Das Leben dahinter (German Edition)
plus.
Miles musste sich eingestehen, dass er auch diese Partie verloren hatte, legte den Zeigefinger auf die zackige Krone des Königs und warf ihn um. Die Französische Revolution wäre froh gewesen, Louis so problemlos absetzen zu können.
„Sieht gestresst aus, die Kleine.“
Ohne mit der Wimper zu zucken und ohne jegliche gönnerhafte Bemerkung zu seinem erneuten Sieg, schnappte sich Robert seine Figuren auf dem Feld, die Geschlagenen vom Rand, Miles‘ Witwen und Waisen und den toten König. Dann bereitete er mit gelassener Bedächtigkeit ein neues Spiel vor.
„Ja, irgendwas ist mit ihr los“, sagte Miles. „ ich wünschte, ich würde an sie rankommen. Aber sie mag mich nun mal nicht besonders.“
„Woran liegt das?“
Roberts Hände bewegten sich zielsicher über das Schachbrett.
„Ach , ich denke, sie ist nie darüber hinweg gekommen, dass ihre Mutter mich verlassen hat. Mal davon abgesehen ist Martha – also ihre Mutter – sicher nicht ganz unschuldig daran. Wer weiß, was sie über mich erzählt hat. Sie konnte mich nicht besonders gut leiden.“
„Das ist in den seltensten Fällen so , wenn man sich von jemandem verabschiedet.“
Miles konnte ein Lächeln um Roberts faltige Lippen aufblitzen sehen, doch er sah Miles nicht an , sondern war weiter mit dem Aufbau beschäftigt.
„Naja, ich hab sie eben gehen lassen“, bemerkte Miles.
Robert blickte ganz kurz fragend auf.
„Ich hab irgendwann aufgehört, noch etwas in diese Beziehung zu investieren, dachte, ich würde sie nicht mehr lieben. War kaum zuhause und wenn, hat mich beinahe jedes Wort, was Martha zu mir sagte, unglaublich genervt. Ich wollte einfach nur mal meine Ruhe haben. Für fünf Minuten, aber sie hat nicht aufgehört zu reden oder rumzukramen. Und bevor du jetzt die falschen Schlüsse ziehst… Nein, ich hab sie nie geschlagen oder so. Ich bin nicht einmal laut geworden. Sowas ist wirklich nicht mein Stil.
Aber ich hab ihr nicht mehr zugehört, hab nur noch das Nötigste geantwortet, hab sie nicht mehr ausgeführt oder so. Das war eine komische Phase in meinem Leben. Zum Schluss ist sie nur noch wegen Caitlin mit mir zusammengeblieben, das konnte ich spüren. Und es gefiel mir ganz und gar nicht, doch ich hab es einfach weiterlaufen lassen. Wie gesagt, ich war komisch zu dieser Zeit.
Und dann hat sie jemand anderen kennengelernt. Da war es dann einfacher, mich zu verlassen. Caitlin war schon sechs und hatte sich scheinbar schnell an Marthas Neuen gewöhnt. Douglas hieß er…“
Miles wollte sich gerade selbst korrigieren und sagen „ Ich meinte, Douglas heißt er!“, aber stellte dann fest, dass er natürlich ebenfalls tot sein musste.
„Ich hab’s ihr nicht mal übelgenommen. Keine Ressentiments gegen sie oder gegen Douglas. Warum auch? Ein Teil von mir wollte es ja so haben, außerdem fand ich ihn sympathisch, als ich ihn mal kennengelernt hab. Aber im Nachhinein habe ich sie dann sehr oft vermisst und erst recht Caitlin. Und inzwischen weiß ich gar nicht mehr, warum ich aufgehört hatte, um unsere Beziehung zu kämpfen. Die Gefühle waren ja eigentlich noch da! Aber jetzt ist es zu spät. Martha ist tot, Douglas ist tot und ich wette, Caitlin gibt mir auch dafür die Schuld.“
„Wollen wir wieder?“
Miles wusste kurz nicht, wovon Robert sprach und als es ihm klar wurde, wusste er nicht, warum er diesem alten Mann, den er eigentlich kaum kannte, das alles erzählt hatte. Interessierte es ihn überhaupt? Wahrscheinlich nicht sonderlich. Trotzdem war er ihm dankbar, egal wofür…
Miles lächelte Robert an und machte den ersten Zug. Bauer auf E-3! Er wollte diesmal seine Dame für einen schnellen Erstschlag befreien, glaubte aber kaum, dass es Früchte tragen würde.
Noch bevor Robert zu einem Zug ansetzen konnte, zischte hinter Miles die Tür auf. Janine stand da und grinste Robert breit an.
„ Von zwanzig Leuten weiß ich bisher, dass sie auf unserer Seite sind“, sagte sie fröhlich.
Sie setzte sich zu ihnen und betrachtete das Spielbrett, wobei sie die Beine zu einem Schneidersitz verschränken musste. Robert und Miles saßen wieder einmal auf dem Boden.
„Ist ganz schön anstrengend, mit den Leuten darüber zu reden. Hast du schon mal das Spiel Tabu von der Erde gespielt? So kommt mir das immer vor. Bloß keine falschen Worte benutzen! Aber ich denke, ich werde die Überwachung hier im Quartier einfach abschalten können. Dann können wir sie hierher einladen.“
Sie hatte die ganze Zeit
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