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Das Leben Findet Heute Statt

Das Leben Findet Heute Statt

Titel: Das Leben Findet Heute Statt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruder Paulus Terwitte
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überschreiten. So steigt er eines Tages, als er mit Handelsgütern unterwegs ist, vom Pferd ab und küsst einen Aussätzigen. Brüderlichkeit erkennt in jedwedem Menschen einen Botschafter der eigenen Herkunft. Sie macht sensibel für den Augenblick. Wir sind alle Glieder am Leib Jesu Christi. Wir sollen einträchtig füreinander sorgen. In den frühen christlichen Texten heißt es: «Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit; wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle anderen mit ihm. Ihr aber seid der Leib Christi, und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm.» . (1   Kor 12,26   f.)
    Die Vision einer brüderlichen Welt Gottes nähren wir im Kloster durch Zeiten des Gebets und der Stille. Sie helfen uns, die Momente der Versuchung, uns gegeneinander abzugrenzen, zu überwinden. Ich möchte betonen, dass ich täglich neu daran arbeiten muss, in der Abhängigkeit von Gott und von den Brüdern zu verharren. Man stelle es sich nicht zu leicht vor, wirklich für die Bedürfnisse des Nächsten und die Gegenwart Gottes offenzubleiben. Immer neu steigen auch in mir Gedanken darüber auf, was ich alles sein könnte, wenn ich nicht immer diese brüderliche Rücksicht nehmen müsste. Wenn ich reich wäre. Wenn ich mir alles leisten könnte. Das wirksamste Gegenmittel ist dann, den Brüdern in die Augen zu sehen. Es ist mein Glück, mit diesen Menschen auf dem Weg zu sein. Sie leben mit mir nicht wegen eines wirtschaftlichen Ziels, das jeder für sich verfolgt und für das ich ihnen nützlich bin, sondern jeder Einzelne lebt hier, weil ein Ruf Gottes an ihn ergangen ist. Wir vertrösten uns nicht auf einen Wohlstand, der noch kommen wird. Wir genießen im Teilen dessen, was uns gegeben wird, dass das Reich Gottes schon da ist.
    Gottes Reich ist nicht auf Geld gebaut. Aber auch dergesellschaftliche Reichtum hängt nicht vom Geld ab. Geld ist ein Mehrwert, der durch die menschliche Arbeit geschaffen wird. Die Mehrheit der jungen Frauen und Männer wünscht sich trotzdem eine Ausbildung zum Bank-, Industrie-, Versicherungs-, Büro-, Groß- und Außenhandelskaufmann. Sie möchten mit dem Verdienten arbeiten, was nach einer wertschöpfenden Tätigkeit hoffentlich vorhanden sein wird.
    Gottes Reich aber ist auf die gemeinsame handwerkliche Arbeit gebaut. Im Christentum gibt es dafür die beste Begründung: Jesus, der Gottessohn, war selbst Handwerker. Dieser Glaube durchkreuzt alle Trugbilder von einem Leben, das erst beginnt, wenn man reich ist. Den Halbgöttern im Zwirn stellt sich der Zimmermannssohn in den Weg. Göttlich ist, wer mit seinen Händen arbeitet und so sein Geld verdient.
    An dieser Stelle tun Handwerk und Mittelstand verdammt viel. Noch tragen sie unsere Gesellschaft. Im Trend liegt allerdings eher, sich vorzustellen, es könne eine Wirtschaftsform geben, in der man nur noch mit Geld Mehrwert erzielt. Damit mich keiner missversteht: Wir brauchen auch Bankdienstleistungen. Sie stehen aber an unterster Stelle – und ganz im Dienst des schwer erarbeiteten Volksvermögens.
    Es wundert mich nicht, dass in der Zeit des aufkommenden Handels mit Geld, das oft zum Wucherzins verliehen wurde, die Franziskusbrüder aktiv wurden. 1462 gründete der Franziskaner Barnada in Perugia das erste öffentliche Pfandleihhaus, ein Mons Pietatis, einen sogenannten Berg der Barmherzigkeit. Es verlangte zur Kostendeckung einen Kreditzins von nur vier bis zwölf Prozent. Trotz theologischer Bedenken gab Papst Pius   II. dem Projekt seinen Segen. So machte das Modell vom barmherzigen Verleiher Schule. Die Unterschichten konnten auf diese Weise Geld leihen. Aus diesem franziskanischen System,Guthaben von Privatleuten anzunehmen und ihnen dafür geringe Zinsen zu zahlen, entwickelten sich in Deutschland im 18. und 19.   Jahrhundert die ersten Sparkassen, die in kommunaler Selbstverwaltung geführt wurden. Hier war noch die Idee lebendig, dass Gelddienstleistungen von der Gemeinschaft für die Gemeinschaft erbracht werden müssten.
    Wenn eine Bank oder auch ein Unternehmen den erwirtschafteten Mehrwert nur für sich behalten will, geht das garantiert schief. Ein guter Unternehmer reinvestiert und braucht trotzdem nicht am Hungertuch zu nagen. Anders das System, in dem Manager, nur eine kurze Zeit für eine sogenannte Prozessoptimierung eingestellt, das letzte Prozentchen Rendite herauspressen wollen, um davon möglichst noch die Hälfte selbst einzustreichen. Ein Unternehmer dagegen denkt ans Unternehmen und damit an all jene,

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