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Das Land am Feuerfluss - Roman

Das Land am Feuerfluss - Roman

Titel: Das Land am Feuerfluss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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war. Per Gesetz war es nicht erlaubt, die Ureinwohner im Pub zu bedienen. Aber der gerissene Bert umging das Verbot, indem er ihnen Bier aus dem hinteren Fenster verkaufte. Leider führte das zu ziemlich ernsten tätlichen Auseinandersetzungen, denn die Aborigines vertrugen kaum Alkohol. Derzeit setzten die Leute aus dem Ort Jake zu, etwas zu unternehmen, um Bert Einhalt zu gebieten. Dabei wird es nichts nützen, dachte Gwyneth, denn die Aborigines haben entdeckt, wie sie aus Beeren und Blättern des Busches einen höllischen Fusel herstellen können.
    Sie richtete die Aufmerksamkeit wieder auf ihr Zuhause. Das ursprüngliche Wohnhaus war vor langer Zeit abgebrannt, den Ersatz hatten Termiten zerstört. Stattdessen stand nun ein stabiles Holzhaus auf Betonpfeilern, die oben und unten mit Metall beschlagen waren, um die weißen Ameisen abzuhalten. Rings um das Haus führte eine Veranda, die an den heißen Tagen Schatten bot. Da es dort relativ kühl blieb, konnte man nachts hinter Fliegengittern schlafen, die fest angenagelt waren.
    Danny und sein Freund George Blake schliefen gern in den Ferien draußen. Gwyneth hatte den Verdacht, dass sie nachts häufig umherstreiften, was sie beunruhigte. Im Dunkeln war es im Busch gefährlich, auch wenn man sich noch so gut auskannte. Obwohl die beiden für gewöhnlich mit ihrem Kumpel Billy Blue, einem Aborigine, unterwegs waren, fand Gwyneth erst Ruhe, wenn sie die beiden zurückkommen hörte.
    Sie seufzte tief. Es tat gut, wieder junge Menschen um sich zu haben, denn fünf ihrer eigenen Kinder waren über ganz Australien verstreut. Gwyneth sah sie nur selten und hatte nur mit Bethanys Tochter Millicent engeren Kontakt, die vor Kurzem mit ihrem Mann in die Gegend gezogen war, weil er auf der Farm Carey Downs arbeitete.
    Hugh, ihr ältester Sohn, war der Einzige, der nach seiner Ausbildung als Arzt zurückgekehrt war, aber er war inzwischen Mitte fünfzig. Gwyneth wusste, dass die Arbeit ihm allmählich zu viel wurde, trotz der Fliegenden Ärzte und der unermüdlichen Hilfe von Jane und Rebecca. Sie hatten die leise Hoffnung gehegt, dass sein Sohn Terence die Familientradition vielleicht fortführen werde, sobald er seinen Abschluss hatte, doch Gwyneth bezweifelte das inzwischen, da sie seine Frau Sandra kennengelernt hatte, die überhaupt nicht in diese Gegend passen würde.
    Gwyneth wurde bewusst, dass sie mit ihren Tagträumen Zeit vergeudete. Dennoch stützte sie sich weiter auf den Stock und genoss den kühlen Schatten unter den Bäumen. Der Garten ist nicht gerade gepflegt, dachte sie, während sie die kahlen Flecken roter Erde zwischen den Grasbüscheln, die wuchernden Wandelröschen und das Unkraut betrachtete. Er war weit entfernt von den üppigen Rasenflächen und dem intensiv duftenden Rosengarten, an die sie sich noch aus Kindertagen erinnerte – allerdings war dies hier auch nicht Wales, und der Regen, der in den letzten drei Jahren gefallen war, hätte nicht einmal eine Teetasse gefüllt.
    Bei dem Gedanken an Tee kehrte Gwyneth zum Haus zurück. Als sie an dem großen Vogelkäfig vorbeikam, der neben der Fliegengittertür stand, wurde sie von dem Kakadu ihres verstorbenen Mannes begrüßt.
    »Hallo, hallo, hallo«, krächzte der Vogel, wobei er die schwefelfarbene Haube aufstellte und auf der Stange auf und ab wippte.
    »Hallo, Coco«, antwortete sie, während sie seine Wasserschale auffüllte und ihm ein paar Körner gab.
    »Hübscher Junge, hübscher Junge. Arrgh.« Coco rutschte auf der Stange hin und her, verlor das Gleichgewicht und konnte sich gerade noch festkrallen. Kopfüber schwang er hin und her und schlug mit den Flügeln. Der Name passte gut zu ihm, denn er war ein absoluter Clown.
    »Du bist ein alberner, alter Angeber«, flüsterte Gwyneth liebevoll. »Aber ich habe keine Zeit, den ganzen Tag rumzustehen und dir zuzuschauen. Ich muss einen Geburtstagskuchen backen.«
    Sie öffnete die Fliegengittertür und ließ sie hinter sich zuknallen, trat in das Halbdunkel des Hauses und ging in die Küche. Sie hatte alle Fensterläden geschlossen, um die Sonne draußen zu halten, brauchte aber kein Licht, denn sie kannte hier jede staubige Ecke.
    Rhys hatte die Welt bereist, bevor er seine zukünftige Frau kennenlernte, und begeistert Artefakte und Kuriositäten gesammelt. Gwyneth betrachtete diese Objekte hauptsächlich als Gerümpel, das man nicht einmal geschenkt haben wollte, hatte es aber nicht übers Herz gebracht, sich nach Rhys’ Tod auch nur von

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