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Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter de Bruyn
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für ihn die ärgerliche Tatsache, dass seine weiblichen Leser die von ihm so geliebten Vorreden gern überschlugen, seine Satiren nicht mochten und seine Witze nicht verstanden, leicht erklären ließ.
    Im Prinzip war Karoline, die nichts von einer Esther Gad oder einer Charlotte von Kalb hatte, mit dieser Rollenverteilung durchaus einverstanden, hatte aber zu viel Selbstbewusstsein, um nicht als Lohn für ihre Opferbereitschaft ein wenig Lob oder doch erneuerte Liebesbeweise zu fordern, zu denen ihr Mann, der sich schreibend ständig selbst überforderte, nicht in der Lage war. Deshalb rettete sie sich in gelegentliches Aufbegehren, er aber schrieb die »Trümmer eines Ehespiegels«, in denen seine Erfahrung zu Aphorismen gerann. Da schreibt er, der erst mit 38 Jahren geheiratet hatte, zum Beispiel: »Je später die Ehe, desto schwieriger. Einen Hagestolzen zu ehelichen, ist fast gefährlicher als eine Witwe. Denn diese erwartet Männer, wie sie sind, und fühlt weniger Furcht als sie vielleicht gibt. Jener hingegen verlangt alle seine vorigen Liebschaften in der letzten konzentriert, falls er nämlich bescheiden ist, denn ein Unbescheidener fordert, dass die letzte alle übertreffe und seine vorigen Untreuen und seine jetzige Wahl rechtfertige. Aber freilich, da man in Flüssen täglich fischt, in Teichen nur im Herbst einmal, so muss sich der ältliche Mann nachher sehr verwundern, und er sagt: Ei verdammt! So hab ich mich doch noch zu früh verplempert!« Und sowohl am Anfang wie auch am Ende dieser Sammlung von Erfahrungen heißt es: »Männer, zeigt mehr Liebe! Weiber, zeigt mehr Vernunft!«
    Karoline, die ihren Kummer nicht durch Schreiben in die Öffentlichkeit ableiten konnte, hat später, nach 18 Ehejahren, in einem Brief an die Mutter von Heinrich Voß zu erklären versucht, woran sie litt. »Ich bin vom ernstesten und frömmsten Willen beseelt, meine Pflicht zu tun, allein es ist ein Unglück, dass ich ein zu weiches Herz in meiner Brust trage. Dieses Herz hat nun oft mein Glück und das meines Mannes verdorben, denn es will lieben und, obgleich nur in ewigen Opfern für Mann und Freunde sein Glück findend, doch den großen Lohn finden, wieder erkannt und geliebt zu sein.« Früher, so klagt sie weiter, habe sie die Bücher ihres Mannes abschreiben und sich auch dazu äußern dürfen, nun bekomme sie sie erst nach dem Druck zu lesen und »sein alles überflügelnder Geist« lasse Äußerungen von ihr nicht zu.
    Ernestine Voß, selbst Frau eines Dichters, des Johann Heinrich Voß nämlich, hatte für sie nur den Trost, den man bis heute für dergleichen Frauen hat: »Die Lebensgefährtin eines berühmten Mannes hat einen hohen Beruf! Wenn sie sich in seine Eigentümlichkeiten hineinstudiert hat, so hat sie auch für Welt und Nachwelt gewirkt, sie ist ein Mittel geworden, ihm seinen Weg zu ebnen und Pflichten für ihn zu übernehmen, die der gewöhnliche Mann selbst erfüllen muss.« Auch wenn sie schmerze, nicht genug anerkannt zu werden, so sei doch das Bewusstsein, am Werk des Mannes mitgewirkt zu haben, Lohn genug.

Das Immergrün der Gefühle
    Jean Pauls Familiengründung und Sesshaftwerdung hatte auch zur Folge, dass er der familiären Bindung und der Kleinstadtenge, die er gesucht hatte, immer wieder überdrüssig wurde und ihnen zeitweilig entfloh. Ab 1810 unternahm er fast in jedem Sommer Reisen, die ihn nach Bamberg, Erlangen, Nürnberg, Heidelberg, Frankfurt, Stuttgart, Löbichau, München und Dresden führten, wo er von Verehrern und Verehrerinnen gefeiert wurde, alte Freunde besuchte und manchmal auch neue fand. Wie schon in jüngeren Jahren, so zog er auch noch im Alter eine weibliche Gesellschaft einer gelehrten männlichen vor. So ist zum Beispiel von seinem Besuch in Dresden im Jahre 1822 überliefert, dass er auf die Frage, wen er in der Abendgesellschaft gern um sich sähe, geantwortet habe: »Laden Sie dazu dreihundert Jungfrauen und drei Männer ein, mich eingeschlossen.« Mit bedeutenden Autoren kam er deshalb nur selten zusammen, und nicht immer ging das gut.
    Mit E. T. A. Hoffmann war er wahrscheinlich schon 1801 in Berlin durch dessen Cousine und Verlobte Minna Doerffer bekannt geworden, weil diese mit Karoline Mayer befreundet gewesen war. Bei seiner Rückkehr nach Weimar hatte er damals Hoffmanns musikalische Bearbeitung von Goethes Singspiel »List, Scherz und Rache« an Goethe übergeben, vergeblich, wie sich herausstellen sollte, denn Goethe hatte diesem Anfängerwerk

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