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Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter de Bruyn
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Wege und unsere Blicke in die Welt  … Wir sehen nichts als Liebe und Tod – das eine erhalten wir selten, das andere spät.« Lange trauerte die Verlassene um ihn, verbrachte ihre besten Jahre als Hofdame, heiratete schließlich mit 42 Jahren und vergaß doch die große Liebe ihres Lebens nie. Ihm dagegen wurde sie wohl bald gleichgültig. Als er 1820 in München auf seine Erlebnisse in Hildburghausen angesprochen wurde, entsann er sich des Namens seiner Verlobten nicht mehr.
    Seine Entscheidung hatte auch zur Folge, dass das Ehepaar Herder, das sich für Karolines Glück so sehr eingesetzt hatte, sich von ihm enttäuscht zeigte und die Freundschaft mit ihm zwar nicht abbrach, aber erkalten ließ. Da auch die Beziehung zu Charlotte von Kalb gelöst war und sein Verhältnis zu Goethe und dem inzwischen nach Weimar übergesiedelten Schiller immer frostiger wurde, hatte die Stadt an Reiz für ihn viel verloren, so dass der Besuch Berlins, den er noch im Mai machte, wieder zur Suche nach einem neuen Wohnort geriet. Zwei Frauen hoffte er dort zu treffen: Josephine von Sydow, Gutsbesitzerin aus Hinterpommern, und Luise, die Königin von Preußen, von der er durch ihre Schwester in Hildburghausen wusste, das auch sie eine »Hesperus«-Leserin war.

Weiber die Menge
    Für Jean Paul, dessen geistige Entwicklung ganz im Banne der Aufklärung gestanden hatte, war Berlin auch schon von Bedeutung gewesen, ehe er 1792 durch das Ende der Selbständigkeit Ansbach-Bayreuths zum Preußen geworden war. Schon in jungen Jahren war Friedrich Nicolais »Allgemeine Deutsche Bibliothek«, die die Aufklärung in Deutschland von Berlin aus entscheidend geprägt hatte, seine Lektüre gewesen. König Friedrich II. war von ihm als Philosoph und toleranter Herrscher, nicht aber als Eroberer verehrt worden. Durch Karl Philipp Moritz und den Berliner Verleger Carl Matzdorff hatte er seine ersten Bucherfolge erzielen können. Eine Berlinerin sollte seine Ehefrau werden, und auch am Ende seines Lebens war sein Schaffen eng mit Berlin verbunden, weil die erste Ausgabe seiner Gesammelten Werke in 65 Bänden im Berliner Verlag von Georg Andreas Reimer erschien.
    Als er Berlin vom 23. Mai bis zum 24. Juni 1800 erstmalig besuchte, wurde er so viel gefeiert wie nie zuvor oder danach. Da jeder ihn sehen wollte, überhäufte man ihn mit Einladungen, so dass er kaum Zeit finden konnte, wie gewohnt lange Briefe zu schreiben, und die wenigen, die er schrieb, wirken so atemlos und so glücklich, wie jeder Tag dieser vier Wochen für ihn war. Über Berlin wusste er nur Gutes zu sagen. Hier schien ihm, im Gegensatz zu den kleineren Residenzen in Weimar und Hildburghausen, die Verbindung von Adel und Bürgertum enger, der Umgangston freier zu sein. Da man überall seine Bücher lobte und die Frauen ihn anhimmelten, schien ihm die Stadt von Jean-Paul-Lesern bevölkert. Als er wieder abreiste, war er entschlossen, sie zeitweilig zu seinem Wohnort zu machen; als ständiger Wohnsitz aber schien sie ihm nicht geeignet, weil ihrer Umgebung die Berge fehlten und ihm das heimische Bier. Schon in Weimar war in seinen Briefen an Otto oft der Wunsch nach einer Biersendung zu lesen gewesen. Das Bier hatte nämlich als Anregungsmittel für seine ernorme Arbeitsleistung den schlechter bekömmlichen starken Kaffee verdrängt. Dem starken Bierkonsum war es vermutlich zuzuschreiben, das seine hagere Gestalt von Jahr zu Jahr mehr in die Breite ging.
    Der erste Band des »Titan«, an dem er in Weimar fieberhaft gearbeitet hatte, war gerade erschienen. In Hildburghausen, wo er die drei Schwestern der Königin Luise erlebt hatte, war die Widmung des Romans entstanden, die »Den vier schönen und edeln Schwestern auf dem Thron« lautet und durch die kleine Erzählung »Der Traum der Wahrheit« ergänzt wird, in der Aphrodite, Aglaja, Euphrosyne und Thalia vom Olymp herabsteigen und zu Sterblichen werden, die man nun Luise, Charlotte, Therese und Friederike nennt.
    Gleich nach seiner Ankunft in Berlin ließ Jean Paul den »Titan« der Königin zukommen und hatte schon am nächsten Tag eine Einladung von ihr. Aus Sanssouci schrieb sie ihm am 29. Mai 1800: »Ich habe Ihren Titan erhalten und daraus mit Vergnügen ersehn, dass Sie noch immer fortfahren, ihre Zeitgenossen mit Wahrheiten zu unterhalten, die in dem Gewande romantischer Dichtkunst, mit welchem Sie sie zu bekleiden wissen, ihre Wirkung gewiss nicht verfehlen werden. Ihr Zweck, die Menschheit von mancher trüben Wolke zu

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