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Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter de Bruyn
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Bekannten machten ihm die Arbeit am Schreibtisch schwer. Professor Platner, als dessen gelehriger Schüler er einst im Hörsaal gesessen hatte, beehrte ihn mit Einladungen, er lernte Berühmtheiten wie Kotzebue, Thümmel, den Komponisten Reichardt und den Philosophen Schelling kennen, wurde anfangs vom Luxus der Feste und Bälle geblendet, aber bald wurde ihm das alles, weil es ihm kostbare Arbeitszeit raubte, so lästig, dass er sich wieder in die Stille und Vertrautheit Hofs zurücksehnte. Er könne in Leipzig nicht glücklich werden, schrieb er an Otto, die »Flachheit der Seelen« störe ihn genauso wie die der Gegend, und »Lob ist kein Glück, und Zerstreuung auch nicht« .
    Zeitaufwendig war auch sein Verhältnis zu Emilie von Berlepsch, das mehr quälend als beseligend war. Sie, die Ältere und Erfahrenere, die offensichtlich bestrebt war, ihn ganz für sich zu gewinnen, tat alles, um ihm zu gefallen, kam aber trotz zeitweiliger Erfolge letzten Endes gegen seine so ganz anders gearteten Zukunftsträume nicht an. Schon im ersten ihrer erhaltenen Briefe versprach sie ihm ein Verhältnis »völligster Freiheit« , schrieb von der »Übermacht« seines Geistes, unter dem der ihre sich »beuge« , und versicherte ihm, durch ihn ein »ganz anderes Geschöpf« geworden zu sein. Mal wollte sie ihm ein Landgut kaufen, um dort mit ihm leben zu können, dann wieder schlug sie ihm vor, ein ihr bekanntes »schönes reiches höchst moralisches Mädchen« zur Frau zu nehmen und sie selbst für »ewig« bei dem Ehepaar wohnen zu lassen, um ihm dann wieder, als er ihr gegenüber Kälte zeigte, eine Szene mit »Blutspeien und Ohnmachten« zu machen, »die noch keine Feder gemalt« . Voll schlechten Gewissens darüber, dass er sie nicht so heiß wie sie ihn liebte, gab er ihr nun ein Eheversprechen, das er drei Wochen später widerrief. »Ich hatte 2 aus der glühendsten Hölle gehobenen Tage, und nun schließet sich ihr zerschnittenes Herz sanft wieder zu und blutet weniger – ich bin frei, frei, frei und selig, geb ihr aber was ich kann« , nämlich eine freundschaftliche Zuneigung, die sich jedoch bald schon als brüchig erwies. Als sie nach der Frühjahrsmesse, während der er sich vor Besuchern kaum hatte retten können, eine gemeinsame Reise nach Dresden machten, glaubte er plötzlich so »viel Egoismus und Aristokratie gegen Niedre« an ihr entdecken zu können, dass sich der Rest seiner Zuneigung auch noch verlor. »Ich reise künftig« , schrieb er an Otto, »nie anders als zu Fuß und allein.«
    Emilie von Berlepsch konnte die Enttäuschung auf einer längeren Reise nach Schottland verwinden, wo ihrer Werbung um einen Geistlichen namens James Macdonald, den sie in Weimar schon kennengelernt hatte, ebenfalls kein Erfolg beschieden war. Erst nach ihrer Rückkehr nach Deutschland konnte sie 1801 einen mecklenburgischen Gutsbesitzer namens Harmes heiraten und diesen zum Verkauf seines Gutes veranlassen, um ein Weingut am Zürich-See erwerben zu können, wo sie bis 1813 als bekannte Schriftstellerin ein offenes Haus führte, dann aber aus finanziellen Gründen nach Deutschland zurückkehrte und 1830 starb. Ihr Hauptwerk war die vierbändige Beschreibung ihrer Reise nach Schottland, die unter dem Titel »Caledonia« 1802 bis 1804 in Hamburg erschien und als Besonderheit auch Nachrichten über die englische Frauenrechtlerin Mary Wollstonecraft enthielt.

Abb.26: Emilie von Berlepsch.
Gemälde
    Als Jean Paul aus Dresden nach Leipzig zurückkehrte, war mit dem Bruder zusammen auch seine Kasse mit allem Ersparten verschwunden. Der wahrscheinlich nach einem Duell Entflohene hatte das Geld zur Tilgung von Spielschulden verbraucht. In der ungeliebten Handelsstadt hielt es Jean Paul nun nicht länger. Tatsächlich zu Fuß und allein machte er sich im Sommer auf, um einen besseren Wohnort zu suchen, fand ihn aber weder beim Vielschreiber Lafontaine in Halle noch beim Komponisten Reichardt und seinen singenden Töchtern in Giebichenstein. In Halberstadt, das ihm schon wegen der Nähe des Harz-Gebirges gefiel, wurde er vom alten Gleim so herzlich empfangen wie »noch von keinem Gelehrten« , erfreute sich an dessen »preußischem Vaterlandseifer« , war aber doch von dessen »einäugiger Vollherzigkeit« , mit der er seine monarchische Haltung vertrat, etwas enttäuscht. So wohl er sich dort auch fühlte, schien ihm, die Freundschaft mit dem Ehepaar Herder bedenkend, doch Weimar für ihn das wahre »gelobte Land« zu sein. Ende

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