Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leben Findet Heute Statt

Das Leben Findet Heute Statt

Titel: Das Leben Findet Heute Statt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruder Paulus Terwitte
Vom Netzwerk:
Roboter verwandeln, die nur noch interessiert, was unterm Strich herauskommt. Ich denke an den Skandal mit dem chinesischen Spielzeug: Niemand ist gezwungen, Spielzeug aus China zu kaufen. Es gibt so viele Behindertenwerkstätten in Deutschland, die ähnliche Produkte anbieten. Man muss nicht bei einem Hersteller in Fernost kaufen. Auch in Deutschland werden Schuhe, T-Shirts und andere Gebrauchswaren hergestellt.
    Wer nur spart, um später etwas davon zu haben, spart am falschen Ende. Die Sorge für die Alterssicherung ist sinnvoll. Aber es muss nicht noch eine zweite Lebensversicherung sein und nicht noch eine Goldreserve und noch zwei Wohnungen. Übertriebene Sorge entfernt uns von unseren Mitmenschen. Es hält uns auch von dem Leben ab, das wir heute leben sollen. Lebensqualität kommt nicht erst, wenn wir erreicht haben, was wir uns vorgestellt haben. Letztlich zählt nicht, wie viel man hat. Es zählt, was man hat. Und dass man im Leben jetzt damit etwas anfängt.

16.   Der Beichtstuhl
    «Das muss jeder selbst wissen.» Oder: Die Schuldverstecker
    Wie in jeder katholischen Kirche finden sich auch in unserer Klosterkirche mehrere Beichtstühle. Es sind kleine Kapellchen. In der Mitte ist eine Kammer für den Priester, der sich dort als Leiter des kleinen Gottesdienstes, der hier gefeiert wird, hinsetzt. Rechts und links hat jeder Beichtstuhl eine Tür. Wenn man diese öffnet, kann man sich hinknien und die Tür hinter sich schließen. Weil man dann sehr nah mit seinem Mund am Ohr des Priesters ist, ist ein Gitter mit einem Cellophanpapier als Trennung angebracht. Es dringt auch nicht viel Licht hinein, sodass der Priester im Allgemeinen nicht erkennt, wer zur Beichte kommt.
    Der Beichtvorgang selbst ist ein Fest. Das kann sich ein Außenstehender schlecht vorstellen. Denn bei vielen weckt so ein Beichtstuhl unangenehme Gefühle. Man erinnert sich etwa daran, wie man den Eltern, peinlich berührt, eingestand, dass man sie angelogen hat. Oder es kommt einem in den Sinn, wie man in der Schule dastand, wenn der Spickzettel entdeckt worden war. Mancher, das muss man an dieser Stelle auch zugeben, mancher, der katholisch groß geworden ist, erinnert sich auch an Priester im Beichtstuhl, die ihm als Kind eher mit blöden Fragen zugesetzt und das schlechte Gewissen noch gesteigert haben, anstatt es zu entlasten.
    Dennoch: Der Beichtstuhl ist nicht in erster Linie eine Art Richterstuhl, zu dem ich als Angeklagter komme. Er ist vielmehrein Gottesdienstraum, in dem etwas ganz Spezifisches gefeiert wird. Dort geht es um die frohe Botschaft, dass jeder Mensch zur Freiheit berufen ist. Diese entfaltet sich in einer offenen Beziehung zu Gott, zu den Mitmenschen und zu den eigenen Lebenswirklichkeiten. Im Beichtstuhl wird Gott für das Geschenk dieser Freiheit gedankt – und im Danken wird einem klar, wie man sich selbst dieser Freiheit beraubte, indem man sie falsch gebrauchte.
    Der Rahmen für diese kleine Feier im Beichtstuhl ist schnell beschrieben. Man macht ein Kreuzzeichen, und der Priester spricht ein Gebet. Es folgen das Sündenbekenntnis des Beichtenden und der Zuspruch des Priesters. Dann streckt dieser die Hand aus und spricht den Beichtenden von seinen Sünden los.
    Für den Beichtenden bedeutet die Beichte sehr viel. Er geht zu Jesus und weiß, dass er einfach ganz offen sein darf. Darum bereitet er sich auch vor. Daheim oder in der Kirche überlegt man, wo man die Freiheit nicht richtig eingesetzt hat, welche Lebensmöglichkeiten man einfach aus Selbstsucht, Gewinngier, Neid oder anderen Motiven heraus nicht genutzt hat. Oder eben doch genutzt hat, obwohl man es besser hätte bleibenlassen.
    Das hört sich kompliziert an. So genau wollen wir die Wirklichkeit doch gar nicht untersuchen. Warum auch? Es werde schon alles irgendwie gut werden, sagen wir uns. Es kann doch nicht jeder ein Heiliger sein, reden wir uns ein. Die anderen sind ja auch nicht besser. Jeder ist sich selbst der Nächste. Es muss eben jeder selbst wissen, wie und was er will. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Man kann sowieso nicht wissen, ob etwas absolut falsch ist. Es kommt immer darauf an, wie man die Dinge interpretiert.
    Eine ganze Lawine von Sprüchen kursiert in der Gesellschaft,die ethisch gesehen aus lauter Mimosen besteht: Rühr mich nicht an. Frag mich nicht. Ich weiß schon, was gut und richtig ist.
    Wir leiden an einer Verweigerung des ethischen Dialogs. Wir können uns nicht mehr auf Prinzipien einigen, die an sich

Weitere Kostenlose Bücher