Das Leben ist zu kurz für Knaeckebrot
Dümpeln im 34 Grad warmen Wasser hat geholfen. Ich habe gemerkt, wie angespannt ich war. Und ich habe mich an die Frauen erinnert, die mir ganz Ähnliches aus ihrem Leben erzählt haben, auch sie haben in turbulenten Situationen:
› Traurigkeit weggegessen,
› Wut weggegessen,
› Gram weggegessen,
› Spannung weggegessen,
› Kummer weggegessen,
› Enttäuschungen weggegessen,
› Sorgen weggegessen,
› Ärger weggegessen,
› Einsamkeit weggegessen,
› Angst weggegessen,
› Stress weggegessen.
Was wiegt die Seele? - So heißt eine der ältesten philosophischen Fragen. Manchmal kann die Seele schwer sein. Das sagt auch der Volksmund: »Mir liegt was auf der Seele.« - »Die Seele bildet den Leib«, heißt ein Zitat von Giuseppe Mazzini aus dem 19. Jahrhundert. - Erinnern Sie sich an den Filmtitel »Angst essen Seele auf« von Rainer Werner Fassbinder? - »Mir ist die Seele so schwer«, sagt man. Da ist es: »Mir ist die Seele so schwer«.
Wer zwischen Seele und Körper einen
Unterschied sieht, besitzt keines von beiden.
OSCAR WILDE (1854 -1900)
Wär doch eine prima Ausrede: »Wissen Sie, also eigentlich bin ich gar nicht dick, ich habe nur so eine schwere Seele, so eine, sagen wir mal, satte 20-Kilo-Seele.« Puh! Aber im Ernst, dies ist ein Ansatz, der uns Leichtigkeit verschaffen kann. Wenn wir etwas für unsere Seele tun, für unser Seelen-Heil, können wir Leichtigkeit erreichen. Damit uns Felsbrocken von der Seele fallen können (die sind wichtiger als Pfunde auf der Waage). Wir werden uns nachher anschauen, wie das gehen könnte.
Manche Brocken liegen schon sehr lange auf der Seele: In der Grundschule war ich ein Überflieger, Lernen fiel mir leicht. Im Gymnasium packte mich der Ernst des Lebens und ich bekam Angst. Ich war nicht gut genug, ich habe nicht genug gelernt, ich war faul. Mein Vater war enttäuscht. Bei jeder schlechten Note (ging bei einer »3« los) diese Enttäuschung. Hättest du, wärst du... Wenn ich eine Erinnerung an meine Schulzeit habe, dann ist es Angst. Weniger vor den Lehrern in der Schule, sondern vor dem Lehrer zu Hause.
Essen gegen Ärger
Und heute weiß ich: Angst verhindert Lernen. Wer Angst hat, verliert den Zugang zu seinen Stärken und Fähigkeiten. Sprich, wer Angst hat, kann nicht lernen. Er ist auf dem Niveau eines Idioten und kann nur noch entscheiden: flüchten oder sich wehren. Da ist kein Platz für Lernen oder Kreativsein.
Zurück zum Thema »Entärgerungsmittel« Essen: Angstlösend waren die Pausenbesuche in der kleinen Milchbar direkt neben meiner Schule. Jeden Tag in der großen Pause saß ich da mit meinen Freundinnen Inge und Sabine auf roten Barhockern an einem kleinen grün melierten Tresen (das Bild hat sich in meinem Sehnerv eingebrannt) und bestellte Bananenmilch - ich jedes Mal mit einem Löffel Schlagsahne extra drauf (kostete zehn Pfennig mehr). Die Bananenmilch war köstlich.
Auf dem Heimweg nach der Schule kaufte ich mir fast jeden Tag Kartoffelchips, Kekse, Sahnebonbons, Cola und schleuste sie in meinem Schulranzen in mein Zimmer. Beim Hausaufgabenmachen stopfte ich alles heimlich in mich hinein. Kein Wunder, dass ich in der Pubertät runder wurde. Ich würde das heute Kummerspeck nennen. Ich mochte mich nicht, ich hatte Druck, Angst und ständig ein schlechtes Gewissen. Außerdem war ich ständig unglücklich verknallt. »Keiner liebt mich!« Und im Hinterkopf sang der Chor: »Weil du so dick bist, ällerbätsch!«
Essen kann angstlösend sein - wer diese Erfahrung gemacht hat, entwickelt Gewohnheiten, die dick machen. Wir schlucken unseren Ärger, dämpfen unsere Wut, überzuckern unsere Gefühle. Dies ist eine Erkenntnis, die alle Dicke, mit denen ich gesprochen habe, teilen. Essen macht glücklich (aber nur kurzzeitig). Essen löst Spannung. Essen lässt Sorgen vergessen. Essen hilft über unglückliche Zeiten
hinweg. Essen tröstet. Wenigstens für ein paar Minuten. Aber dieses Frustessen - das macht eben dick.
Mir wird immer klarer, dass ich nicht durch das normale Essen dick geworden bin. Auch wenn ich schnell und wie ein Mann esse: Ich esse zu den Mahlzeiten wirklich nicht sehr viel anders oder mehr als meine normalgewichtigen Freundinnen oder Seminarteilnehmerinnen. Aber auch ich habe meine Sorgen, meine Ängste, meinen Stress »überessen«. Statt zu diskutieren, schimpfen oder handeln, habe ich meinen Ärger hinuntergeschluckt. Nicht laut werden, nicht ungerecht werden, keinen Streit anfangen, lieber selber
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