Das Landmädchen und der Lord
verabredet, und ich werde meinem Onkel Booker bei einer Besichtigungstour über das Landgut Gesellschaft leisten. Hoffentlich wird dir dein Spaziergang mit meinem Neffen Freude bereiten.“
„Ja, gewiss“, antwortete sie verwirrt.
Warum redete er so höflich mit ihr? Wie in den Londoner Salons … Würde er sie immer so behandeln? Das wünschte sie sich nicht. In ihrer Fantasie stellte sie sich eine Ehe ganz anders vor. Aber dies war kein Traum, sondern die Realität.
Nachdenklich ging sie ins Haus. Nun musste sie den Pferdegeruch von ihren Händen waschen und sich für den Lunch umkleiden.
Auf der Treppe kam ihr Miss Hazledeane entgegen. „Sie sollten sich beeilen, Miss Hampton. Sonst könnten Sie zu spät im Speiseraum eintreffen. Sicher möchten Sie die Gäste nicht warten lassen. Auch wenn Sie Lord Pendleton heiraten …“
Der unfreundliche Tonfall überraschte Susannah. Was mochte sie verbrochen haben, um Jennys Feindschaft zu verdienen? Doch sie ging wortlos weiter, weil sie einen Streit vermeiden wollte.
Nachdem Susannah sich frisch gemacht und umgezogen hatte, eilte sie zum Speisezimmer hinunter. Die meisten Gäste waren bereits erschienen und bedienten sich am Buffet.
Vor dem Serviertisch stand Miss Hazledeane neben Harry und lächelte ihn an, während er einen Teller für sie füllte. Dann warf sie Susannah einen spöttischen Blick zu, trug ihren Lunch zum Tisch und setzte sich.
Susannah wählte kalten Lammbraten mit Minzsauce, grüne Bohnen und kleine neue Kartoffeln. Auf dem Weg zum Tisch sah sie Harry zwischen einer seiner Tanten und Max Coleridge sitzen. Aufmerksam hörte er der alten Dame zu, bis sie sich zu der Person auf ihrer anderen Seite wandte und begann mit seinem Freund zu plaudern.
Worum es bei diesem Gespräch ging, verstand Susannah nur teilweise, da sie weiter unten am Tisch Platz genommen hatte. Doch sie nahm an, es würde sich um Pferde handeln.
„Wie gefällt Ihnen Pendleton, Miss Hampton?“
Lächelnd antwortete sie dem Earl of Ravenshead, der rechts von ihr saß. „Oh, sehr gut, Sir. Heute Vormittag fuhr Lord Pendleton mit mir aus. Aber er zeigte mir wohl nur die Hälfte der Ländereien, weil wir die breiten Straßen benutzten, damit ich lernen konnte, mein neues Gespann zu lenken. Sicher gibt es viele Reitwege auf dem Besitz. Heute Nachmittag werde ich zum See wandern.“
„Zweifellos werden Sie diesen Spaziergang genießen. Es ist ein natürlicher See, der vergrößert wurde. Soviel ich weiß, hält Harry sich nicht besonders gern in Pendleton auf. Er zieht einen kleineren Landsitz vor, den er besucht, wann immer er Zeit findet. Hier verbringt er jedes Jahr nur ein paar Wochen.“
„Ja, ich glaube, das hat er erwähnt.“
„Diese großen Herrschaftshäuser eignen sich natürlich hervorragend für Familienversammlungen. Aber ich verstehe Harry. Auch mir würde es widerstreben, in Pendleton zu leben.“
„Wie ich gehört habe, besitzen Sie ebenfalls ein Landgut, Sir.“
„So groß wie dieses ist es nicht. Es war mit Hypotheken belastet. Glücklicherweise konnte ich die Schulden meines Vaters bezahlen, doch ich weiß nicht, ob ich dort leben werde.“
„Wollen Sie Ihren Familiensitz verkaufen?“
„Ja, möglicherweise.“ Nachdenklich betrachtete er Amelia, die auf der anderen Seite des Tisches saß. „Ich habe überlegt, ob ich ins Ausland ziehen soll, aber da meine Pläne noch nicht feststehen …“
„Sicher würden Ihre Freunde Sie vermissen, wenn Sie England verlassen …“ Susannah errötete. „Oh, verzeihen Sie, so freimütig dürfte ich nicht sprechen.“
„Da Sie mit Harry verlobt sind, halten Sie mich hoffentlich für einen Freund“, erwiderte der Earl lächelnd, „und Sie können Ihre Gedanken offen aussprechen.“
Sollte sie Amelia verraten, was sie soeben erfahren hatte? Lieber nicht … Was er beabsichtigte, musste er ihr selber mitteilen.
Wie vereinbart, trafen sich Susannah und Toby nach dem Lunch in der Halle. Lächelnd bot er ihr den Arm. „Bei Tisch sah ich Sie mit dem Earl of Ravenshead plaudern. Da er dem Four-in-Hand angehört, wird er zusammen mit den anderen Clubmitgliedern entscheiden, ob sie mich aufnehmen möchten. Bisher habe ich vergeblich versucht, mit ihm zu reden. Vielleicht gelingt es mir heute Abend nach dem Dinner.“
„Am besten im Billardsalon“, schlug sie vor. „Fordern Sie ihn zu einer Partie auf.“
„Was für eine gute Idee!“ Langsam schlenderten sie dahin und verließen den Park.
„Heute
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