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Das Leben ist zu kurz für Knaeckebrot

Titel: Das Leben ist zu kurz für Knaeckebrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Asgodom , Peter Gaymann
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Lösungsteil).
    Übrigens: Auch Abnehm-Parolen machen dick. Oder wie es der Psychologe Klaus Grawe beschreibt 26 : »Menschen, die hauptsächlich mit Vermeidungszielen arbeiten, haben ein schlechtes Wohlbefinden, ein schlechtes Selbstwertgefühl und eine schlechtere psychische Gesundheit.« Vermeidungsziele sind beispielsweise:
    »Das darf ich nicht...
Ich sollte nicht...
Nie mehr...
Bloß nicht...«
    Stress entsteht, wenn Vermeidungsziele von anderen eingetrichtert werden. Es gibt Ärzte, die sagen ihren ansonsten pumperlgesunden 45-jährigen Patienten: »Achten Sie auf gute Ernährung, wenig Fleisch, keine Wurst, keine Butter.« Und man fragt sich: Warum?

    Es gibt Erzieherinnen, die geben völlig gesunden Kindern die Anweisung mit: »Sag deiner Mutter, dass sie dir keine Leberwurst mehr aufs Brot streichen soll.« Hallo?
    Es gibt Verkäuferinnen, die Frauen mit Größe 48 abschätzig sagen: »Nein, solche Größen führen wir nicht. Waren Sie schon mal beim Arzt?« Darf das wahr sein?
Experten machen dick!
    Auch vermeintliche Experten machen den Menschen mit ein paar Kilo zu viel Stress. Der anerkannte Psychologe Professor Johannes Hebebrand beschreibt: »Während eines internationalen Adipositas-Kongress wurden rund 400 Ärzte und Wissenschaftler nach ihren Einstellungen gegenüber normalgewichtigen und übergewichtigen Menschen gefragt: Auch die Gesundheitsexperten brachten Übergewicht in Verbindung mit Faulheit, Dummheit und Wertlosigkeit.« 27 (Ist es Zufall, dass gerade in den USA die meisten Studien von der einschlägigen Industrie, Pharmaunternehmen, Diätnahrungsherstellern etc. finanziert werden?)
    Vor allem Jugendlichen schaden solche Einschätzungen. Professor Hebebrand: »Eltern, die das Übergewicht ihrer Kinder erkennen, … raten ihrem Kind oft zu einer Diät. Mit unguten Konsequenzen: Besonders die Mädchen nahmen in der Folgezeit zu - mehr jedenfalls als jene Mädchen, deren Eltern das Übergewicht ihres Kindes entgeht oder die es nicht bekümmert. Ein klarer Hinweis darauf, dass Diäten dick machen können.« Er fordert, dass die Stigmatisierung der Dicken gestoppt werden muss. Aufgezwungenes kontrolliertes Essen, das man in der Wissenschaft »Restraint Eating« nennt, gilt inzwischen selbst als Stressfaktor. Genauso wie sich der Teufelskreis von Diäten als gesundheitsgefährdend herausgestellt hat, »Weight Cycling« heißt in der medizinischen
Fachsprache, was wir in Deutschland sehr bildhaft »Jojo-Effekt« nennen - rauf und runter, rauf und runter und immer höher rauf...
    Aus Tierversuchen weiß man, dass Tiere besonders dann dick werden, wenn sie in aussichtslose Situationen getrieben werden, Ratten zum Beispiel. Und: Dabei entwickeln sie Fett im Bauchraum. Wenn Tiere Situationen ausgesetzt werden, die sie meistern können, und wenn sie dafür auch noch belohnt werden, beobachtet man das nicht. Übertragen auf Menschen, so der Arzt Gunter Frank, ist ausschlaggebend dafür, wie Stress auf den Stoffwechsel von Menschen wirkt, ob man eine Stresssituation selbst meistern kann oder ob man ihr hilflos ausgeliefert ist.
    Er schreibt: »Wenn molligen Menschen ständig von Experten geraten wird, abzunehmen, wenn sie dauernd hören müssen, dass Dicksein selbst verschuldet ist und Dicke eine Last für die Gesellschaft sind, wenn Dicke ohne Ende in den Medien gedemütigt werden und wenn sie andererseits jahrelang ihren Appetit zügeln und mit eiserner Disziplin versuchen abzunehmen, obwohl ihnen der Jojo-Effekt keine Chance dazu lässt, dann empfinden sie dies - natürlich - als negativen Dauerstress, als ausweglose Situation, als persönliche Niederlage. Und deshalb wächst ihr Bauchfett immer weiter an. (Übrigens: Bauchfett wegschneiden lassen hilft nichts, den Dauerstress loswerden, das kann helfen.)
    Erinnern Sie sich an meine These, dass die Gesellschaft dick macht? Und vor allem Menschen aus ärmeren Schichten (das moderne Wort für diese soziale Gruppierung ist »Prekariat«)? Dort liegt die Zahl der »Fettsüchtigen« nach Studien bei 30 Prozent (gegenüber 10 Prozent in der Oberschicht). Warum wohl? Wer ein hohes Maß an Selbstbestimmung hat, kann Situationen besser meistern als jemand,
der weniger Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen und Selbstbestimmung hat, sprich, der sich selbst weniger helfen kann. Wer sich in misslichen Situationen selbst befreien kann, wer mutig Entscheidungen trifft, Grenzen setzt und seine Wünsche durchsetzt, wer finanziell besser gestellt ist und dadurch

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