Das Leben in 38 Tagen
Padornelo und Alto do Poio, den beiden
nächsten Ortschaften. Schließlich musste ich mich fügen, wenn ich nicht
zurücklaufen wollte, und das wollte ich auf keinen Fall. Das Auto kam und ein
netter Franzose, der hier jedes Jahr Urlaub auf dem Bauernhof machte und
ziemlich gut Spanisch sprechen konnte, holte uns ab. Heidemarie war in ihrem
Element. Die beiden unterhielten sich mit einer Freude, dass ich nur neidisch
blicken konnte.
26.
Was wir mit einem Düsseldorfer Millionär und Laura Bush gemeinsam haben
Endstation
des kurzen Autotrips war ein winziger Ort namens Biduedo mit gerade sechs Bauernhöfen und der kleinsten Kapelle Spaniens, wie uns der
Franzose stolz erklärte. Er fühlte sich hier wie zu Hause und führte uns in ein
Bauernhaus, welches aus dem zwölften Jahrhundert stammen sollte. Die Mauern
waren wieder einmal aus dickem Naturstein und drinnen war es dementsprechend
kalt. Die freundliche Wirtin, eine burschikose jüngere Frau, brachte uns die
alte Holztreppe hinauf in ein kaltes, einfach eingerichtetes Doppelzimmer.
Wegen der Kälte wollten wir gleich die Sonne hineinlassen und das Fenster
öffnen, aber wir brachten es trotz aller Anstrengung nicht auf. Erst als die
Wirtin mit voller Kraft zog, gaben die zerbrechlich wirkenden Fensterflügel
schließlich mit lauten Geräuschen nach. Das Fenster schien jahrelang nicht
geöffnet worden zu sein, wovon auch die wild wachsenden Blumen in den
Mauernischen der Fensterbank zeugten. Hier konnte man sich die Balkonblumen
sparen!
Die
Sonne strömte nun mit voller Wärme und frischer Landluft herein und wir
erblickten genau unter uns alte Holzställe und Scheunen mit vielen Tieren, Heu
und Stroh, während im Hintergrund blühende Obstbäume und saftig grüne
Bergwiesen lockten.
Froh
ließen wir uns auf die großen, alten Bauernbetten fallen, während die Wirtin
uns unaufgefordert eine große Plastikschüssel mit Salz für unsere wunden Füße
brachte. Das fand ich sehr bemerkenswert. Die Zimmer allerdings hätten samt den
Fenstern dringend einer Renovierung oder zumindest einer gründlichen Säuberung
bedurft. In den Ecken sah man deutlich schwarzen Schimmel, aber Heidemarie fand
es gemütlich. Als uns der Franzose dann beim Abendbrot erzählte, dass die
Wirtin 24 Kühe versorgen musste, dazu Schweine, Schafe, Hühner, Hasen und
Gänse, und noch dazu das Brot selbst backen würde, da empfand ich die fehlende
Sauberkeit schon wieder ganz anders. Stolz servierte uns dann die junge Frau
mit den freundlichen braunen Augen ein reichliches Abendmahl, während ihre Kinder,
die ihr wie aus dem Gesicht geschnitten waren, nach Aufmerksamkeit suchend,
ausgelassen zwischen den Stühlen herumtobten. Zunächst gab es eine typische
Galicische Gemüsesuppe, die hauptsächlich aus einer Art grüner Sellerie- und
Lauchblätter, Ei und Fettringen bestand, danach als Hauptgang
hausgeschlachtetes Schnitzelfleisch mit Pommes und Salat und später einen
speziellen Nachtisch, der aus Ziegenkäse und Quittenmus bestand.
Außer
Heinz aus der Nähe von Düsseldorf und dem ohne Ende redenden Franzosen saß noch
ein junges deutsches Pärchen am Nachbartisch, das sich über Fußprobleme
unterhielt. Der Franzose hieß Jean, wie komischerweise die meisten Franzosen,
die ich kennen lernte. Ich stellte fest, dass ich die Einzige im Raum war, die
kaum Spanisch verstand. Da hatte ich ja Glück, dass Heidemarie dabei war, und
sie freute sich, mir alles erklären zu können. Der Gastraum war im Gegensatz zu
den Zimmern schön rustikal eingerichtet, mit vielen Fotos, Jagdtrophäen und
Holzschmuck an den Wänden. Es hätte gemütlich sein können, wenn ein Feuer in
dem alten Kamin gebrannt hätte. So war mir einfach nur
kalt und ich versuchte, mich mit warmem Essen und Rotwein etwas zu wärmen, denn
die anderen redeten sich scheinbar warm. Am liebsten hätte ich mit der gesamten
Bauernfamilie in der angrenzenden Küche gegessen, denn das schien der einzige
beheizte Raum in dem ganzen Haus zu sein.
Plötzlich
holte Jean mit verschwörerischer Miene das Gästebuch des Hauses hervor, suchte
eine bestimmte Seite und freute sich über unsere erstaunten Gesichter. Da stand
doch tatsächlich ein Eintrag von Laura Bush, der Tochter des amerikanischen
Präsidenten. Sie hatte vor einigen Jahren hier übernachtet und sich lobend über
das besondere Flair der Unterkunft geäußert. Ich hatte gar nicht gewusst, dass
Laura Bush auf dem Jakobsweg unterwegs gewesen war. Sicher hatte auch sie eine
etwas
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