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Das Leben in 38 Tagen

Das Leben in 38 Tagen

Titel: Das Leben in 38 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Scheidecker
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gegenüber in das Restaurant, weil ich es Werner versprochen
hatte, und da saß er mit Alfred und einem älteren Engländer am Tisch und
begrüßte mich freudig: „Je später der Abend...“ Die drei hatten schon einiges
an Rotwein getrunken und luden mich auch zum Trinken ein. Ich staunte, wie
lustig und locker Alfred drauf war. Sonst kannte ich ihn nur jammernd und
zeternd. Nun musste er aber noch loswerden, dass das Taxi von Zubiri nach
Pamplona doch 45 Euro gekostet hätte, während Martin aber nur von 25 Euro
gesprochen hatte. Ach, deshalb wohl die etwas zurückhaltende Begrüßung heute
Nachmittag! Aber Martin hatte 45 Euro gesagt, dessen war ich mir sicher. Na, egal,
darauf stießen wir noch mal mit Rotwein an. Hauptsache, unser Alfred konnte
wieder laufen! Nachdem wir in lustiger Runde den Wein vernichtet hatten,
drängte die junge Wirtin uns, zu gehen, weil sie zuschließen wollte, und
endlich konnte ich die Männer erfolgreich überreden, das Lokal zu verlassen.
    Gegenüber
stand José allein an der Bar und hörte seine Musik. Die Männer wollten
natürlich noch nicht ins Bett. Schließlich musste man es ausnutzen, wenn man in
einer Privatherberge übernachtete, wo nicht, wie in den Gemeindeherbergen
üblich, um 22.00 Uhr Zapfenstreich war. Wir stießen noch einmal auf unseren
Camino an und José wollte unbedingt etwas ausgeben. So holte er den
Selbstgebrannten seines Vaters aus dem Versteck und das war ein köstlicher
Tropfen. Alfred wurde immer redseliger. Auf einmal sprach er sogar Spanisch mit
José. Ich staunte immer mehr über ihn. Vielleicht spielte er ja nur den
Unbeholfenen! Auf jeden Fall wurde ein schöner Tag mit einem schönen Abend
beendet und ich ging leicht und beschwingt die Treppe hinauf in mein Bett.
    Die
beiden Engländerinnen schliefen schon, ohne zu schnarchen, und ich empfand das
als Riesenluxus. Ich ließ die vergangenen Tage in Gedanken noch einmal Revue
passieren und stellte fest, dass sich jeden Tag für mich ein Wunsch erfüllt
hatte. Gestern zum Beispiel hatte ich mir einen Sonntagsgottesdienst gewünscht
und ihn auf eine besondere Art und Weise erhalten, und heute hatte ich mir Zeit
zum Schreiben gewünscht, um die Fülle an Eindrücken überhaupt einmal
reflektieren zu können, und ich hatte die Zeit geschenkt bekommen. Was für
interessante Zufälle doch hier jeden Tag passierten!
    Oder
waren es schon mehr als Zufälle? Hörte vielleicht wirklich jemand meine
Wünsche?
    Als
ich in der Nacht noch einmal auf die Toilette musste, (kein Wunder nach dem
vielen Alkohol!), musste ich plötzlich feststellen, dass sich der
Reißverschluss von meinem Schlafsack nicht mehr öffnen ließ. Er hatte sich im
Innenstoff verklemmt und ich konnte nicht heraus. Was nun? Meine Blase drückte
und ich versuchte leise schimpfend im Dunkeln den Reißverschluss von dem Stoff
zu trennen, ohne ihn dabei kaputt zu machen.
    Mein
Stöhnen und Schimpfen blieb trotz des Flüstertons zum Glück nicht ungehört. Auf
einmal stand Madlen mit der Taschenlampe vor meinem
Bett: „ What’s your problem , Conny?“ „Der Scheißreißverschluss geht nicht auf.“
Mir fiel kein englisches Wort ein, aber sie hatte schon verstanden. Im
Gegensatz zu mir war sie ein praktischer Typ und hatte das Problem schnell
gelöst. „ Very thanks for your great help , Madlen !“, flüsterte
ich und konnte endlich auf die Toilette sausen, um dann in Ruhe
weiterzuschlafen.
    Am
Morgen lachten wir zusammen über den Vorfall. Als ich gerade wieder versuchte,
meinen Schlafsack nach allen Regeln der Kunst zusammenzurollen und dabei
sämtliche Luft herauszudrücken, damit er so klein wie möglich in die Hülle
passte, sah mir Madlen verständnislos zu. „Can I help you ?“ Dann nahm sie meinen
Schlafsack und fing an, ihn, ohne ihn irgendwie zu falten, in die Hülle zu
stopfen. „ It’s not possible !“,
sagte ich ungläubig, denn schließlich hatten mir der Verkäufer in dem Outdoorladen , wo wir meine Ausrüstung gekauft hatten, und
auch mein Mann gezeigt, dass man den Schlafsack unbedingt in bestimmter Weise
falten muss, damit er in die Hülle passt. Jeden Morgen hatte ich bestimmt zehn
Minuten damit zugebracht, die richtige Technik herauszufinden, was mir
allerdings noch nicht gelungen war. Nun setzte sich Madlen einfach hin, sagte: „Puff! Pufff ! Puffff !“,
während sie mit kräftigen Armbewegungen bei jedem „Puff!“ das Ding weiter in
die Hülle stopfte. Das Ganze hatte keine Minute gedauert. Wir lachten alle

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