Das Leben ist kein Spiel -kleine Bilder
anmeldete. Manchmal habe ich im Gästezimmer geschlafen, manchmal auch im Hotel. Die ganze Situation wurde schnell wieder relativ familiär. Es waren ja auch noch keine neuen Partner da. Nach etwa einem Jahr habe ich unser Haus in Bogenhausen verkauft und bin nach Zug und Zürich gezogen. Emotional war es natürlich schwierig, den Lebensmittelpunkt der Familie zu veräußern. Da waren ja noch die Spielsachen unserer Söhne; die Möbel, die wir zusammen gekauft hatten; Bilder, Fotos von der Familie und so weiter. Barbara hat die Dinge einfach nicht abgeholt. Und irgendwann habe ich angefangen, das alles in Boxen zu verstauen. Da steht man und packt sein ganzes Leben in Pappkisten. Das geht einem schon wahnsinnig an die Nieren.
Das Kapitel Barbara war nun für mich beendet. Man sagt ja, die Erinnerung male mit einem goldenen Pinsel. Zumindest für das Ende des Golden Couple gilt das nicht. Aber heute kann ich zumindest auch das Positive an dieser tiefen Lebenskrise sehen. Ich bin in dieser Zeit erwachsen geworden. Ich war damals 33 Jahre alt und musste mich komplett neu erfinden. Keine Familie mehr vor Ort, meine Tochter Anna in London, die Tenniskarriere beendet, eine neu gegründete Agentur in München und dann auch noch der Steuerprozess. Man sollte nicht vergessen, was mir drohte: Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre und neun Monate Gefängnis gefordert. Da ist an langfristige Lebensplanung erst einmal nicht zu denken. Der Druck in dieser Zeit war unglaublich groß und kein Vergleich zu der positiven Anspannung während meiner sportlichen Karriere.
Der härteste Teil bei einer Trennung ist der, den Kindern zu sagen, dass das, was in ihren Augen unverbrüchlich zusammengehört, nämlich Mutter und Vater, nicht länger zusammengehören. Wir haben diese Gespräche nicht gemeinsam geführt. Noah ist ja fünf Jahre älter als Elias. Der hatte es schon früher mitbekommen, dass der Papa nicht mehr jede Woche da war. Er hat das aber auf seine Art relativ entspannt genommen, solange ich halt immer wieder kam und auch länger da blieb. Bei Elias hat das etwas gedauert, weil er als kleines Kind durch die Umstände mehr auf seine Mutter fixiert war. Doch je älter er wurde, desto stärker wurde auch die innere Nähe zu mir. Mein Glück ist und war, dass die beiden Brüder ein Herz und eine Seele sind. Barbara hatte ja nach wie vor ihren beruflichen Lebensmittelpunkt in Deutschland und musste aufgrund ihrer Aktivitäten oft zwei Wochen im Monat weg. Dann passte Noah auf Elias auf und war so etwas wie mein verlängerter Arm in Miami. Das war sicher nicht einfach für ihn, aber so wusste ich zumindest, wie es ihnen ging und was sie machten. Für mich war am Anfang die größte Sorge, wie meine Söhne in Miami aufwachsen würden. Das ist schließlich nicht das behütete München-Bogenhausen. Auf welche Schule würden meine Kids gehen? Wer sind die Lehrer? Wer sind die Freunde von Barbara? Wer geht im Haus ein und aus?
Mindestens einmal täglich telefonierte ich damals mit Noah. Und wenn wir uns nicht persönlich sprechen konnten, dann schickten wir uns SMS-Nachrichten oder E-Mails. In den ersten Jahren nach der Scheidung von Barbara war ich wirklich alle paar Wochen drüben, um die Beziehung zu meinen Söhnen aufrechtzuerhalten. Als Ehepaar kann man sich trennen, aber die Verantwortung als Vater behältst du ein Leben lang.
Das Ende einer Ehe: Am 8. Januar 2001 teilen unsere Anwälte in Miami Beach mit, dass Barbara und ich uns außergerichtlich einigen werden
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Zwei Einsichten habe ich aus dieser für mich so kritischen Lebensphase mitgenommen. Zum einen: Die Binsenweisheit, die da sagt: »Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt«, trifft wirklich zu. Zum anderen: Es gibt wenig echte Freunde, wenn man mal abstürzt und »down and out« ist. Bis Ende 2002, also bis zum Ende meines Steuerprozesses, war ich, was meine Lebensplanung anging, total blockiert. Ja eigentlich in allem, was ich tat und was ich vorhatte. Zum Glück konnte ich mich auf ein paar wirkliche Freunde verlassen, die mich unterstützt haben und mir beigestanden sind. Ganz wichtig waren für mich in dieser Zeit meine Freunde Günter Netzer und Hans-Dieter Cleven. »HDC« hat mich im Jahr 2000 gefragt, ob ich nicht Mitgesellschafter der Völkl Tennis GmbH werden wolle, und an dieser AG habe ich mich dann zu 50 Prozent beteiligt. Er hatte sehr viele nützliche Ratschläge für mich, weil er mir einfach 30 Jahre an Lebens-
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