Das Leben kleben
Mann schnappen wollen. Sie sind eine hübsche Frau, aber Sie lassen sich gehen. Sie müssen etwas Schickes anziehen. Ich habe ein schickes Kleid, rote Punkte und weißer Kragen. Würde hübsch an Ihnen aussehen. Und Lippenstift. Sie müssen einen hübschen Lippenstift tragen, der zur Farbe passt. Ich kann Ihnen einen borgen.«
Ich lächelte unverbindlich, als ich an ihre eklige verschimmelte Schminke in der Schlafzimmerschublade dachte.
Irgendwann hörte das Klopfen oben auf und Chaim steckte den Kopf durch die Tür. Er trug Jeans und ein T-Shirt und hatte Sägemehl im Haar und in den Augenbrauen.
»Was sollen wir mit all dem Gerumpel tun, Ella? Den Sachen von den Vorbesitzern?« »Die, die einfach fortgelaufen sind?«, zog ich ihn auf.
»Das ist nicht zum Lachen. In ganz Europa kommen Juden zurück und wollen ihren Besitz wiederhaben.«
»Wie die Palästinenser mit ihren Schlüsseln?« Ich grinste. Er sah verärgert aus.
»Sie - Sie sind nicht jüdisch, Miss Georgiana. Sie wissen nicht, was es bedeutet.«
»Es ist nur so eine Angewohnheit aus Yorkshire - das Kind beim Namen nennen.«
»Das Kind?«
»Aber es waren gar keine Juden, die hier gewohnt haben, Chaim«, mischte sich Mrs. Shapiro beruhigend ein. »Warum machst du immer alles so kompliziert? Lass das Gerumpel, wo es ist. Setz dich und trink eine Tasse Kaffee mit uns.«
Chaim zog sich etwas nervös einen Stuhl heran. Wonder Boy war mit angelegten Ohren hereingeschlichen und lauerte mit zitternder Schwanzspitze unter dem Tisch.
»Raus, Wonder Boy! Geh und mach deinen kleinen Wunsch anderswo!« Sie scheuchte ihn davon.
Plötzlich ließ ein grauenhaftes Brüllen das ganze Haus erzittern. Es war die Schleifmaschine, die zum Leben erwacht war. Wonder Boy setzte zum Gegengeheul an. Chaim Shapiro sprang auf.
»Ich muss den Jungs helfen. Sie sind zu nichts nutz.« Er grinste mich an. »Um den Kindern einen Namen zu geben.«
Als wir wieder allein waren, beugte sich Mrs. Shapiro vor und flüsterte: »Er ist verrückt, nich wahr? Er hat eine Glasscherbe ins Auge bekommen, weißt du. Ein paar Jungen haben Steine auf den Bus geworfen. Aber ich glaube, ein Stück ist ihm auch ins Gehirn gegangen.«
Als wir die Gästeliste fertig hatten, verteilten wir die Pflichten. Mrs. Shapiro sagte, sie würde bei Wolfe & Diabello anrufen. Widerstrebend willigte sie ein, auch Ms. Baddiel einzuladen. Ich sollte Nathan und seinen Tati anrufen. Kaum war ich zu Hause, griff ich zum Telefon. »Dein Vater hat eine Eroberung gemacht, Nathan.«
»Wunderbar! Ich wusste von dem Moment an, als ihr euch kennengelernt habt, dass ihr füreinander geschaffen seid. Du wirst eine tolle Stiefmutter, Georgia.«
Die Vorstellung brachte mich auf Gedanken. »Ja, ich sperre dich ein und füttere dich mit vergifteten Äpfeln. Willst du wissen, wer es wirklich ist?«
»Ich denke, ich kann es erraten. Ist es deine alte Lady, Mrs. Shapiro?«
»Hat er irgendwas gesagt?«
»Er sagt, zu schade, dass sie so alt ist.«
»Dasselbe sagt sie über ihn. Jedenfalls seid ihr beide zu einer Party eingeladen.« Ich nannte ihm das Datum - es war ein Samstag, um vier Uhr nachmittags. »Schreib es in deinen Kalender. Entweder wird es eine musikalische Soiree oder eine Gartenparty.« »Oh Gott, was soll ich da bloß anziehen?«, murmelte er theatralisch. »Wenn es dir hilft, ich ziehe ein rotes Kleid mit weißen Punkten und einem weißen Kragen an.«
Ich wollte schon auflegen, doch ich hatte das Gespräch mit Chaim noch im Hinterkopf, und plötzlich dachte ich an die Klebstoffmesse.
»Nathan, weißt du noch, was du gesagt hast, als du dich einen selbstverachtenden Juden genannt hast?«
»Habe ich das?«
»Ja. Ich dachte, es hätte damit zu tun, dass du schwul bist. Oder so kl...« Ich biss mir auf die Zunge. »... oder so.«
»Weißt du, Georgia, manchen Leuten geht es nur um das, was sie trennt. Mir geht es um das, was die Leute zusammenhält. Das ist alles.«
»Aber ... hatte es nicht damit zu tun, dass du nicht an ein jüdisches Heimatland glaubst?«
»Da, wo du herkommst - Kippers - ist das dein Heimatland?« In seiner Stimme lag ein Anflug von Ungeduld. »Kippax, nicht Kippers. Müsste eigentlich Tiefkühl-Chippax heißen.« Noch während ich es aussprach, hatte ich ein schlechtes Gewissen wegen meines Landesverrats. »Ich meine nur, alle reden ständig von Heimatland, als wäre es das Wichtigste auf der Welt. Das kommt mir so komisch vor ...«
Ich hörte sein gereiztes Schweigen am anderen
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