Das Leben in 38 Tagen
entlang des Jakobsweges ihren Ursprung
in der Templergeschichte haben. Auf jeden Fall würde dieses schöne
navarresische Land eine wunderbare Kulisse für mittelalterliche Filme bieten,
dachte ich.
Kurz
vor dem Dorf gab es tatsächlich noch einen alten Maurenbrunnen zu besichtigen,
der wie ein Tempel aussieht. Villamayor de Monjardín, dies war der Name des
kleinen Dorfes, machte auf mich einen wunderbar romantischen Eindruck. Es lag
nicht nur malerisch unterhalb einer Burg, sondern auch wunderschön umgeben von
Weinfeldern, deren weißer Traubenwein eine Spezialität des Ortes sein sollte.
Als
ich gerade meine Wasserflasche an dem Dorfbrunnen füllen wollte, sprach mich
ein großer, schlanker Mann mit freundlichen blauen Augen und graumelierten
Locken an: „ Hello , this water is not good for drinking ! Do you speak English?“ „Yes, I’m from Germany!“ „Oh“, lachte
er, „schön, dich kennen zu lernen, ich heiße Jean und komme aus Holland. Wir
haben hier oben eine christliche Herberge, möchtest du hier übernachten?“
Erfreut stellte ich fest, dass ich mich wieder einmal mit der deutschen Sprache
verständigen konnte. Ich fragte ihn, warum man das Brunnenwasser nicht trinken
könnte und ob es hier Wasser zu kaufen gab.
Er
erzählte mir, dass es zwar nicht verboten sei, das Wasser zu trinken, aber
einige Pilger hätten schon Durchfall bekommen. Durchfall! Davor hatte ich nun
wirklich Angst, schließlich hatte ich schon dreimal in meinem Leben so
schlimmen Brechdurchfall gehabt, dass ich kurzzeitig bewusstlos war. Das wollte
ich auf keinen Fall riskieren. Jean riet mir, das Wasser am besten überall zu
kaufen, und führte mich an der Herberge vorbei zu einer kleinen Bar. Ich
erwartete Werner dort anzutreffen, aber bis auf zwei ältere einheimische
Männer, die ein
Glas
Wein tranken, war das Lokal leer. Eigentlich war ich froh darüber, dass Werner
anscheinend ohne mich weitergegangen war. Schließlich hatten wir von Los Arcos
als nächstem Ziel gesprochen und das war noch zwölf Kilometer entfernt, ohne
dass ein Dorf dazwischen lag. Ich bestellte mir erst einmal einen „Café con leche grande “ und einen eingeschweißten Einportion -Kuchen
(etwas anderes gab es hier nicht) und überlegte mir beim Essen, ob ich heute
noch weitergehen sollte.
Es
war erst 15.00 Uhr, also wunderbar früh, aber bis Los Arcos hätte ich noch
mindestens drei Stunden gebraucht und das fand ich doch ein bisschen viel.
Außerdem gefiel mir der kleine ruhige Ort und der freundliche Hospitalero ließ
auf eine nette Herberge schließen. Also entschied ich mich, auch heute nicht
mehr als zwanzig Kilometer zu gehen und hier zu bleiben.
Jean
hatte sich in der Zwischenzeit, ohne mich zu stören, mit den beiden
Einheimischen und der kräftigen älteren Wirtin auf Spanisch unterhalten und
währenddessen einen Kaffee getrunken. Er zeigte sich sehr erfreut, als ich ihm
meine Entscheidung mitteilte, und nahm mich gleich mit in die Herberge. Auf dem
Weg erzählte er mir, dass er immer wieder versuche, einen guten Kontakt zu den
Dorfbewohnern herzustellen, aber das sei nicht ganz einfach. Einige Einwohner
seien voreingenommen und würden die christlichen Holländer als Sekte sehen.
„Aha, also ein Seelenfänger, dem ich ins Netz gegangen bin“, dachte ich und
nahm mir vor, die ganze Sache etwas kritischer anzusehen.
Die
Herberge stellte sich als ein uraltes Haus mit dicken grauen Steinmauern und
winzigen Fenstern heraus, was ich ja schon langsam kannte, aber diesmal war
auch innen bis auf einen Waschraum mit zwei Toiletten und zwei Duschen für 25
Betten seit dem Mittelalter wohl nichts verändert worden. Da hatte ich meine
schöne alte Filmkulisse! Alle Räume waren klein, dunkel mit krummem, schiefem
Steinfußboden und ebensolchen Wänden. Darin standen jeweils drei
Doppelstockbetten, von denen eines schlimmer kippelte als das andere. Über die
niedrige Decke liefen dicke dunkelbraune Holzbalken und die Türen bestanden aus
ebensolchem Material und stammten wahrscheinlich aus der gleichen Zeit. Die
ausgetretenen Treppenstufen aus Naturstein waren von solch unterschiedlicher
Höhe, dass man ständig aufpassen musste, nicht zu stolpern oder sich an der niedrigen
Decke im Obergeschoss zu stoßen. Also würde ich heute Nacht in einem Museum
schlafen! Warum nicht?
Die
Holländer hatten das Haus im Jahre 2000 von der Gemeinde erworben und nun
verstand ich auch, warum die Herberge nur von Mai bis Oktober geöffnet war. Es
gab ja keine
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