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Das Land des letzten Orakels

Titel: Das Land des letzten Orakels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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den Plan von Snutworth – diese ganze Macht, die er in den Händen halten würde, wenn er Zugang zu Naru und den Geheimnissen jedes Einzelnen bekam. Nein, es hing noch mehr daran, er würde …
    Dann aber war dieser Moment vorbei, und Angst erfüllte ihn. Schreckliche, lähmende Angst. Mark wollte sich zusammenrollen, wollte den Kopf vergraben, um nicht daran zu denken, was Snutworth ihm antat, was er allen antun konnte. Er spürte, wie ihm Tränen die Wangen hinabliefen und die Innenseite der Maske verschmierten. Mittlerweile hörte er Lily deutlich; auch sie hatte Angst, Todesangst.
    »Aber ich kann es Ihnen doch nicht sagen«, rief sie gerade. »Sie haben es mir nie erzählt. Sie müssen mir glauben!«
    Wieso wusste sie es nicht? Warum hatte er es ihr nicht erzählt? Mark hätte sich am liebsten selbst geschlagen, und seine Arme spannten sich an, während ihn Wut erfasste. Er hätte am liebsten vor Wut geschrien, seine so genannte Freundin beschimpft dafür, dass sie ihn nie gefragt hatte, wie er zu ihr gelangt war. Er stieß einen Laut aus, halb Schrei, halb Fluch, doch die Maske saß stramm, und der Laut hallte nur in seinem eigenen Kopf wider.
    »Sie begreifen nicht, Miss Lilith«, sagte Snutworth, und allein sein Tonfall ließ Mark innerlich zusammenzucken. »Wenn Sie es mir jetzt sagen, wäre das für mich nützlich. Notwendig ist es jedoch nicht.«
    Er brauchte die Information gar nicht! Vielleicht würde er sie ja doch freilassen … vielleicht … Mark fühlte sich unbeschwert, und ihm war schwindlig. Plötzlich empfand er Liebe für alles und jeden. Bestimmt konnte Snutworth wieder versöhnlich gestimmt werden, bestimmt konnte Lily gerettet werden. Bestimmt konnten sie alle wieder nach Hause gehen, in den Tempel, wo Theo wartete und Ben und Cherubina … alle seine lieben, wunderbaren Freunde. Nun war jedes andere Gefühl aus dem Weg geräumt, er war frei von Sorgen, Angst und Wut. Nun blieben bloß noch Liebe und Freude, an jedem und allem …
    Dann war auch das weg. Einen kurzen Moment empfand er ein heftiges Gefühl von Verlust. Schließlich war auch das verschwunden. Und nichts blieb übrig.
    »Sehen Sie, Miss Lilith«, sagte Snutworth, während er die Maske von Marks Gesicht löste, »es spielt keine Rolle, ob Sie es mir sagen, weil Mr Mark es weiß.« Er schaute Mark in die Augen. Der erwiderte blinzelnd seinen Blick.
    »Ja?«, fragte er mit träger, langsamer Zunge.
    »Sagen Sie mir, wie man hinab nach Naru gelangt.«
    Mark schaute Snutworth an. »Warum?«, fragte er.
    »Finden Sie diese Riemen unbequem?«
    Mark blickte hinab. Die Riemen verursachten ihm Schmerzen in den Armen. »Ja«, sagte er wahrheitsgemäß.
    »Wenn Sie es mir sagen, binde ich Sie los.«
    Mark nickte. »In Ordnung. Der Abstieg befindet sich im alten Haus des Letzten, im Jungfrau-Bezirk.«
    Mark hörte, dass Lily aufkeuchte, war sich jedoch nicht sicher, warum. Als der Direktor seinen Kopf von den Fesseln befreite, sah er ein Gewirr von Glasröhren an der Decke, gefüllt mit zischenden Gasen. Noch während er hinschaute, kondensierten sie zu Flüssigkeiten unterschiedlichster Färbung, die in eine Reihe winziger, auf einem Regal stehender Glasfläschchen strömten.
    »Sie wollten wissen, was mit Mr Owain geschehen ist?«, fragte der Direktor. »Folgendes: Es ist recht einfach, Informationen von jemandem zu erlangen, wenn es diesem gleichgültig ist, wer sie besitzt.«
    Mark kratzte sich an einer juckenden Stelle an seinem Arm. Alle Riemen waren gelöst, doch er sah keinen Grund aufzustehen. Es gab keinen anderen Platz, auf den er sich hätte setzen können, seine Glieder fühlten sich schwer an, und er war müde. Träge blickte er sich im Raum um. Er sah, dass Vater Wolfram damit begann, die Glasflakons einzusammeln, die vermutlich seine Gefühle enthielten. Rechts neben ihm weinte Lily, und ihre Tränen tropften auf den Steinfußboden. Er schaute einen Moment zu, wie sie durch eine Spalte zwischen den großen Steinplatten rannen, verlor aber schnell das Interesse.
    »Also, Miss Lilith«, fuhr der Direktor fort. »Ich werde Sie nun freilassen. Wie Sie wissen, müssen Gefühle, wenn sie wirklich zurückkehren sollen, binnen eines Tages von ihrem Besitzer wieder absorbiert werden, andernfalls sind sie für immer verloren. Sollten Sie versuchen zu fliehen oder Probleme verursachen, wird Vater Wolfram die Fläschchen zerstören. Ich denke, ich habe mich klar ausgedrückt.«
    Lily nickte und biss sich auf die Lippen. Mark

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