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Das Leben ist zu kurz für Knaeckebrot

Titel: Das Leben ist zu kurz für Knaeckebrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Asgodom , Peter Gaymann
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Migrationshintergrund.
     
    Und diese Gruppe von Menschen nennt man - »Unterschicht«. Dicksein als Unterschichtenproblem - so wird es doch beschrieben. Nur ist es ja sehr viel einfacher, den dummen »Unterschichtsmenschen« zu unterstellen, dass sie sich, faul vor dem Fernseher hockend, mit Fastfood
dick fressen. Das kommt gut an bei den aufgeklärten Bildungsbürgern.
     
    Übrigens: Eine neue Studie sieht Deutschland auf dem 16. Rang unter europäischen Ländern, was das Glücksgefühl seiner Bewohner betrifft. Ich kann mir vorstellen, dass die grassierende Unsicherheit viele (junge) Menschen dick werden lässt. Und wenn wir da etwas verändern wollen, müssten wir den Menschen dann nicht mehr Sicherheit geben? Diese Frage würde ich gern diskutieren.
    Manchmal überlege ich, ob ich vielleicht nicht nur übergewichtig, sondern auch übersensibilisiert und übelnehmend bin, und dann wird mir wieder so ein Dokument aus dem Internet geschickt, das meinen Eindruck verstärkt - zum Beispiel der Eintrag eines Bloggers in einem Bodybuilder-Forum vom 2 8.7.2 010:
    »Irgendwie merk ich wie ich immer oberflächlicher werde, vor allem wenn ich irgendwelche dicken Leute (vor allem dicke Frauen) auf der Straße seh bekomm ich schons kotzen.. denk mir f ***** s***** schwein oder ähnliches... im Schwimmbad Strand isses eh noch schlimmer, da merk ich wie ich innerlich richtig aggro werd obwohl ich sonst eigentlich voll der ruhige bin...«
    Ich denke, der Schreiber sollte mal ein bisschen weniger von den Muskelaufbaupräparaten nehmen, die das Hirn schrumpfen lassen.
    Nein, im Ernst, ich habe keine Lust mehr, dass Dicke
    › zum Spielball für die Nahrungsmittel- und Pharmaindustrie, für Diätunternehmen, Ärzte und Ernährungsberater werden;

    › in Boutiquen (Größen), Restaurants (Stühle) und Fluglinien (Sicherheitsgurte) gezeigt bekommen: »Wir wollen Sie hier nicht!«;
    › von dünnen Frauen als Spiegel-Folie benutzt werden, an der diese ihr eigenes Selbstbewusstsein steigern;
    › von Politikern für ihre Profilierungssucht missbraucht werden, egal ob es um das Verbot von Fastfood für Kinder oder Strafbeiträge für Dicke in der Krankenkasse geht;
    › Disziplinlosigkeit, Faulheit und Unterschichtenmentalität unterstellt bekommen;
    › im Fernsehen, im Internet oder auf der Straße als fette Kuh beschimpft werden.
     
    Und ich habe die Nase voll, dass Dicken Stress gemacht wird, das beginnt schon bei den kleinen Kindern. Kinderlärm und Kindergärten in Wohngegenden werden verboten. Sportunterricht und Toben auf dem Schulhof werden verboten. Mütter, deren Kinder nicht der Norm entsprechen, werden beschimpft. Gleichzeitig lässt der Gesetzgeber zu, dass Nahrungsmittel aus minderwertigen Rohstoffen und Chemie hergestellt werden (Klebefleisch - falscher Käse!).
    Immer mehr Kinder werden superdick, so schallt es aus den Medien, von Gesundheitsprofis. Zahlen beweisen, das stimmt überhaupt nicht. Aber selbst wenn es so wäre, es würde mich auch nicht wundern. Als ich Kind war, haben wir den ganzen Tag draußen gespielt, auf der Straße Büchsenwegtreten, auf der Wiese Pferdchen. Im Garten haben wir Ball gespielt und mit Stöcken gekämpft, sind beim Räuber-und-Gendarm-Spielen gerannt, sind stundenlang über die Stoppelfelder gezogen, haben uns in Schneeballschlachten geschlagen und...

    Nochmal, wo können Kinder sich heute austoben? Vorm Fernseher? Im Internet? Im Ikea-Kinderparadies? »Nicht so wild, Kevin-Maurice!« Später als Erwachsene können sie sich ja wenigstens selbst im Erwachsenenparadies abgeben, im Fitness-Studio, dieser Neuzeit-Attraktion für Börsenteillesende Workaholics.
    Im TV wird in Model-Shows Magersucht als Körpermodell propagiert. Eine ganze Generation junger Frauen wird mit menschenverachtenden Shows gequält, junge Frauen, die sich und ihren Körper hassen lernen (immer mehr junge Männer übrigens auch). Nach dem aktuellen Mikrozensus in Bayern sind 13 Prozent der 18- bis 19-jährigen Frauen untergewichtig! 2005 waren es unter 3 Prozent! So wird das Selbstwertgefühl junger Mädchen und Frauen, ihre Selbstliebe, ihre Lebensfreude und ihr Gefühl dafür, was wirklich wichtig ist im Leben, zerstört! Hört auf damit!
    Magersucht ist die tatsächliche Gefahr, 100 000 Frauen in Deutschland sind magersüchtig, 15 Prozent von ihnen sterben! 22 Das sind 15 000 junge Frauen! Dazu kommen 600 000 Bulimikerinnen, also Frauen, die das Essen erbrechen, nur damit sie nicht dick werden, viele von ihnen

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