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Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter de Bruyn
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mit Ranzen, Knotenstock und Pudel zu ihr hinaus, bezog die für ihn eingerichtete Arbeitsstube im Oberstock des Hauses und wurde von ihr mit Essen und dem notwendigen Bier versorgt.

Abb.47: Rollwenzels Wirtshaus. Gezeichnet von
Heinrich Stelzner, gestochen von Franz. Hablitschek
    Die jungen Autoren Wilhelm Häring, der sich als Schriftsteller Willibald Alexis nannte und Jean Paul später auch zu einer Romanfigur machte, und Wilhelm Müller, den vor allem seine Liederzyklen »Die Winterreise« und »Die schöne Müllerin« bekannt machten, schilderten in ihren Berichten über Bayreuth, das sie nach Jean Pauls Tode besuchten, die originelle Wirtin als eine redselige Alte, die ihren Dichter verehrte, aber immer auch wusste, wie wichtig sie für ihn war. »Aber ich habe ihn auch gepflegt« , lässt Wilhelm Müller sie sagen, »wie einen Gott auf Erden habe ich ihn angesehen, und wenn er mein König und mein Vater und mein Mann und mein Sohn zusammen gewesen wäre, ich hätt’ ihn nicht mehr lieben und verehren können. Ach, das war ein Mann! Und wenn ich gleich seine Schriften nicht gelesen habe, denn er wollte es nicht haben, so bin ich doch immer so glückselig gewesen, wenn ich hörte, wie sie weit und breit gelesen und gelobt würden, als hätt’ ich selber daran geholfen. Und die Fremden, die hierher kamen, die musste man hören, wenn man den Herrn Legationsrat wollte schätzen lernen. Denn hier in Bayreuth haben sie ihn gar nicht zu estimieren gewusst.« Und bei Häring kann man von der Rollwenzel erfahren, dass kein anderer Mensch so viel Witz wie ihr Dichter hatte, keiner so schnell wie er schreiben konnte, und dass er sich zum Essen oft Kartoffeln wünschte, diese dann aber im Arbeitseifer kalt werden ließ. »Aber sehen Sie« , erzählt sie dann weiter, »ob er nun gleich ein so großer Mann geworden, dass er mit Kaisern und Fürsten umgeht, doch bleibt er freundlich gegen jedermann. … Sonntags, wenn wir Gäste aus der Stadt kriegen, setzt er sich hier zu uns in die Schenkstube herunter und redet mit den Bürgern das und jenes, dass sie erstaunt sind und nicht wissen, was er will, und doch weiß er sie alle kirr zu machen, dass sie ihn auf den Händen tragen möchten, und dann sagt der liebe Herr: er findet immer weit mehr Verstand bei ihnen, als man glaubte« .

Abb.48: Frau Rollwenzel.
Miniatur
    Dass er versuchte, sein vorwiegend der Arbeit gewidmetes Junggesellenleben mit Frau Rollwenzel als Ersatzmutter wieder aufzunehmen, lässt darauf schließen, dass das Eheglück, das er sich erträumt hatte, bald dem normalen Alltag einer Ehe mit Höhen und Tiefen gewichen war. Karoline war trotz ihrer anbetenden Liebe zum Dichtergatten doch nicht die erträumte Rosinette, die nur für ihn zu leben strebte, und allein ihrer mütterlichen und hausfraulichen Verantwortung wegen durfte sie es nicht sein. Schon aus praktischen Gründen musste sie ihrem Mann, der vorwiegend für sein Schreiben und seine kindlichen Steckenpferde lebte, ihren eignen Willen entgegensetzen, wodurch Auseinandersetzungen entstanden, über die er sich 1810 sogar einmal bei ihrem Vater beschwerte, den er auf seiner Seite wusste, denn beider Ansichten über die Rollenverteilung von Mann und Frau waren die gängigen ihrer Zeit. Also bat der Geheime Tribunalsrat Mayer brieflich seine geliebte Tochter, künftig ihre Heftigkeit beim Durchsetzen ihres Willens zu mäßigen, denn er wisse aus Erfahrung, dass die Frau dadurch die Liebe des Mannes leicht verliere. »Gib also auf dich Acht, von dieser Seite künftig weiter keine Blöße zu geben. Denn dass du in Beziehung auf deinen Mann selbst nie vergessen wirst, was du ihm als demjenigen, der dir Schutz und Ehre verleihet und der dein und der Deinigen Versorger ist, schuldig bist, verstehet sich von selbst.«
    So verstand das auch der Dichter, der zwar zum Liebling der Damen hatte werden können, weil er sie in seinen Büchern oft zu luftigen Idealgestalten verklärt hatte, der ihnen aber an Rechten nur die des Herzens einzuräumen verlangt hatte. Statt sie wie Sklaven nur waschen, kochen und stricken zu lassen, sollte man ihnen zur Ausbildung ihres Gefühls auch das Lesen und Musizieren erlauben und ihnen in Fragen der Liebe eigne Entscheidungen zugestehen. Die Unterschiede in der inneren Natur der Geschlechter glaubte er, wie er in seiner »Levana« ausführte, in die Begriffe »lyrisch und Empfindung« bei den Frauen und »episch und Reflexion« bei den Männern fassen zu können, womit sich

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