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Das Leben, das uns bleibt (German Edition)

Das Leben, das uns bleibt (German Edition)

Titel: Das Leben, das uns bleibt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Beth Pfeffer
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Tüten auf unsere Räder luden. »Können wir nicht irgendwas machen?«
    Matt schüttelte den Kopf. »Ich glaube, du machst dir unnötig Sorgen. Wer bis jetzt überlebt hat, der ist auch stark genug, um in die Stadt zu kommen. Die Alten und Kranken sind längst weggegangen oder gestorben. Denk nur an Mrs Nesbitt. Die war kerngesund, bevor alles losging, und sie hat es trotzdem nicht überlebt.«
    »Dann gibt’s jetzt nur noch solche wie uns«, sagte ich. »Jung und gesund.«
    »Vermutlich«, sagte Matt. »Nur wer stark ist, überlebt. Und wer Glück hat.«
    Kaum zu glauben, dass wir, trotz all der schrecklichen Dinge, die wir erlebt haben, noch Glück gehabt haben sollen.
    Aber wir haben genug zu essen, ein Dach über dem Kopf und eine Familie. Wenn man dann noch die heilen Knochen und den etwas weniger grauen Himmel dazuzählt, können wir wohl wirklich von Glück sagen.
    4. Mai
    Heute gab es vier Stunden lang Strom, mitten am Tag. Ich kann mich nicht erinnern, wann wir zuletzt so lange am Stück Strom hatten, und dann auch noch zur besten Zeit.
    Mom und ich kippten Regenwasser in die Waschmaschine und wuschen erst die gesamte Bettwäsche, dann alle Hemden und Hosen und am Schluss die Unterwäsche. Auch der Trockner lief lange genug, um alles wieder trocken zu kriegen. Bis auf die Unterwäsche – die haben wir im Wintergarten auf die Leine gehängt. Früher wäre mir das peinlich gewesen. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt.
    Allerdings wird das Waschpulver allmählich knapp. Und auch ein paar andere Sachen: Zahnpasta, Taschentücher, Shampoo. Jetzt, wo wir fürs Erste genug zu essen haben, kann ich mir endlich mal Gedanken um unsere Seifenvorräte machen.
    Da die Matratzen schon mal abgezogen waren, haben Matt und Jon sie gestapelt und den Boden im Wintergarten gewischt. Ich ging aufs Ganze und fragte, ob wir vielleicht die Bretter vor den Fenstern wieder abnehmen könnten. Matt hatte sie angebracht, als es plötzlich so kalt geworden war. Aber obwohl es jetzt draußen alles andere als warm ist, sinkt die Temperatur doch nur noch selten unter null.
    Mom überlegte kurz und nickte dann. »Nur zu.«
    Jon und ich holten zwei Hämmer, um die Nägel rauszuziehen. Jetzt haben wir wieder Fenster. Mit dem Feuer im Ofen, dem Regen im Hintergrund und dem Geruch nach sauberer Wäsche wirkt der Wintergarten fast schon gemütlich.
    Wenn es Strom gibt, stellt Mom meist als Erstes das Radio an, damit sie die Nachrichten hören kann, ohne dabei Batterien zu verbrauchen (die werden nämlich auch langsam knapp). Aber heute ging sie rauf, holte einen CD-Player runter und legte Simon & Garfunkel auf.
    »Mir fehlt die Musik«, sagte sie.
    Ich kann nicht behaupten, dass mir Simon & Garfunkel besonders gefehlt hätten, aber es war trotzdem schön, »Bridge Over Troubled Water« zu hören. Das haben wir vor Millionen Jahren mal im Schulchor gesungen.
    Wenn es regnet, kann man vergessen, dass der Himmel auch sonst immer grau ist. Und dass man friert, ist bei so einem trüben, feuchten Wetter doch völlig normal. Schlechtes Wetter = gute Laune.
    Oder besser: schlechtes Wetter plus Strom.
    5. Mai
    »Ich hab über ein paar Dinge nachgedacht«, sagte Matt beim Mittagessen.
    Ich hatte auch nachgedacht – über Nagellack. Aber das behielt ich lieber für mich. »Worüber denn?«, fragte ich stattdessen.
    »Zum einen darüber, dass Jon und ich, wenn wir noch länger hierbleiben wollen, wieder anfangen sollten, Holz zu hacken.«
    »Ich mag gar nicht dran denken, dass ihr dann wieder den ganzen Tag da draußen seid und mit leerem Magen Schwerstarbeit verrichten müsst«, sagte Mom.
    »Einer muss es ja machen«, sagte Matt. »Aber vorher sollten Jon und ich vielleicht noch was anderes ausprobieren.«
    »Was denn?«, fragte Jon.
    »Wir wissen jetzt, dass wir in nächster Zeit noch genug zu essen haben werden«, sagte Matt. »Aber ein bisschen mehr könnte nicht schaden. Außerdem kann ich mich kaum noch erinnern, wann wir das letzte Mal Proteine bekommen haben. Der Regen hat mich auf eine Idee gebracht. Im Frühjahr wandern doch immer die Alsen den Delaware River hinauf.«
    »Das tun sie aber schon im April«, sagte Jon.
    »Vielleicht sind sie dieses Jahr ein bisschen später dran«, sagte Matt. »Jetzt können wir wenigstens sicher sein, dass das Flusseis geschmolzen ist. Keine Ahnung, wie viele Fische es noch gibt, aber einen Versuch ist es wert.«
    »Wann fahren wir los?«, fragte Jon. »Und wie lange bleiben wir weg?«
    »Sekunde mal«,

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