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Das Land am Feuerfluss - Roman

Das Land am Feuerfluss - Roman

Titel: Das Land am Feuerfluss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Feind da unten war. Man würde alte Feindschaften begraben und neue Freundschaften schließen – und aus der Asche des Feuers würden neue Sprösslinge wachsen, um einen neuen Kreislauf des Lebens in Gang zu setzen.
    Der Leichenzug bewegte sich nun langsam die Straße entlang, und er vermutete, dass er für die Männer war, die im Feuer ums Leben gekommen waren. Er zog das Fernglas aus der Manteltasche und suchte die Straße ab. Infolge der gesprungenen Linse konnte er es nicht ganz scharf stellen, aber er versuchte es weiter und sehnte sich danach, die ach so geliebten Gesichter in der Menge zu finden.
    Doch da waren zu viele Menschen und zu viele Gesichter, die er nicht sehen konnte, weil sie von ihm abgewandt waren. Er zischte vor Enttäuschung und versuchte, die Sehschärfe erneut zu korrigieren, als die Versammlung sich allmählich auflöste. Dies war seine einzige Chance – und allem Anschein nach würde er sie verpassen.
    Aber dann sah er sie, und das Herz blieb ihm stehen. Sie stand Arm in Arm mit einer anderen jungen Frau; sie sprachen miteinander und lächelten. Er hätte sie überall erkannt – und selbst aus der Entfernung erkannte er, dass sie so schön war, wie er sie in Erinnerung hatte. Sein Herz klopfte schmerzhaft, als er sie lachen sah, und er unterdrückte das Verlangen, laut nach ihr zu rufen.
    Die Totenklage saß tief in seiner Kehle, als die beiden Jungen auf sie zuliefen. Das war es, wonach er sich gesehnt hatte; das war alles, was er zu erreichen gehofft hatte. Er sog den Anblick der beiden ein – die schöne Mutter und der geliebte Sohn –, und verfolgte mit sehnsüchtigem Blick jede ihrer Bewegungen, als sie den Friedhof verließen.
    Schweigend beschwor er sie, noch einmal stehen zu bleiben, damit er diesen kostbaren Moment ausdehnen könnte. Doch sie gingen weiter und waren schon allzu schnell außer Sichtweite. Er schloss die Augen, bewahrte die Szene in seinem Herzen und weinte stille Tränen um das, was hätte sein können.
    Kurz darauf steckte er Dannys Notiz in das Etui des Fernglases und ließ es oben auf dem Felsvorsprung stehen, wo es leicht zu finden war. Dann warf er sich den Seesack über die Schulter und entfernte sich von Morgan’s Reach. Die Wärme des Lächelns jener Menschen, die ihm nahestanden, vertrieb die Kälte der Nacht.
    Der Schmerz in seinem Bauch wurde stärker; bald würde er ihm erliegen. Aber er nahm noch eine Tablette, wild entschlossen, eine weit entfernte Stelle im Busch zu erreichen, die nur die Aborigines kannten. Auf seiner letzten Ruhestätte würde keine Gedenktafel stehen, und der Staub seines irdischen Körpers würde vom Wind fortgetragen, um eins zu werden mit der großen, offenen Ebene, die er so liebte.
    John Blake verlor jegliches Zeitgefühl. Aber als der Regen wieder einsetzte und die Dunkelheit hereinbrach, fühlte er sich gestärkt durch die Erkenntnis, dass er erreicht hatte, was er wollte, und dass Amy und sein Sohn George glücklich waren – und dass er nun in Frieden sterben könnte.

Über die Autorin
      
    Tamara McKinley wurde in Australien geboren und verbrachte auch ihre Kindheit im Outback des fünften Kontinents. Heute lebt sie an der Südküste Englands, aber die Sehnsucht treibt sie stets zurück in das weite, wilde Land, dessen faszinierende Facetten sie in jedem ihrer Australienromane zum Leben erweckt.
    Besuchen Sie die Autorin auf ihrer Website www.tamaramckinley.co.uk

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