Das Lächeln des Killers
Art verstellt war.
Im Grunde allerdings war sie viel zu müde, um sich wirklich Gedanken darüber zu machen, ob sie vielleicht in Hoboken landen würde statt bei sich daheim. Schließlich fände sich auch in Hoboken sicher irgendwo ein Bett.
Die Müllwagen waren bereits unterwegs und rumpelten mit ihrem monotonen Wusch-Bang-Plopp am Straßenrand entlang, während die Arbeiter wie Schatten über die Bürgersteige huschten und die Müllcontainer und Recycler leerten, damit es Platz für neuen Abfall gab.
Mitglieder eines Bautrupps in reflektierenden, gespenstisch weißen Overalls rissen entlang eines halben Blocks die Straße auf, und durch das grauenhafte Surren ihrer wassergekühlten Bohrer wurde das widerliche Stechen in ihrer linken Schläfe noch verstärkt.
Als sie an einer roten Ampel warten musste, warfen einige der Typen ihr durch ihre Schutzbrillen lüsterne Blicke zu. Einer ging sogar so weit, sich in den Schritt zu fassen, ließ die Hüften kreisen und bedachte sie dabei mit einem Grinsen, das er mit seinem beschränkten Horizont wahrscheinlich sogar als anziehend empfand.
Dieses unwürdige Schauspiel riss ein paar seiner Gefährten zu brüllendem Gelächter hin.
Eve hatte die Grenze der Belastbarkeit eindeutig überschritten, denn sie schaffte es nicht mal mehr, wütend genug zu werden, um kurz aus ihrem Wagen zu steigen und mit ein paar gezielten Tritten in die Eier dieser Typen dafür Sorge zu tragen, dass ihnen ihr Lachen vorläufig verging.
Stattdessen legte sie den Kopf zurück und machte, während sich ihr Fahrzeug, als die Ampel umsprang, wieder in Bewegung setzte, erschöpft die Augen zu.
Um nicht in Tiefschlaf zu versinken, lief sie in Gedanken noch einmal durch Moniquas Apartment. Dieses Mal hatte der Kerl Champagner mitgebracht. Eve wusste, dass ihr Mann diese Marke vertrieb und dass keine Flasche für weniger als einen Tausender zu haben war. Unglaublich, dass es tatsächlich Menschen gab, die für ein bisschen Bitzelwasser so viel Geld bezahlten, dachte sie.
Dieses Mal hatte er die Gläser mit ins Schlafzimmer genommen, das übrige Szenarium allerdings stimmte mit dem während der ersten beiden Taten überein.
Gewohnheitstiere, dachte sie. Und sie wechselten sich offenbar wirklich regelmäßig ab.
Ob sie Punkte sammelten? Bei den meisten Spielen trat man gegeneinander an. Bei Moniqua hatte er sein Ziel verfehlt. Würde er versuchen, es doch noch zu erreichen? Oder wartete er in der Hoffnung ab, dass sie ihm diese Arbeit abnahm und doch noch starb?
Auf der Suche nach einer bequemen Position rutschte sie auf ihrem Sitz herum.
Später müsste sie Dr. Michaels anrufen und fragen, wie es Moniqua ging. Sie müsste die Beamten vor dem Krankenzimmer beim Schichtwechsel daran erinnern, dass es unerlässlich war darauf zu achten, dass niemand ohne Erlaubnis ihr Zimmer betrat. Als Ersten hatte sie den zuverlässigen Officer Trueheart eingeteilt. Auf ihn war eindeutig Verlass. Dann müsste sie versuchen, mehr über J. Forrester und Allegany herauszufinden, und sehen, ob Dr. McNamara inzwischen zu erreichen war. Sie müsste Feeney drängen, möglichst schnell in Erfahrung zu bringen, wem das Bankkonto gehörte, dessen Nummer ihr Charles gegeben hatte. Und sie dürfte nicht vergessen, weiter Druck zu machen, bis die Untersuchung des Computers aus dem Internet-Café endlich etwas ergab.
Bisher hatten sie keine Ahnung, woher die Rosen stammten. Das musste ebenfalls geklärt werden.
Sie müsste irgendetwas nehmen, um wieder halbwegs wach zu werden. Bevor ihr Schädel explodierte, warf sie allerdings zuerst mal eine blöde Schmerztablette ein.
Sie hasste Medikamente, egal in welcher Form. Entweder wurde man von dem Zeug benebelt, hundemüde oder sie putschten einen unnatürlich auf.
Medikamente hielten Moniqua jedoch zurzeit am Leben. Sie wurden ihr verabreicht, um ihr Herz zu kräftigen, die Hirndurchblutung anzuregen und weiß Gott was sonst noch alles, überlegte Eve. Wenn alles gut verlief, würde sie früher oder später wieder wach. Und gleichzeitig käme die Erinnerung zurück.
Sie wäre verängstigt, verwirrt, desorientiert. Wenigstens zu Anfang hätte sie das Gefühl, als hätte sich ihr Hirn aufgelöst. Sie würde Gedächtnislücken haben, und ein paar von diesen Lücken würden mit den unangenehmen Fragen, die man ihr nicht ersparen könnte, ausgefüllt.
Das Hirn, so wusste Eve, schützte sich vor allzu großem Grauen häufig dadurch, dass es Geschehnisse verdrängte und
Weitere Kostenlose Bücher