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Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter de Bruyn
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August ging er also, »bloß im Sommerrock und mit Taschen voll Schuhen und Wäsche, ohne Mantelsack und ohne alles« über Weißenfels, wo er Gast bei den Eltern von Novalis war, und über Jena, wo er mit Fichte speiste und Schiller, der krank war, ihn nicht empfing, nach Weimar, wo ein rührendes Wiedersehen mit den Herders gefeierte wurde, er Goethe besuchte und auch zu Wieland geladen wurde, dessen Frau und Töchtern sein besonderes Interesse galt. »Gott schenke jedem Dichter« , schrieb er an Otto, »eine so anstellige, weich-anfassende, feste, nachsehende und nachlaufende, biedere, klare Frau. … In seinen …Töchtern liegen schöne Herzen, aber mit den Gesichtern wills nicht fort. … Sie sagte ihm mittags den Vorschlag (und er behauptete, ihn schon am Morgen gedacht zu haben), dass ich im entgegengesetzten Hause wohnen (von Leipzig wegziehen) und bei ihnen essen sollte (für Geld) – er sagte, er bekomme neues Leben durch mich – und alle liebten mich; – natürlich weil ich sie immer lachen mache, und weil man die ganze Familie lieben muss. Ich verhieß, in Weimar nachzusinnen. Allein das geht nicht, weil zwei Dichter nicht ewig zusammenpassen – weil ich keine Kette, und wäre sie aus Duft an der blassen Mondsglut geschmiedet, haben will – und weil ich gewiss weiß, dass ich in der Einsamkeit und in der Gesellschaft darauf am Ende eine von seinen Töchtern heiraten würde, welches gegen meinen Plan ist.«
    Er mietete sich also eine Wohnung in der Stadt, an der Westseite des Marktes, Ecke Windischengasse, beim Sattlermeister Kühnoldt. Ende Oktober 1798 zog er dort ein. Am 3. November schrieb er an Otto: »Gestern vor 8 Tagen fuhr ich durch die Pforten meines neuen Jerusalems. Denn letzteres hab’ ich wirklich. Kein Stiefgenius beschied mir zur Aufwartung die Hausfrau selber, meine Stubentürnachbarin, die für mich wie eine Mutter sorgt – die in meiner Abwesenheit eine zweite Tür in mein Zimmer hat und alles herrlich legt und aufträgt – für mich handelt – mich um 6 Uhr zur warmen und erleuchteten Stube und Kaffeekanne aufklopft – und der ich stets 1 Laubtaler gebe, wovon sie ohne Rechnung auszahlt bis sie einen neuen braucht – und der ich oft ein Glas Wein verehre. … Nie war ich so stuben-glücklich. Ich will nur etwas von unserem Verhältnis anführen: ein an sich geräumiger Nachttopf wollte doch nicht zulangen, wenn ich gerade schrieb, weil er und das Dintenfass wie natürlich in umgekehrtem Verhältnis voll und leer werden. Die Frau sah, dass ich oft die Treppe in der Kälte hinab musste. Sie brachte mir also einen ganz neuen bowlenmäßigen getragen, bei dem ich 8 Seiten schreiben kann. … Wahrlich ich bin glücklich.«

Weimar
    Von Charlotte von Kalb abgesehen, über deren Verhältnis zu Jean Paul schon im Kapitel »Die Titanide« berichtet wurde, waren Herder und sein Frau Karoline seine besten Freunde in Weimar, mit denen er, wie er an Otto schrieb, »immer tiefer« zusammenwuchs. »Vor ihm und seinem Weib öffn’ ich mein ganzes Herz mit allen kühnen Urteilen; in Leipzig hatt’ ich keinen solchen Vertrauten. Gewöhnlich abends nach dem Arbeiten vor 7 Uhr komm ich zur Frau, dann gehen wir oder ich hinauf zu ihm, und bis zum Essen glüht Auge und Mund, und so fort bis 10 ½ Uhr«. Dass Herder ihm das Manuskript seiner gegen Kant gerichteten »Metakritik« zur Durchsicht gegeben und seine Einwände auch teilweise berücksichtigt hatte, erfüllte ihn natürlich mit Stolz.
    Das Unangepasste und damit auch Unhöfische, das sich in seinem ungezwungenen Auftreten, seinen freizügigen Urteilen und seinem Humor zeigte, berührte einige der Weimarer, die mit ihm zusammenkamen, sympathisch, während es anderen missfiel. Für Herder war er »ein Liebling des Glücks, ein Günstling der Menschen voll Geistes und Witzes und ein Kind an Gemüt« , für Christiane Vulpius dagegen »ein Narr«. Wieland, der sich zwar über Jean Pauls harsche Ablehnung des Griechen-Ideals ärgerte, meinte doch, dass das, was ihn an ihm »bisweilen toll machen möchte, von vielem Hohen und Vortrefflichen mehr als ersetzt« werde, er also die »göttliche Beglaubigung« habe, »er selbst zu sein« . Fand mancher seine Ungezwungenheit in einer von der Etikette bestimmten Umgebung erfrischend, so hielt ein anderer es für ungehörig, dass er, von vornehmen Leuten zum Tee geladen, diesen verschmähte und Bier verlangte, das nicht im Hause war.
    Zu den Glücksgefühlen, von denen Jean Pauls

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