Das Leben ist ein Baumarkt
will er mich aber auch einfach nur verarschen. Doch das erweist sich alles als falsch. Vielmehr hat er wirklich versucht, die Gipskartonplatten auf die Blechprofile zu nageln. Bei seinen vorherigen Konstruktionen aus Holz scheint das sogar funktioniert zu haben, obwohl es dafür ja auch Schrauben gibt. Weiß der Geier, wie er das gemacht hat und wie lange das hält. Weil ich eigentlich ein gutes Herz habe und so etwas Ähnliches wie Mitleid für ihn empfinde, zeige ich ihm die Schrauben mit dem Bohrkopf.
»Die sind extra für die Montage auf den Blechprofilen und haben einen kleinen Bohrkopf vorne dran, sind also selbstschneidend.«
Verblüfft schaut er mich an und meint: »Das könnte funktionieren.«
Nachdem ich ihm offenbar glaubhaft versichert habe, dass die Schrauben wirklich das Richtige für sein Vorhaben sind, braucht er nun auch noch ein paar Gipskartonplatten.
»Können Sie mir die vielleicht gleich zuschneiden?«, fragt er.
Eigentlich machen wir so was ja nicht, aber da er eh schon genug Stress mit seiner Nagelei hatte, drücke ich diesmal ein Auge zu und frage ihn, wo ich die Platten denn abschneiden soll.
»Auf 2,38 Meter«, antwortet er.
Ich messe also 2,38 Meter ab, lege einen Winkel an, schneide mit meinem Teppichmesser daran entlang und durchtrenne die obere Kartonschicht. Dann knicke ich den überflüssigen Rest einfach ab und schneide den unteren Karton durch, damit es eine saubere Kante wird.
Mit fassungslosem Gesicht steht der Kunde neben mir: »Ach so geht das. Das ist ja total einfach.«
»Wie jetzt?«, frage ich erstaunt zurück. »Wie soll es denn sonst gehen?«
»Ich habe die bisher immer mit der Stichsäge zugeschnitten, und das geht mal gar nicht gut. Erstens hast du da ’ne Mordssauerei und zweitens kannst du dauernd die Blätter wechseln«, antwortet er.
Eigentlich hätte es mich ja schon interessiert, wie er denn auf all diese fachmännischen Vorgehensweisen gekommen ist, aber letztlich wollte ich doch lieber nicht nachfragen. Denn wahrscheinlich kenne ich die Antwort eh schon: »Na, das hat mir Ihr Kollege so erklärt.«
Umrechnungsfaktor
Obwohl ich schon ahne, dass in dem Satz »Ich hab da mal kurz ’ne Frage zu den Fliesen« das »kurz« wahrscheinlich nur in Relation zur durchschnittlichen Lebenserwartung einer griechischen Landschildkröte zutreffend ist, frage ich höflich nach: »Worum geht es denn?«
»Also, ich hab mir jetzt mal zwei Fliesen rausgesucht, die so von der Farbe her zu meinen Möbeln passen würden. Jetzt bin ich nur noch wegen dem Preis am Überlegen. Weil die hier ist 30 x 30 Zentimeter groß und kostet 8,90 Euro pro Quadratmeter, die andere ist 33 x 33 Zentimeter und kostet 9,90 Euro pro Quadratmeter. Also ist die 33er um 10 Prozent größer als die andere, und wenn ich die 10 Prozent dann von 9,90 Euro abziehe, komme ich auf 8,91 Euro. Dann kann man also sagen, dass die eigentlich gleich viel kosten.«
Ich muss zugeben, dass ich jetzt doch leicht irritiert bin, und frage ihn sicherheitshalber: »Aber 1 Quadratmeter bleibt doch 1 Quadratmeter, oder?«
»Ja klar«, antwortet er, »aber es geht doch hier um den Preis von den Fliesen.«
Okay, wenn er es nicht einsehen will, dann spiele ich eben mit: »Das ist natürlich was anderes. So habe ich das noch nie gesehen. Ich habe da aber noch eine ähnliche Fliese, die wäre allerdings 60 x 60 Zentimeter groß und kostet 19,95 Euro pro Quadratmeter. Da sie aber viermal so groß ist wie die 30er ...«
»Doppelt so groß«, unterbricht er mich, »30 ist die Hälfte von 60. Also ist sie doppelt so groß.«
»Ja klar, aber sie ist auf beiden Seiten doppelt so groß. Also bewegen wir uns hier in der Quadratrechnung.«
Zum Beweis lege ich eine der 60er-Platten auf den Boden und decke sie mit vier kleinen 30er-Platten ab, die genau daraufpassen. Er schaut mich ungläubig an und meint: »Tatsächlich. Dann ist eigentlich die größte auch am günstigsten. Die kommt ja dann noch nicht mal auf 5 Euro. Und weniger Fugenmasse braucht man auch.«
Alles klar. Wir einigen uns also darauf, dass er die 60er-Fliesen für 19,95 Euro pro Quadratmeter nimmt, und mir wird bewusst, dass ich doch besser studiert hätte. Denn ohne ein erfolgreiches Studium in Mathematik bleiben einem solche Preisberechnungen wohl für immer ein Rätsel.
An Stui für a Hocka
Da ich gerade einen größeren Auftrag zu bewältigen hatte, stehen mittlerweile einige wartende Kunden an meiner Information. Jetzt heißt es einen nach dem
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