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Das Leben ist ein listiger Kater. Roman

Das Leben ist ein listiger Kater. Roman

Titel: Das Leben ist ein listiger Kater. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-Sabine Roger
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glaube, vorher war es ihr lieber.
    Dann gib dir ein bisschen Mühe, sei schlechter Laune! Das ist doch nicht so schwierig, zum Teufel!
    Sogar das fällt mir schwer. Ich schaffe es nicht mal mehr, wütend zu werden. Ich nörgele herum, gehe allen auf die Nerven, aber ohne rechte Überzeugung, davon lässt sich niemand täuschen.
    Das war sowieso noch nie dein Ding. Nimm’s mir nicht übel, mein Lieber, aber du bist einfach ein netter Kerl.
    Meinst du, es ist das Alter?
    Natürlich nicht, schau mich doch an: unausstehlich wie am ersten Tag. Nein, das nutzt sich nicht ab, sogar im Gegenteil, würde ich sagen … Aber du kommst mir ein bisschen niedergeschlagen vor, Kumpel. Hat deine Lebenskrise nicht etwas mit Leberbeschwerden zu tun?
    Ich fühle mich zurzeit wirklich ziemlich erledigt. Vielleicht habe ich es mit dem hiesigen Honigwein übertrieben? Obwohl es mir eigentlich nicht ähnlichsieht, mit irgendwas zu übertreiben …

I ch verstehe genau, was Serge damit meint, dass Begeisterung und Lust ihm abhandenkommen. Ich merke auch, wie sie langsam verschwinden. Und ich werde vorsichtig.
    Vorsichtig, ich!
    Als ich jung war, wäre ich jedes Risiko eingegangen. Ich trank zu viel, ich fuhr schnell, ich ließ mich auf idiotische, gefährliche Herausforderungen ein. Mit knapper Not am Abgrund, an allem möglichen Ärger vorbeischrammen, das war meine Art zu leben.
    Heute bin ich froh, wenn ich zwanzig Meter laufen kann, ohne zu stürzen. Ich klammere mich an meinen Stock, mir zittern die Knie, ich habe Angst, mir wehzutun. Das ist der Schock des Unfalls, ich weiß. Aber wenn ich es mir recht überlege, schone ich mich schon seit ein paar Monaten etwas zu viel. Ich gehe behutsam mit mir um, als wäre ich aus Porzellan. Und trotzdem gaukle ich mir vor, siebenundsechzig sei noch nicht wirklich alt, ich stünde noch ganz oben am Hang.
    Aber der Hang ist eine Rutschbahn. Bloß das Geländer nicht loslassen.
     
    Mit zwanzig hatte ich einen volleren Terminkalender als ein Politiker: Ich spielte Rugby, ich hob Gewichte, ich fuhr Fahrrad, joggte, schwamm. Das alles für die Mädchen, natürlich. Wofür sonst sollte man einen Muskelriss, eine Zerrung riskieren? Kein Mann unter vierzig treibt Sport, um gesund zu bleiben. Das Argument bringen nur alte Junggesellen vor. Alte Knacker eben.
    Wenn man jung ist, treibt man Sport, um sich stärker zu fühlen, um andere zu beeindrucken.
    Um seinen Rang als Alphamännchen zu sichern.
    In meiner Jugend, da beurteilten sich die Jungs gegenseitig nach einfachen Kriterien: Man musste tolle Bizepse haben oder einen scharfen Schlitten fahren, ein guter Liebhaber sein oder zumindest als solcher gelten, und Alkohol vertragen.
    Ich bin mir nicht sicher, ob sich das heute grundlegend geändert hat, auch wenn die Bezugsgrößen wahrscheinlich andere sind. Ich bin kein Experte, was die Jugend angeht, bei weitem nicht, aber die Gattung dürfte sich nicht so sehr verändert haben. Zwischen fünfzehn und zwanzig ist das Leben etwa so wie in einem Tierfilm: Es wird um Weibchen und Reviere gekämpft. Würden wir auch jedes Mal in eine Ecke pissen, wenn wir brünstig sind, dann würde es in den Oberschulen stinken wie in der Bedürfnisanstalt.
     
    »Wenn Jugend nur wüsste, Alter nur könnte …« – was für eine dämliche Redensart!
    An die Gesundheit denkt man, wenn man sie nie gehabt hat oder wenn sie den Bach runtergeht.
    An das Leben klammert man sich, wenn es in Gefahr ist.
    Von der Jugend redet man immer nur in der Vergangenheitsform.
     
    Wenn »Jugend wüsste«, dann gäbe es weder Spontaneität, noch würden verrückte Luftschlösser gebaut und wilde Pläne geschmiedet. Alles wäre schon vorhergesehen, geplant, eingekastelt. Man würde nur im Voraus entschiedene Wetten annehmen. Und folglich hätte man keinen Spaß mehr am Gewinnen. Man würde sich langweilen, sonst nichts. Da ist es doch besser, nichts zu wissen, sonst würde uns die Aussicht auf die kommenden Niederlagen entmutigen. Und sein Glück vorher zu kennen, das wäre, wie seine Weihnachtsgeschenke im November aufzumachen. Das Geschenk wäre dasselbe, aber es hätte überhaupt nicht den gleichen Wert.
    Wenn »Alter könnte«, dann würde es immer in den gleichen Bahnen weitermachen, ohne jeden Abstand, ohne Weisheit. Immer tiefer in der gleichen Furche, in der gleichen Wagenspur. Ohne je abzuspannen, immer fest an die Zügel geklammert. Nie irgendetwas loslassen, wie ein alter Diktator.
    Zu neuen Dingen geht man deswegen über, weil

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