Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)
die Hochzeit stattfinden solle, wo das Ehepaar zu leben gedenke und wie es mit seinen Einkünften bestellt sei. Und Jean Paul antwortete, ohne die von väterlicher Sorge diktierte Anfrage zu verübeln, ausführlich, zählte die Taler auf, die auf der Bank Zinsen brachten, die er verliehen hatte und die er auf der Ostermesse erwarten durfte. Auch das Vermögen, das er in acht bis zehn Jahren durch seine Gesammelten Werke erzielen würde, führte er wieder an. Für die Witwenkasse (eben jene, die im »Siebenkäs« betrogen wurde) wollte er gern auch etwas zuschießen. Und als Wohnort legte er Meiningen fest.
Da es ihm diesmal ernst war mit der Familiengründung, plagte auch ihn die Sorge, ob sein stets schwankendes Einkommen durch Buchhonorare für das gutbürgerliche, wenn auch anspruchlose Leben, wie es ihm vorschwebte, ausreichend war. Zwar zahlten ihm die Verleger pro Druckbogen jetzt mehr als früher, und Neuauflagen brachten das halbe Honorar ohne zusätzliche Arbeit, aber durch Frau und Kinder vermehrten sich auch die Ausgaben und seine Arbeitszeit reduzierte sich. Da der aufs Schreiben Versessene nicht daran dachte, ein Amt anzunehmen, konnte er sich Hoffnung auf regelmäßige Einkünfte nur durch eine Leibrente, die sogenannte Präbende machen, die der König wenigen Auserwählten zukommen ließ. Drei Wochen vor der Eheschließung richtete also Jean Paul ein Bittgesuch an Friedrich Wilhelm III., in dem er, nach einem Rückblick auf seine elenden Jugendjahre, auf seine Verdienste zu sprechen kam: »Erst nach einem langen Verarmen und Misslingen gewann ich mit meinen ästhetischen Werken das kleinere höhere Publikum und später ein größeres; aber da mir ihr Zweck, den sinkenden Glauben an Gottheit und Unsterblichkeit und an alles, was uns adelt und tröstet, zu erheben und die in einer egoistischen und revolutionären Zeit erkaltete Menschenliebe wieder zu erwärmen, da mir dieser Zweck wichtiger sein musste als jeder andere Lohn und Erfolg meiner Feder: so opferte ich diesen und Zeit und Gesundheit dem höheren Ziele auf und zog die längere Anstrengung dem reichern Gewinnste vor. Jetzt indessen, da ich in die Ehe trete, wo die eigne Aufopferung nicht bis zur fremden gehen darf, verspricht mir mein Gewissen einige Entschuldigung, wenn ich vor dem Throne, der so viele zu erhören und zu beglücken hat, auch meine Bitte um eine Unterstützung, welche die wachsenden Jahre nötiger machen, die untertänigste Bitte um eine Präbende hoffend niederlege.«
Da die Königin Luise seine Bücher las, ihn persönlich schätzte und in Karoline von Berg eine Freundin hatte, in deren Gesellschaft Jean Paul in Berlin manchen Abend verbracht hatte, glaubte er sich Hoffnungen auf Erhörung seiner Bitte machen zu können, wurde aber enttäuscht. Falls Luise und Frau von Berg tatsächlich beim König als Fürsprecher des Dichters gewirkt haben sollten, wird das wohl eine eher gegenteilige Wirkung gehabt haben, weil der König die intellektuelle Vertraute seiner Frau, die zu fast allen deutschen Geistesgrößen, von den Weimarern bis zum Freiherrn vom Stein, Beziehungen hatte, nicht ausstehen konnte und ihren geistigen Einfluss auf die Königin immer mit Misstrauen sah. Der König, der für Literatur kein Interesse hatte, sich aber an Lust- und Singspielen erfreute, zeichnete lieber August von Kotzebue, der leichte Kost für das Theater verfertigen konnte, und den Schreiber von Unterhaltungsromanen August Heinrich Lafontaine mit der Präbende aus.
Für Jean Pauls Suche nach einem neuen Wohnort war aber die Ablehnung der Unterstützung nicht ausschlaggebend. Er hatte sich schon vorher entschlossen, Berlin zu verlassen, weil er sich nach der Ruhe in kleineren Städten sehnte, wo man billiger leben konnte, Berge in der Umgebung hatte und ein Bier gebraut wurde, das seinem Geschmack entsprach. Letzteres war kurioserweise tatsächlich für ihn eine Bedingung, weil das Bier, das von der Obrigkeit immer billig gehalten wurde, um keine Unruhen aufkommen zu lassen, ihm nicht nur, wie fast allen Kleinbürgern damals, neben reinem Wasser als tägliches Getränk diente, sondern ihm auch Anregungsmittel zur Arbeit war. Als er Halberstadt einmal als Wohnort erwogen hatte, wurde Gleim von ihm ernsthaft um Auskunft darüber gebeten, ob sich nicht »wenigstens 3, 4, 5 Meilen von Halberstadt recht bitteres Hopfenbier« finden ließe, denn was er unbedingt brauche, seien »Berge, Bücher und bitteres, braunes Bier« .
Seine Frau Karoline hat
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