Das lange Lied eines Lebens
sie auf dem Frühstückstisch gesalzenen Fisch,Yams und gepökeltes Schweinefleisch verlangte, nicht aber eingelegte Zunge; weder konnte sie den Anblick ertragen noch den Geschmack? Und dass ihr, wenn sie ihr Bittersalz eingenommen hatte, der Rücken massiert werden musste, damit sie die Blähungen, die sie so plagten, durch Rülpsen oder Furzen abgehen lassen konnte? Wen anderes als July konnte die Missus rufen, um sich im Esszimmer aus dem Zuckerrohrstuhl hieven zu lassen, wenn dieser unter der großen Belastung wieder einmal zersplittert war? Und wenn sie mit einem hartnäckigen Pickel am Kinn zur Bettruhe gezwungen war, wollte sie nur July um sich haben.
Als July also an jenem Tag den Kopf hob und ihre Schluchzer hinunterschluckte, um endlich dem Befehl ihrer Missus zu gehorchen und ihr das Ausmaß der Beschädigung zu zeigen, die das schöne Musselinkleid erlitten hatte, war ihr Gesicht feucht von echten Tränen, ihre flehenden Hände zitterten, ihr Atem flog vor Beklommenheit, und doch machte sich unsere July genau wie Godfrey nicht wirklich Sorgen.
SIEBENTES KAPITEL
» Wir müssen beides haben, Schildkrötensuppe und Gemüsesuppe. « Mit diesen Worten begann Caroline Mortimer, der Köchin Hannah Befehle für das Weihnachtsessen zu erteilen, das vorbereitet werden musste. »Und dann natürlich Hammelfleisch, Taubenpastete und Perlhühner«, fuhr sie fort.
Vielleicht, geneigter Leser, bist du mit den westindischen Plantagenbesitzern und ihrem legendären Appetit vertraut. Möglicherweise hattest du schon einmal Gelegenheit, sie an deiner Tafel zu bewirten, und hast gesehen, wie deine Hausdiener hin und her gehastet sind, um sie zu bedienen. Wenn dies der Fall ist, dann wirst du auch wissen, dass das Fleisch so manch einer armen Kreatur geopfert werden muss, um diese Gierschlünde zufriedenzustellen.
Das Festessen war für zwölf Personen ausgerichtet, die an John Howarths Tafel sitzen sollten, um die Weihnachtszeit festlich zu begehen und vielleicht jene Veränderung seines Gemütszustands herbeizuführen, um die Caroline für das Jahr 1831 so sehr gebetet hatte. Denn in all den Jahren, seit seine Frau Agnes bei ihrer letzten unnützen Niederkunft aufgeschrien hatte, war er noch immer der traurigste Witwer auf der ganzen Insel.
Godfrey, der sich sämtliche Anweisungen im Stehen angehört hatte, hielt den Kopf zur Seite geneigt. Die dienstfertige Geste erweckte den Eindruck, als lausche er den Worten seiner Missus, während er in Wahrheit aus dem Fenster blickte, zu einem Baum, der in einiger Entfernung vom Haus stand. Denn in den Zweigen konnte er deutlich den weißen Baumwollunterrock der Missus erkennen. Dieser war am Morgen dort
hinaufgeweht, nachdem July ihn achtlos auf dem Boden hatte liegen lassen. Ein starker Luftzug hatte ihn erfasst, und jetzt hing er im Baum fest und flatterte fröhlich wie ein Wimpel am Mast eines Schiffes. Bald wanderten Godfreys Augen zurück zu seiner Missus, die gerade sagte: »Wir müssen die besten Käsesorten haben«, denn er wollte nicht, dass sie seinem Blick folgte und sah, wie Byron auf Julys Befehl den schwachen Versuch unternahm, das herrenlose Kleidungsstück mit einem Stecken abzupflücken.
»Einen gekochten Schinken und einen Truthahn, vielleicht auch zwei«, fuhr die Missus fort, »und Schildkröte in der Schale, wenn’s denn sein muss, aber könnten wir in der Stadt nicht nachfragen, ob’s Rindfleisch gibt? Geschmorte Enten – vier, wenn sie zu haben sind. Und Käse, habe ich Käse erwähnt?«
Dies waren nicht die einzigen Anordnungen, die die Missus in der Angelegenheit des Weihnachtsessens getroffen hatte. Wäre dem so gewesen, kein Plantagenbesitzer in Jamaika hätte dies für einen Großeinkauf gehalten. In jeder Ecke des Saales sollten Kerzen aufgestellt werden. »Das habe ich auf Prosperity gesehen«, sagte die Missus zu Godfrey. »Über zweihundert brannten da in einem Zimmer, das kleiner war als unser Speisesaal. Und Elizabeth Wyndhams Mann produziert weniger Fässer Zucker im Jahr als mein Bruder.Wir brauchen so viele, wie wir bekommen können. Und ist das Schwein schon geschlachtet worden?«
»O ja, Missus.«
»Dann möchte ich es gebraten, nicht gepökelt, damit es sich hält.« Es sollte Whisky, Wein, Bier, Apfelmost, Brandy und Rum geben, Wassermelonen, Mangos, Papaus, Sapotillen, Annonen und Grandillen. »Und schau nach, ob die Konfitüre aus England eingetroffen ist, Erdbeere oder Zwetschge. Dass mir ja kein Guaven-, Ingwer- oder gar
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