Das Leben dahinter (German Edition)
bläulichen Lichtpunkt am Firmament. Wie eine ersterbende Sonne, die sich, kurz bevor sie zu einer kleineren Version ihrer selbst oder gar zu einem schwarzen Loch zusammenfiel, noch einmal zu einem riesigen leuchtenden Gebilde aufblähte. Und dies geschah blitzschnell zu tausenden Miniaturen. Eine Schar von Lampyridae, die auf unheimliche, doch wunderschöne Weise glitzerten, tummelte sich direkt vor seinen Augen und eine erstaunliche Vision tat sich in ihm auf. Davon, wie sich die abfallenden Energieknoten dieses expandierenden Universums in einem Zusammenschluss von wahrnehmbaren Partikeln subsummiert hatten und sich dessen kristalline Resultate nun mit etwas gänzlich Unbekanntem vermischten. Es war als hatte sich die Realität um das Objekt herum großflächig verändert.
Und diese glitzernde Mixtur schien ihn nun zu sich zu rufen.
Nein, sie schien nicht nur, sie tat es wirklich! Eine leise emotionale Stimme aus den Tiefen seines Unterbewusstseins bat ihn zu sich, das konnte er nun genau spüren. Es war kein direkter vokaler Gedanke wie Komm her! sondern vielmehr ein warmes Gefühl bei jedem Schritt darauf zu, das sich trotz der eindringenden Kälte in seinem Innersten ausbreitete. Eine Flut von Botenstoffen schien durch das Objekt losgebrochen worden zu sein, die durch die entsprechenden Rezeptoren in seinem Vorderhirn eine Belohnung für jeden Schritt erzwangen. Diese neurochemische Aufforderung musste direkt von dem Objekt ausgehen und nun seine Handlungen bestimmen.
Widerwillig blieb Johannson stehen, denn er spürte, dass er, wenn er nur noch ein kleines Stück weiterlief, nicht mehr in der Lage wäre, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Zu heftig arbeitete sein Nucleus accumbens daran, ihm sein Handeln zu diktieren. Was auch immer dieses Ungleichgewicht verursachte, es brachte ihn dazu –
Wie eine Venusfliegenfalle! dachte er plötzlich alarmiert. Oder eine Lichtquelle als Stimulus für Insekten!
Zu dem Glücksgefühl, auf das Objekt zugehen zu können, schaltete sich nun seine Profession ein. Und das Ganze war ihm nicht geheuer. Egal was es war, aber wenn dieses Objekt mit derart billigen Tricks arbeitete, um ihn zu sich zu holen, eine Agentivität in ihm hervorzurufen, die ihn dazu zwang sich darauf zu zubewegen, konnte das doch nichts Gutes bedeuten. Dem Drang des Weiterlaufens zu widerstehen fiel Johannson schwer, aber er wusste schließlich auch, warum es so war. Ihm wurden schon oft in seinem Leben emotionale Kälte und übermäßige Abgeklärtheit vorgeworfen – wahrscheinlich zu Recht – doch nun halfen sie ihm, seine Lage zu erkennen, zu parametrisieren und zu analysieren.
Er versuchte, ein paar Schritte zurück zu machen, dabei verkeilten sich jedoch die verbreiterten Schuhsohlen im Untergrund und er fiel rücklings in den Schnee, noch immer mit den Augen dem Tanz der Lichtkristalle in der Luft folgend.
Hinter ihm loderte die Fackel und aus den Augenwinkeln, nahm er einen Schatten war, der sich hastig auf der linken Seite hinter ihm heranbewegte. Er wendete aber den Blick nicht vom Objekt ab. Er war noch zu nahe, um sich wirklich davon lösen zu können…
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Immer schneller stapfte sie durch den Schnee, um endlich anzukommen. Sie bemerkte nicht mehr, dass Johannson neben ihr im Schnee saß, sondern spürte nur die allumfassende Präsenz des Objektes, zu dem sie nun unbedingt gelangen musste. Die Kälte war verschwunden, obwohl sie der schneidende Wind noch immer traf. Sie spürte ihn nicht mehr. Das Objekt strahlte etwas aus, das alles andere – das Pfeifen des Windes, ihre Gedanken und die unwirtliche Umgebung – leise, einfach und warm werden ließ. Und je näher sie kam, desto mehr spürte sie dieses Gefühl, desto tiefer grub es sich in sie ein. Es war so richtig, so rein, so perfekt. Alles war in Ordnung! Die tanzenden Schneeflocken begrüßten sie fröhlich wie in einem Varieté.
Offenbar schrie ihr Johannson etwas nach, doch hörte sie es kaum und verstand es ohnehin nicht. Es war auch egal. Gleich war sie da, nur das allein war wichtig. Nur noch wenige Schritte.
Sie streckte die Hand nach dem Objekt aus und schien dabei das pure Glück berühren zu können.
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„ Bleiben Sie stehen, Alka! “, schrie er so laut er konnte, doch er wusste, dass es sinnlos war. Zu nahe war Singh schon bei dem Objekt und zu schnell wurden die Schallwellen vom Wind verschlungen. Außerdem hätte ihn selbst in der Entfernung, in der sie zu dem Objekt stand, vermutlich
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