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Das Leben ist zu kurz für Knaeckebrot

Titel: Das Leben ist zu kurz für Knaeckebrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Asgodom , Peter Gaymann
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Sabine, die immer noch so wahnsinnig trotzig ist, aber jetzt, wenn es ihre Rolle in der Gesellschaft betrifft. Mein halbes Leben habe ich dafür gekämpft, gleichberechtigt wie ein Mann zu sein. Und zwar erfolgreich gekämpft.
    Beruflich wurde ich interessanterweise dafür belohnt, dass ich mir die gleichen Rechte wie Männer nehme, den gleichen Anspruch ans Leben habe, die gleiche Belastung und die gleiche Verantwortung wie ein Mann tragen kann. Ich bekomme die gleichen Honorare wie die bestbezahlten fünf Prozent Männer in meinem Beruf, werde in die gleichen Ämter gewählt wie die angesehensten Männer in meiner Branche, habe die gleichen Auszeichnungen bekommen wie einige herausragende Männer... Und stand früher auf
Partys lieber mit den berufstätigen Männern zusammen und redete über Computer, Autos oder Fußball, als mit den Frauen, die fast den ganzen Abend über Kindererziehung und Diäten geredet haben.
    Ja, ich führe ein Männerleben. Ich bin 150 Tage im Jahr unterwegs, kenne in den meisten Städten die Business-Hotels - und die Restaurants, in denen man nach 22 Uhr noch etwas zu essen bekommt. Denn ich bin nach meinen Vorträgen hungrig wie ein Bär. Kürzlich sprach mich eine Frau nach einem Vortrag an und sagte: »Wow, was Sie da auf der Bühne geleistet haben, Frau Asgodom. Fast zwei Stunden Vortrag. Ihre Power, Ihr Temperament, wie Sie uns zum Lachen gebracht haben. Ich habe mich keine Sekunde gelangweilt. Sie haben Kraft! Das entspricht ja einem Halbmarathon.«
    Stimmt, dachte ich. Aber - warum nehme ich dann nicht ab? Vielleicht, weil Brainpower nicht so viele Kalorien verbrennt wie körperliche Arbeit? Aber das ist doch gemein! Wissen Sie, wie ich schufte auf der Bühne und schwitze wie ein Tier? Achtung, ich werde schon wieder trotzig.
Die Geschichte vom trotzigen Bienchen
    Wie war das mit dem trotzigen Bienchen? Meine Mutter erzählt die Geschichte immer wieder mit sichtlichem Vergnügen. Deshalb darf ich sie hier auch erzählen: Ich soll als neun Monate altes Baby im Hochstühlchen mit meiner Familie am Esstisch gesessen haben. Es gab Krautsalat für die Großen, den ich auch essen wollte. Ich sollte aber Grießbrei bekommen. Den wollte ich nicht. Ich soll mich trotzig nach hinten geworfen haben. Worauf meine Mutter mich geschnappt, mir einen Klaps auf den Po gegeben und ins Bett gebracht hat. Als sie zurückgekommen ist, soll Klaus, der
jüngste meiner drei großen Brüder, gesagt haben: »Wenn ich mal Mutter bin und du Kind, dann haue ich dich noch viel mehr.«
     
    Iss deinen Teller leer!
Zum Kotzen!
     
    Dieser Erziehungsversuch sagt natürlich etwas über die Kindererziehung der Fünfzigerjahre, man nennt sie auch »Schwarze Pädagogik«, er sagt aber auch etwas zu meiner »Sozialisation«. Der Wille wurde als Erstes beim Essen gebrochen. »Schrei ruhig, Kind, aber die vier Stunden bis zur nächsten Flasche sind noch nicht rum.« - »Iss das auf!« - »Iss das nicht!« - »Gegessen wird, was auf den Tisch kommt« - »Erst den Teller leer essen«. Ich bekomme beim Schreiben dieser Zeilen Gänsehaut am ganzen Körper. Und erinnere mich vor allem an die Linsensuppe. Die habe ich als Kind gehasst, und sie hatte schon eine kalte Haut, als ich immer noch am Tisch saß, weil ich aufessen sollte, es mich aber bei jedem Löffel würgte.
    Zurück zu meinen drei großen Brüdern, die haben gefuttert wie die »Scheunendrescher«, wie meine Eltern immer stolz erzählten. Ich erinnere mich als Schulmädchen an Mittagessen, bei denen es Kartoffelpuffer oder Klöße gab - meine Brüder haben einen Wettbewerb daraus gemacht. Wer isst am meisten? Wer bricht den Rekord? Ich war einige Jahre jünger und schwer beeindruckt. Auch mit welcher Begeisterung meine Mutter in der Küche stand und für Nachschub gesorgt hat. Essen war super, viel Essen war das Ziel. (Über Essgewohnheiten und den Einfluss der Familie mehr beim nächsten »T« wie Trance.)

    Iss, damit du groß und stark wirst!
    Was ich damals gelernt habe: Essen und Kraft gehören zusammen. Meine Brüder waren immer stärker als ich, das musste am Essen liegen. Schließlich wurde uns Kindern auch ständig gesagt: »Iss, damit du groß und stark wirst!« (Das mit dem groß habe ich einfach nicht hingekriegt!)
    Wenn meine Brüder mich ärgern wollten und mich festgehalten haben, hatte ich null Chancen: Befreien konnte ich mich aus den starken Armen nicht. Und ich erinnere mich heute noch an dieses Gefühl der Ohnmacht und der wilden Wut. Ich hatte

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