensuche zu gehen.«
»So, wie du das sagst, klingt es nicht gerade wie ein Kompliment.«
»Was ich damit ausdrücken will, ist, dass die meisten Menschen irgendwelche speziellen Erwartungen oder Wunschvorstellungen haben. Opfer Nummer eins war eine elegante, weltgewandte, wenn auch durchaus romantische Frau. Ihr Schrank quoll vor lauter schicken Klamotten beinahe über, und sie sah klasse aus. Hatte eine tolle Wohnung und war, wenn sie die Möglichkeit dazu bekam, sexuell aktiv. Sie war eine extrovertierte, offene und freundliche Person. Sie hat sich für Mode, Gedichte und Musik interessiert und ihr Geld für Kleider ausgegeben, für Besuche in Schönheitssalons und in guten Restaurants. Ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen, ob sie auf der Suche nach dem Mann fürs Leben war, aber sie hätte sich auf jeden Fall, wenn ihr jemand Ansprechendes über den Weg gelaufen wäre, nach Kräften mit ihm amüsiert.«
»Und«, warf ihr Gatte ein, »sie war abenteuerlustig genug, um sich einen möglichen Kandidaten bei einem Drink aus der Nähe zu betrachten.«
»Genau. Opfer Nummer zwei hingegen hatte einen soliden Mittelklasse-Hintergrund. Schüchtern, still, intellektuell. Hat ihr Geld gespart, um sich Bücher leisten zu
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