Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter de Bruyn
Vom Netzwerk:
Widerschein des inneren Feuers hat nicht die Wärme, nur die Farbe des Feuers« , entschieden ab.
    Während er ihr nicht mehr antwortete, verbrachte die ruhelose Dame ihre ländliche Einsamkeit vorwiegend im Kreise französischer Aristokraten, die die Revolution in die Schweiz verschlagen hatte, und reiste viel umher. Bei Lavater in Zürich prahlte sie mit den Briefen, die ihr Jean Paul geschrieben hatte, besuchte München, Dresden, Teplitz und ihr Gut bei Riga und vereinigte sich 1801 wieder mit ihrem Gatten, als dieser russischer Gesandter in Berlin geworden war. Kaum hörte sie, dass auch Jean Paul in Berlin weilte, bat sie ihn brieflich, »die stilleren Stunden« ihres »dem Weltverkehr zu sehr gewidmeten Lebens« durch seinen Umgang zu veredeln, und obwohl er in Kürze zu heiraten gedachte und von einer Einladung zur andern eilte, kam es wieder zu einer Begegnung, die aber die letzte war. In den Jahren danach schrieb sie ihm noch einige Briefe, brauchte darin aber auf den Wunsch, Vorbild für eine literarische Figur zu werden, nicht mehr zurückzukommen, weil sie das inzwischen selbst erledigt hatte: Die Titelheldin ihres 1804 in Paris erschienenen Romans »Valérie« nämlich war ein Idealporträt von ihr selbst. In ihm steht eine Frau zwischen zwei Männern, von denen einer am Ende die Tugend durch seinen Tod siegen lässt.
    Als »einfach und gut« beurteilte sie ihr Buch Jean Paul gegenüber, erzählte ihm, wie ihr, »verloren im Entzücken der Natur« , die zündende Idee zugeflogen war, wie ihr das Buch »aus der Seele« geströmt war und auf dem Buchmarkt einen solchen Erfolg gehabt hatte, dass die Rezensenten es bejubelten, die Leserinnen sie mit Briefen überschütteten und sogar eine Mode à la Valérie entstand. Der Anlass zu ihrem Brief aber war eine erneute Bitte. »Seien Sie so gut, bester Jean Paul, eine kleine Rezensionen über Valérie zu machen« , und zwar in einer Literaturzeitschrift, die auch in Russland gelesen werde, denn in Frankreich und Deutschland sei ihr Ruhm groß genug. Sie wolle nämlich nun auch in Russland Gutes bewirken und ihren »Bauern Freiheit verschaffen, wenigstens ihnen nützlich sein« . Nur dazu wünsche sie, in Russland bekannt zu werden. »Hätte ich bloß Eitelkeit – o, die ist genug befriedigt worden! Aber mein Herz hat noch mächtigere, noch edlere Bedürfnisse.« Und deshalb fühlte sie sich auch berechtigt, Jean Paul genau vorzuschreiben, was die Rezension enthalten müsse: die Moralität des Buches solle er hervorheben, Zitate aus positiven Rezensionen, die sie ihm mitlieferte, erwähnen und den Enthusiasmus der Leser schildern, der ihr überall in Frankreich begegnet sei.
    Nachdem Jean Paul ihr auf diesen Brief noch geantwortet hatte, ohne ihren Wunsch auch nur zu erwähnen, war es mit diesem Briefwechsel zu Ende, nicht aber mit ihrem Bestreben, bekannt zu werden, das in der zweiten Hälfte ihres Lebens religiös gerichtet war. Nachdem sie das Schriftstellern aufgegeben und ihre Schönheit eingebüßt hatte, zog sie betend und predigend durch die Lande, um eine christliche Wiedererweckung einzuleiten, und konnte schließlich zur Zeit der Befreiungskriege, ohne ihre Bauern befreit zu haben, Einfluss auf den frommen Zaren Alexander I. gewinnen, den sie angeblich zur Gründung der »Heiligen Allianz« veranlasst hat.
    Jean Paul gedachte ihrer später nur flüchtig, als er sich mit Vorarbeiten zu dem nicht ausgeführten »Überchristentum« beschäftigte, Goethe dagegen, der diese Frau verständlicherweise nicht mochte, widmete ihr 1818 sogar Verse, die man in seinem Nachlass fand:
    »V………R
    Junge Huren, alte Nonnen
    Hatten sonst schon viel gewonnen,
    Wenn, von Pfaffen wohlberaten,
    Sie im Kloster Wunder taten.
    Jetzt geht’s über Land und Leute
    Durch Europens edle Weite!
    Hofgemäße Löwen schranzen,
    Affen, Hund und Bären tanzen –
    Neue leid’ge Zauberflöten –
    Hurenpack, zuletzt Propheten!«

Leipzig
    Durch den »Hesperus« war Jean Paul zu einem der bekanntesten deutschen Schriftsteller geworden, was unter anderem auch zur Folge hatte, dass die Verleger, die von seinen Satiren nichts hatten wissen wollen, ihm nun verlockende Angebote machten, denen der so lange verschmähte Autor immer wieder erlag. Statt, wie er es vorgehabt hatte, gleich nach Abschluss des »Hesperus« ernsthaft an dem schon angefangenen Riesenprojekt des »Titan« weiterzuschreiben, verlegte er sich auf weniger umfangreiche Arbeiten, deren erste der wunderbare

Weitere Kostenlose Bücher