Das Leben kleben
für eine Sainsbury's-Kundenkarte war darunter.
Ich folgte Violetta in die Küche. Ein Chaos von schmutzigen Tellern, benutzten Tassen mit Resten ekelhafter brauner Flüssigkeiten, leeren Dosen und fettigen Fertigkostverpackungen bedeckte jeden Zentimeter der verklebten Arbeitsfläche. In der gesprungenen Spüle unter dem Fenster weichte ein Stapel ungespültes Geschirr mit Essensresten in trübem Wasser ein, und aus dem Kaltwasserhahn tropfte es. Der Gasherd war von einer dunkelbraunen Dreckkruste überzogen und so alt, dass er noch Hebel statt Drehknöpfen hatte. Es war auch ein gusseiserner AGA-Herd da, doch er schien nicht angeschlossen zu sein und diente hauptsächlich als Lager für alte Zeitungen. Im ganzen Haus war es kalt und modrig. Ich zitterte. Selbst in meinem warmen Dufflecoat fror ich.
Nach kurzer Suche fand ich ein Dutzend Katzenfutterdosen in einem Schrank. Ich schöpfte ein paar Löffel für Violetta in eine Schüssel, und sie schlang es so schnell herunter, dass sie fast an ihrer eigenen Gier erstickte. Dann schloss ich die Hintertür auf - der Schlüssel steckte von innen -, füllte die Schüssel noch einmal und stellte sie draußen auf die Stufe. Wonder Boy tauchte auf, fauchte Violetta an, schlug mit der Pfote nach ihr und leerte die Schüssel. Auch ein paar andere dürre Gestalten drückten sich draußen herum. Ich fütterte sie alle - es musste ein gutes halbes Dutzend Katzen sein, die maunzten und sich an meinen Beinen rieben. Dann kehrte ich ins Haus zurück und schloss die Tür wieder ab.
Der Sekretär, von dem Mrs. Shapiro gesprochen hatte, befand sich in einem Zimmer im Erdgeschoss, das vielleicht einmal das Herrenzimmer gewesen war.
Das Fenster hinter den zugezogenen Vorhängen war mit Brettern zugenagelt, ein wenig Licht kam nur von einer einzelnen Glühbirne in einem schweren vergoldeten Kronleuchter. In ihrem schwachen Schein machte ich eine altmodische Blumentapete aus, deckenhohe Bücherregale, Perserteppiche und einen Kamin, über dem ein vergoldeter Spiegel hing, der wahrscheinlich einst den verbarrikadierten Blick in den Garten gespiegelt hatte. Selbst im dämmrigen Licht sah ich, dass es ein hübsches Zimmer war. Auch der Geruch war anders, mehr Moder und Staub und weniger Katzenpisse. Es gab einen Ohrensessel und zwei Schreibtische - einen schweren Mahagonischreibtisch mit Schubladen am Fenster und den hohen Eichensekretär, der im Alkoven neben dem Kaminsims stand. Ich beschloss, dort anzufangen. Ich muss zugeben, dass mir Ms. Firestorm über die Schulter sah und mir ins Ohr flüsterte, dass hier gewiss eine Geschichte verborgen war - vielleicht eine bessere Geschichte als
Das verspritzte Herz.
Der Sekretär war voll mit Papieren, hauptsächlich Rechnungen an Naomi Shapiro, und ein paar ältere mit dem Adressaten Artem Shapiro, und Auszüge eines gemeinsamen Kontos. Der letzte zeigte zu meiner Überraschung ein Guthaben von über dreitausend Pfund. Der älteste Auszug stammte aus dem Jahr 1948. Anscheinend gingen monatlich eine kleine Rente sowie Mrs. Shapiros Witwengeld auf dem Konto ein. Ich nahm aufs Geratewohl ein paar Auszüge heraus; würden sie dem Krankenhaus als Information reichen? In derselben Schublade lag, von einem Gummi zusammengehalten, ein Bündel Quittungen, unter anderem eine über £ 25 von einer Secondhandboutique namens Felicity NU2U und eine über £ 23 von P. Cochrane, Antiquitäten-Emporium, New North Road. Dafür also der Kinderwagen.
Aber es muss noch etwas anderes geben, dachte ich, etwas mit einem Geburtstag oder Geburtsort, ein Taufschein, die Hochzeitsurkunde, ein Zeugnis oder Arbeitsvertrag. Es war unmöglich, dass ein ganzes Leben nur durch Rechnungen und Quittungen dokumentiert war. Die Schubladen des schweren Schreibtischs quollen über von zerknittertem Briefpapier, eingetrockneten Stiften, Bleistiftstummeln, Quittungen, alten Eintrittskarten, Zugfahrplänen, die seit Jahren überholt waren, einem Büchereiausweis, ebenfalls abgelaufen, und einer Sammlung alter Informationsblätter zum Thema Rente und staatliche Unterstützung: die nutzlosen Fetzen der Bürokratie, die wir durch unser tägliches Leben schleppen. Eine Schublade enthielt einen Briefwechsel mit der Kommune wegen der Araukarie, die Mrs. Shapiro fällen lassen wollte, die aber anscheinend Bestandsschutz genoss.
In der letzten Schublade fand ich schließlich einen dicken braunen Umschlag mit offiziell aussehenden Dokumenten. Das, was ich suchte. Ein merkwürdig aussehender
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