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Das Leben, das uns bleibt (German Edition)

Das Leben, das uns bleibt (German Edition)

Titel: Das Leben, das uns bleibt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Beth Pfeffer
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Beste. Dann habt ihr auch wieder mehr zu essen.«
    »Sehr nobel von dir, danke«, sagte ich. »Aber wir würden lieber mit dir zusammen hungern.«
    Alex lachte. Ich finde das jedes Mal überraschend.
    Und dann überraschte er mich gleich wieder. »Du wärst das Mädchen meiner Träume gewesen«, sagte er. »Vorher. Schön, klug, witzig und großzügig.«
    »Aber das bin ich gar nicht«, sagte ich. »Ein Traum, meine ich. Ich bin doch hier. Du bist hier. Warum musst du gehen?«
    »Weil es das Beste ist«, sagte er. »Vielleicht nicht gerade jetzt, in diesem Moment, aber für die Zukunft.«
    »Ihr macht mich noch verrückt«, sagte ich. »Du. Charlie. Ihr alle. Ihr redet über die Zukunft, als gäbe es nicht den geringsten Zweifel, dass wir eine haben.«
    »Man muss doch an die Zukunft glauben«, sagte Alex. »Ohne sie hat das Leben keinen Sinn.«
    »Du hast gut reden!«, rief ich. »Du hast deinen Glauben, deine Kirche. Ich hab das alles nicht. Jedenfalls nicht mehr.«
    Ich hätte erwartet, dass Alex sich ärgern würde, aber das tat er nicht. »Man muss nicht an die Kirche glauben«, sagte er. »Nicht einmal an Gott. Nur daran, dass die Menschen etwas verändern können.«
    »Nein«, sagte ich. »Auch da bin ich mir nicht mehr sicher.« Einen Moment lang sah ich den toten Mann mit seinem Hund vor mir. »Wir sind alle hilflos. Wir können nichts tun. Auf nichts vertrauen.«
    »Vertrau einfach auf den nächsten Tag«, sagte Alex. »Bisher hat es in deinem Leben immer ein Morgen gegeben. Ich versprech dir, dass das Leben weitergeht.«
    »Vertraust du auf morgen?«, fragte ich.
    »Das muss ich«, sagte er. »Julie zuliebe.«
    »Aber uns vertraust du nicht«, sagte ich. »Du glaubst nicht, dass wir uns um Julie kümmern können.«
    Sein Schweigen war Antwort genug.
    »Du vertraust eigentlich nichts und niemandem«, sagte ich. »Nicht wirklich. Weder deinem Gott noch deiner Kirche. Und schon gar nicht auf morgen. Nicht mal Carlos vertraust du noch. Du tust nur deshalb, was er sagt, weil es für dich das Einfachste ist.«
    »Das ist nicht wahr«, sagte Alex. »Du verstehst das nicht.«
    »Ich verstehe das sehr gut«, sagte ich. »Aber es ist mir egal. Ich bin kein Mädchen aus einem Traum. Ich bin ein echter Mensch mit echten Gefühlen. Wie sollte ich auf den nächsten Tag vertrauen? Der nächste Tag macht mir nur Angst. Ich habe Angst, wenn ich morgens aufwache. Ich habe Angst, wenn ich abends ins Bett gehe. Jeder nächste Tag, den ich erlebt habe, hat mir dasselbe gebracht wie der davor: Hunger, Angst und Einsamkeit. Genau wie dir und allen anderen. Nur machst du alles noch schlimmer, denn wenn wir dich bitten, unseren Hunger, unsere Angst und unsere Einsamkeit zu teilen, wendest du dich von uns ab. Aber so groß mein Hunger, meine Angst und meine Einsamkeit auch sein mögen, ich hab noch nicht aufgehört, andere Menschen zu lieben. Du schon. Oder vielleicht hast du noch nie jemanden geliebt. Vielleicht bestand dein ganzes Leben nur aus Träumen.«
    Alex riss mich an sich. Ich wusste, dass er das tun würde. Ich wusste auch, dass er mich küssen würde. Er tat es. Ich küsste ihn zurück. Es war kein Traummädchen-Kuss. Kein zärtlicher Kuss. Nicht mal ein leidenschaftlicher. Es war nicht so, wie ich früher schon geküsst worden bin.
    In seinem Kuss lag so viel Wut. In meinem auch. Wir spürten sie wie eine elektrische Spannung. Als wir uns voneinander lösten, zitterten wir beide.
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Alles.« Er machte eine so ausladende Armbewegung, als wollte er für all das Schreckliche, das im letzten Jahr in meinem Leben passiert war, die Verantwortung übernehmen.
    »Schon okay«, sagte ich. »War ja nur ein Traum.«
    Den Rest des Wegs ging ich allein zurück.
    19. Juni
    Ich hatte befürchtet, jemand würde vorschlagen, dass Alex und ich heute die Lebensmittel aus der Stadt holen, aber zum Glück sind Dad und Jon gefahren.
    Alex und Julie sind heute Abend vorbeigekommen, um sich zu verabschieden und sich für unsere Gastfreundschaft zu bedanken. Julie sah ziemlich fertig aus. Alex nicht viel besser. Als sie wieder weg waren, ist Jon in sein Zimmer gerannt und seitdem nicht mehr herausgekommen.
    Ich wünschte, Alex wäre endlich weg. Ich wünschte, er würde niemals gehen.

20. Juni
    Heute ist offizieller Sommeranfang.
    Ich habe aufs Thermometer geguckt. Fast fünfzehn Grad. Dann fing es an zu regnen und hat seitdem nicht mehr aufgehört.
    Jon hatte den ganzen Tag miese Laune. Ich auch. Matt und Syl

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