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Das Leben kleben

Das Leben kleben

Titel: Das Leben kleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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schwarzweiß, eine nicht sehr ansprechende Gebirgsgegend, felsig und kahl, terrassenförmig mit struppigen Bäumen bepflanzt. In dem Tal darunter war eine Siedlung mit flachen Dächern. Es sah aus wie Griechenland. Ich drehte das Foto um. Auf der Rückseite stand
Kefar Daniyyel und
zwei Zeilen:
     
    Ich schicke Dir weine Liebe übers Meer Und bete, dass Du eines Tages kommst Naomi
     
    Noch ein Name: Daniyyel. Wie passte er in die Geschichte? Hatte Naomi einen Liebhaber? Im Vordergrund der Aufnahme war ein langer Schatten, wie von einer Person - es musste der Fotograf sein, der mit dem Rücken zur Sonne stand. Wer hatte das Foto gemacht?
    Dann hörte ich draußen eine Fahrradklingel, und einen Augenblick später tauchte Mr. Ali wieder auf.
    »Tut mir leid Verspätung. Ich hab überall nach richtige Größe von Schloss gesucht. Altmodische Schloss schwer zu finden.«
    Er brauchte weniger als zehn Minuten, um das alte Schloss herauszustemmen und das neue einzusetzen. Ich nahm einen der neuen Schlüssel und befestigte ihn an dem Schlüsselbund in der Kaffeekanne; den anderen steckte ich lächelnd in meine Tasche. Ich stellte mir vor, wie Mrs. Goodney und Damian in der Dämmerung auf Zehenspitzen ums Haus schlichen und stundenlang mit dem alten Schlüssel an dem Schloss herumfummelten. Irgendwann würden sie aufgeben und davonstapfen, wobei sie über Brombeerranken stolpern und sich von oben bis unten mit Katzenkacke einsauen würden. Geschah ihnen recht.
    Ich einigte mich mit Mr. Ali - er wollte zehn Pfund plus die Kosten für das Schloss, aber ich überredete ihn, zwanzig zu nehmen - und dankte ihm überschwänglich.
    »Immer besser«, sagte er, als er sein Werkzeug in die Schultertasche packte, »zuerst gewaltfreie Lösung probieren.«
     

16 - Das Versorgungspaket
    Es war recht spät am nächsten Abend, schon nach zehn, als das Telefon klingelte. »Spreche ich mit Mrs. Sinclair?«
    Eine schrille Stimme, die mir bekannt vorkam, doch ich konnte sie nicht einordnen. »Am Apparat.«
    »Hier ist Margaret Goodney von der Abteilung für Soziales im Krankenhaus.« Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie um die Uhrzeit noch im Dienst war. »Oh, hallo, Mrs. Goodney. Alles in Ordnung?«
    Ich schmunzelte in mich hinein. Vielleicht hatten sie und Damian es bereits mit ihrem Schlüssel probiert.
    »Ich denke, Sie wissen, weshalb ich anrufe.« »Nein. Ich weiß es nicht. Bitte klären Sie mich auf.«
    Ich stellte mir vor, wie sie am anderen Ende der Leitung hektisch eine Zigarette rauchte, in ihrer echsengrünen Steppjacke, die voller Katzenscheiße war. »Ich weiß, was Sie vorhaben.« »Wie bitte?«
    »Dieses lächerliche Versorgungspaket, das Sie und Mrs. Dingsbums zusammengeschustert haben. Sie sollten Ihre Nase nicht in diese Dinge stecken. Überlassen Sie das uns Profis.«
    »Ms. Baddiel ist ein Profi.«
    »Sie ist kein Profi.« Ein hässliches nasales Schnauben. »Sie ist eine Bürostute. Diese Behörden-Sozialarbeiter haben keine Ahnung, was wirkliche Sozialarbeit ist.«
    Bevor ich antworten konnte, holte sie erneut aus.
    »Sie kommen damit nicht durch, wissen Sie. Wenn es sein muss, gehe ich zur Polizei.«
    Ich war wie vor den Kopf geschlagen. »Entschuldigen Sie, aber ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen.«
    »Sie haben sie dazu überredet, Sie als nächste Angehörige anzugeben, oder? Wir kennen diesen Trick, wissen Sie - jemand freundet sich mit einer schwachen alten Dame an, und schwups, hat sie ihr Testament geändert, und der neue Freund kriegt alles.«
    Mein Adrenalinspiegel schoss in die Höhe. Ich spürte, wie mein Herz heftig zu klopfen begann. »Niemand hat hier irgendein Testament geändert.«
    »Aber genau dahinter sind Sie her, nicht wahr - hinter dem Haus?«, zischte sie. Ich schätze, ich hätte auflegen sollen, doch ich stand unter Schock. »Ich bin hinter überhaupt nichts her.«
    »Immer freundlich, immer zur Stelle, saubermachen, die Katzen füttern.« »Das nennt man Nachbarschaftshilfe. Als guter Nachbar kümmert man sich um die Schwächeren in der Gesellschaft. Oder tun Sie so was nicht?«
    »Niemand tut irgendwas, ohne dass er sich was dafür erhofft.« Ihre böse, rostige Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken. »Sie sind nicht mit ihr verwandt. Sie kennen sie anscheinend kaum. Und ganz plötzlich mischen Sie sich in ihr Leben ein und kümmern sich um ihre Angelegenheiten.«
    »Wenn Sie mich beschuldigen ...«
    »Ich beschuldige niemanden, Mrs. Sinclair. Ich sage nur, wenn

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